Die Sonnenstrahlen wärmten sie vor der kühlen Brise, die über das Land zog. Nahe der Küste war dies keine Überraschung, dennoch war es zu kühl für diese Jahreszeit. "Mary-Ann du faules Kind, wo bist du? Hast du dich schon wieder auf das Dach gesetzt? Ich habe es dir doch ausdrücklich verboten!" Mary seufzte. Ihre Mutter suchte mal wieder nach ihr und wahrscheinlich drohte ihr wieder irgendein unangenehmer Unterricht. Als Bürgermeistertochter musste sie ja die typischen Klischees der Elite erfüllen. "Mary-Ann Haroldson ! Komm sofort hierher!" Sie verdrehte die Augen und rutschte vom Dach wieder auf den Balkon an ihrem Zimmerfenster. Nachdem sie ihr Kleid geglättet und ihre Haare gerichtet hatte, ging sie aus ihrem Zimmer, die Treppe hinunter und den Gang entlang zum Salon des Hauses. Dort erwarteten sie schon ihre Eltern mit einem für sie unbekannten Mann. "Schätzchen da bist du ja endlich!" sagte ihre Mutter in einem übertrieben freundlichen Ton. "Was gibt es denn Mutter?" Ihre Mutter deutete auf den Mann. "Das meine Liebe, ist Raphael Steel. Ihm gehört der Fischereibetrieb am Rande der Stadt." Mary musterte den Mann vor ihr und musste sich zusammenreißen um nicht angeekelt das Gesicht zu verziehen. Der Mann vor ihr hatte dunkles, fettiges Haar, einen Bartschatten auf den Wangen und trug abgenutzte Kleidung, welche auch schon bessere Tage hinter sich hatte. Vor lauter Ekel bemerkte Mary nicht, wie ihre Mutter das Gespräch fortführte.
"..... und deshalb ist er hier. Um dich besser kennen zulernen, da ihr in zwei Wochen heiraten werdet. " Mary schüttelte mit dem Kopf und schaute empört zu ihrer Mutter. "Was? Wieso sollte ich ihn heiraten wollen?" "Er hat um deine Hand angehalten, ist das nicht wunderbar?" Immer noch ganz verwirrt und mit Wut in der Stimme zischte Mary "Wie kommt ihr darauf, dass ich ihn heiraten will? Und... guckt ihn euch doch mal an! Außerdem hat er in der ganzen Stadt einen schlechten Ruf. Er säuft und hurt sich durch unser ganzes Dorf!" "Mary-Ann...." "Nein Mutter er ist widerwärtig und..." Ein Klatschen ertönte und es war urplötzlich still im Raum. Mary's Vater hatte zum Schlag ausgeholt und ihr eine kräftige Ohrfeige verpasst. "Du vergisst mit wem du hier sprichst! Auf dein Zimmer, ich möchte dich heute nicht mehr sehen." Ihre schmerzende Wange haltend, flüchtete sie aus dem Salon in den Flur und lehnte sich mit verzerrtem Gesicht an die Wand. " Nun ,da Sie den Vertrag jetzt unterschrieben haben werde ich Ihnen morgen das Geld bringen lassen. Damit aber eine Sache noch geklärt ist, " hörte sie Mister Steel sagen " Solange ich am gleichen Ort bin, wie Ihre Tochter wird sie ihre Maske tragen." Sie hörte die Worte ihrer Eltern nicht mehr, denn sie war schon in ihrem Zimmer verschwunden.
In dieser Nacht träumte Mary, wie so oft, von dem schlimmsten Tag in ihrem Leben. Dem Tag an dem das Feuer ihr Gesicht zeichnete.
"Mami! Mami wo bist du? " hustend lag das kleine Mädchen in ihrem Bett und versuchte durch den Rauch hindurch etwas zu erkennen, aber vergeblich. Ein Schrei ihres Vaters hatte sie aus dem Schlaf gerissen und seitdem versuchte sie durch Rufe ihre Mutter zu verständigen. Ihr Bett und die Dielen unter ihr knarrten, als sie aufstand und langsam Richtung Tür ging. Schon halb aus den Angeln gebrannt hing sie da, doch das hielt Mary nicht auf. Sie schlüpfte durch die entstandene Lücke, hinaus auf den Gang. Jede Tür in der Etage war aufgerissen oder verbrannt. Nur mit Mühe und Not und ihrem Nachthemd vor Nase und Mund, schaffte sie es zur Treppe, die in den Eingangsbereich führte. Ihre Augen brannten und ihre Lungen schmerzten durch den Rauch. "Mary-Ann! Liebes wo bist du?" Mary horchte und schaute sich , so weit es ging ,um. "Mama? Mama, ich bin hier oben!" "Bleib wo du bist Kleines, wir kommen dich holen!" hörte sie die Stimme ihres Vaters rufen. Sie wollte ja warten aber die Flammen rückten immer näher und sie hatte furchtbare Angst, deswegen ging sie langsam und Stufe für Stufe die Treppe hinunter. Trotzdem stolperte sie und die nächste Stufe zerbarst unter ihren Füßen. Sie fiel, wenn sie sagen müsste wie lange würde sie mit Stunden antworten. Auf dem Teppich in der Mitte des Eingangsbereiches kam sie an. Das kleine Mädchen spürte nur noch einen zerreißenden Schmerz an ihrer rechten Wange, dann wurde alles schwarz.
Schweißgebadet erwachte Mary-Ann aus ihrem Schlaf. Die Erinnerung an das Unglück, was ihr wiederfahren ist war so frisch , als wäre es gestern gewesen. Dabei ist es schon zehn Jahre her. Sie erinnerte sich noch daran wie es war, als sie aus der Ohnmacht erwacht ist.
Ihre Mutter weinte an der Schulter ihres Vaters, während der sich mit dem Arzt unterhielt. "Wird sie wieder gesund Doc?" fragte ihr Vater. "Ja mein Herr, aber so hübsch wird sie niemals wieder sein. Die Wunde an ihrer Wange war tief. Wenn wir Glück haben, bleibt nichts weiter als eine Narbe auf ihrer rechten Gesichtshälfte übrig." Blinzelnd schaute das kleine Mädchen in die Flamme der Kerze neben ihr. Ihre Schluchzer vermischten sich mit der ihrer Mutter und das Weinen brachte sie in den Schlaf und damit in die Traumwelt zurück.
Seitdem hassten ihre Eltern sie. Sie war nicht perfekt, kein gutes Bild für andere. Eine Schande für die Familie.
Damals war es das Schlimmste für sie in den Spiegel zu schauen und heute war es das Schlimmste diese Maske tragen zu müssen.
DU LIEST GERADE
Das Mädchen unter der Maske
FantasyWas tust du, wenn du zu etwas gezwungen wirst was du nicht willst? Wenn du nichts gegen deine Eltern ausrichten kannst und sie sich seit einem schlimmen Vorfall anders benahmen? Wenn die eigene Tochter verkauft wird wie Vieh? So ein Schicksal wider...