8.Warum er?

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Was ist das für ein Raum? Wo bin ich und was ist passiert?
Ich musste mehrmals blinzen und mir in den Arm kneifen, um sicher zu gehen, dass ich nicht träume.
Alles war weiß. Mein Bett, die Wände, die Decke, das Kissen, einfach alles.

Was ist passiert?

,,Sie ist wach, Sonja, sie ist wach!", hörte ich jemanden rufen.

Ich schaute nach links. Ronja saß auf der Couch und Sonja stand am Fenster. Beide die Augen auf mich fixiert. Sie schauten so, als ob sie zum ersten Mal einen sprechenden Affen entdeckt hatten.

,,Mia! Wie geht es dir? Weißt du, wer ich bin? Ich bin Sonja, deine...", erklärte mir Sonja.

,,Sonja, sie ist umgefallen, sie hatte keine Gehirnerschütterung, beruhig dich mal. Yannick meinte, wir sollen sie nicht direkt stören!", ermahnte sie Ronja.

Sie hatte Recht. Als ob ich mich nicht mehr an Sonja erinnerte.
Unmächtig also. Daran erinnerte ich mich aber nur noch sehr gering.

,,Sorry, ich wollte ja nur sicher gehen. Musst nicht gleich so meckern, Sis. Geht es dir denn gut, Mia?"

,,Ja, ich denke schon"

,,Erinnerst du dich noch an den Ausflug?", fragte diesmal Ronja.

,,Ähmm, jain.... halb."

,,Gut, dann erzähl ich es dir: Du warst im Tunnel und bist auf einmal gestolpert. Dennis hat uns erzählt, du bist umgeknickt und hast gehumpelt. Dann bist du dolle auf den Kopf gelandet und hast noch irgendwas gemurmelt. Dann wurdest du bewusstlos, weshalb man dich zurücktragen musste", half sie mir auf die Sprünge.

Jetzt erinnerte ich mich wieder an alles. Irgendwer hatte mir das Bein gestellt. Wenn ich denjenigen zu fassen bekomme..... aber warte mal.
Ich wurde zum Internat getragen? Wer hat mich getragen???

Dann fiel es mir ein. Diese Stimme. Die würde ich immer erkennen.

,,Derjenige, der mich getragen hat.....das war doch nicht etwa.... Yannick oder?"
Ich hoffte so sehr auf ein Nein.
Bitte, sag nein, bitte.

,,Doch, es war Yannick! Als ihr angekommen seid waren wir schon da und es sah mega süß aus!", erzählte mir Sonja.

Nein, nein, nein! Warum? Warum ausgerechnet Yannick? Es könnte jeder andere sein. Wirklich jeder! Also warum Yannick? Es hört sich vielleicht komisch an, aber ich wäre glücklicher, wenn es Dennis wäre. Jeder wäre in Ordnung, aber Yannick? Das kann doch nicht sein...

,,Er unterbrach den kompletten Ausflug, obwohl Dennis sich freiwillig dafür bereiterklärte, dich zurückzutragen. Er war ein richtiger Gentleman! Er hat dich im Brautstyle zurückgetragen! Es sah mega süß aus!", schwärmte Sonja.

Brautstyle? Im Brautstyle? Yannick?
Meine Fresse. Das kann doch nicht wahr sein... Warum hat er das gemacht?
Und warum hat er den kompletten Ausflug abgebrochen? Er könnte doch auch einfach Dennis beauftragen, mich zurückzubringen.
Dann erinnerte ich mich an seine Worte.

,,Alles gut, ich bins"

Er hatte wohl mein Gemurmel verstanden und mich deshalb nicht Dennis anvertraut...
Das war wirklich nett von ihm.

Dann platzte die Tür auf und es holte mich aus meinen Gedanken.
Es war Yannick.

,,Ist sie wach?", fragte er die Twins.

Ja, ich hatte mich dazu entschieden, sie die "Twins" zu nennen, weil sich das lustig anhörte und kürzer als "Ronja und Sonja" war.
Und zu meinem Glück waren sie damit einverstanden.

,,Ja, bin ich. Warum hast du mich getragen? Wer hat dir das erlaubt?"
Ich wusste, dass ich mich eigentlich bedanken sollte und die Twins sahen mich erstaunt an. Aber so war ich nunmal nicht. Immerhin hatte er mich einfach angefasst. Das ließ ich mir nicht gefallen.

,,Gerngeschehen", sagte er nur und wirkte gelassen, als hätte er meine Frage gar nicht gehört.

Blödmann. Ich hatte in diesem Moment echt gar keine Lust auf Scherze, vor allem nicht, auf solche blöden Scherze.

,,Bedank dich doch wenigstens. Er hat dich den ganzen Weg getragen", flüsterte mir Sonja zu, sodass er es nicht hörte.

Naja, ich musste zugeben, sie hatte Recht. Es war ein langer Weg und er hatte es mit mir nicht grad' sehr leicht. So schlimm wirds nicht sein. Zieh es einfach durch.

,,Ja, Danke."

Ich bemerkte, ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht.

,,Das Du mich aber ohne Erlaubnis getragen hast, find ich trotzdem nicht okay."

Das Lächeln verschwand.

,,Oh okay. Dann lass ich dich nächstes Mal lieber da in der Höhle verbluten. Irgendwann wird bestimmt jemand kommen. Nach 2 oder vielleicht auch 3 Tagen. Danke für den Tipp."

Ich hasste es, wenn man mit mir ironisch sprach, aber er hatte Recht. Das war es also, dass ich auf meinem Gesicht gespürt hatte. Blut.
Ich dachte nicht, dass das so schlimm war. Immerhin hatte mir jemand nur ein Bein gestellt....
Wie kann bei einem "Beinstellen" sowas passieren? Das geht doch gar nicht.
Dann fiel es mir ein. Es war einfach, sehr einfach sogar. Man musste nur Mia Castervile heißen.
Bei meinem Pech in den letzten Tagen, hätte ich mich eher über einen gewöhnlichen Abend gewundert.

,,Bitteschön"

Ich hörte, wie die Twins kicherten und auch ich konnte mein Grinsen nicht unterdrücken.

,,Ist alles okay? Willst du irgendwas sagen, hat dich jemand geschubst oder so oder bist du gestolpert?"

Hat er etwa auch das kurzes Lachen gehört? Soll ich es sagen?

,,Nein, alles gut. Ich bin gestolpert."

,,Gut, dann geh ich wieder. Der Arzt kommt gleich."

Dann kam der Arzt. Er sagte Wörter wie "alles gut", "keine Sorge" und "kannst nach Hause". Den Rest hatte ich nicht mehr gehört. Ich hasste es nämlich, mit Ärzten zu reden.
Sie tun dann immer so, als wäre es ihre Pflicht, die Patienten zu bemitleiden und zu trösten.
Außerdem spechen sie einen immer mit "Sie" an und ich hasste das.
Ich fühlte mich dann nämlich immer so, als wäre ich erwachsen. Nur weil ich ein bisschen älter aussah und einen kräftigen Körperbau hatte, ich bin immernoch 14 und wollte auch so behandelt werden.

Wie sich schließlich herausstellte, durfte ich heute schon wieder nach Hause, da es nichts schlimmes war.
Ich hatte wohl nur einen Schock und bin irgendwie schlecht aufgekommen. Oder irgendwie so. Medizin hatte mich noch nie interessiert. Ich bevorzugte eher Fußball. Ja, Fußball, kaum zu glauben, aber Fußballerin zu werden war schon immer mein Traumberuf. Obwohl ich noch nie in einem Verein Fußball gespielt hatte. Naja, so war ich nunmal.

Auf dem Rückweg erzählte ich den Twins dann, dass ich mir sicher war, dass mir jemand ein Bein gestellt hatte und sie waren verblüfft.

,,Wer konnte das denn gewesen sein? Warte ab, wenn ich den zu Finger bekomme. Dem werd ich zeigen, was passiert, wenn er meiner Freundin wehtut! Das machen wir doch, nicht wahr Sonja?"
Ronja ballte ihre Hände zu Fäusten und Sonja nickte lächelnd mit dem Kopf.

Ich musste lachen.
Das waren wahre Freunde.

(1070)
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So, das wars, ich hoffe es hat euch gefallen :D
Das nächste, längere Kapitel kommt bald!
Danke fürs Lesen!❤

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