Das Messer und die Entscheidung

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'Die Zeit rennt. Lauf!' ...was hat das zu bedeuten? Hat das etwas mit diesem unheimlichen Licht zu tun?

'Lauf '. Ich erinnere mich noch mal an das letzte Wort. Lauf? Weglaufen? Von hier? Ich verstehe gar nichts!

,,Schatz, geht es dir nicht gut?"
Meine Mutter trat in die Küche und riss mich aus meinen Gedanken.

,,J-ja, ja, alles bestens!"

,,Wirklich?"
Sie sah mich eine Weile an.
,,Willst du nichts essen? Dein Müsli ist bereits zu Brei geworden."

Ich bemerkte, wie ich mit dem Löffel in meinem Müsli steche. Habe ich das die ganze Zeit getan?

,,Ähm... Mama, ich hab keinen Hunger. Ich gehe in mein Zimmer!", sagte ich, während ich auf dem Weg nach oben war.

Noch auf dem Weg zur Treppe spürte ich den stechenden Blick meiner Mutter auf meinem Rücken. Aber nur kurz, denn ich war schon oben auf der Treppe angekommen und ging den kurzen Flur entlang bis zur meiner Zimmertür. Ich drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. Langsam und quietschend ging die Tür auf. Ich betrat mein Zimmer, schloss die Tür und blickte zur Schublade, wo sich das blutverschmierte Messer befand.

Ich ging zur Schublade und öffnete sie. Als ich das Messer in die Hand nahm, wurde sie wieder mit Blut beschmiert. Das erinnerte mich an den Tropfen Blut an meiner Wange, als das Messer an mir vorbei flog. Ich musste erstmal das Blut von meiner Wange entfernen, da meine Mutter sonst einen Schock bekommen hätte.
Nicht schon wieder...

Ich schliff meine Füße regelrecht durch den Raum bis zum Badezimmer. Ich versuchte irgendwie den Wasserhahn aufzumachen ohne ihn mit meinen Händen zu verschmieren. Langsam tauchte ich meine Hände unter das fließende Wasser und blickte zum Messer, welches ich auf das Waschbecken gelegt hatte. Ich fasste einen Entschluss und nahm das Messer wieder in die Hand. Mit der anderen Hand griff ich nach einem kleinen Lappen, der unter dem Waschbecken auf einem Ständer hängte. Ich hielt den Lappen unter das fließende Wasser und säuberte das Messer. Ich gab mir große Mühe, dass das Waschbecken nicht zu sehr beschmiert wird, damit meine Mutter keinen Schreck bekam. Das Blut vermischte sich mit dem Wasser und verschwand schließlich. Zuletzt putzte ich das Waschbecken und legte den Lappen anschließend zurück auf seinen Platz.

Ich durchschritt mit schweren Beinen den Flur in mein kleines Zimmer. Anscheinend war ich noch müde, da ich aufgrund schlimmer Albträume kein Auge zu getan hatte. Ich beschloss das Messer genau zu untersuchen.
In der Klinge ist die schwungvolle Schrift eingraviert. Ich strich mit dem Daumen darüber.

Das ist so ungewöhnlich. Es sieht aus wie eingraviert... aber wer würde extra das eingravieren lassen? Und dann noch dieser Satz...
Ich bemerkte ein Symbol auf dem Griff. Das Symbol ist zwar klein, doch man konnte es deutlich erkennen.
Ein kleiner, schwarzer Falke.

Ein Falke... Ein Falke steht für Freiheit. Aber was soll dieser Satz..? Es passt einfach nicht zusammen! Es will mir einfach nicht gelingen des Rätsels Lösung zu finden. Wer schickt mir eine solche Nachricht? Und warum? Was habe ich denn getan?

Ich entschied mich nach dem geheimnisvollen Licht zu suchen. Um meiner Mutter keinen Schreck einzujagen, versteckte ich das Messer in meinem Rucksack, den ich mir aus dem Schrank auspackte. Dazu packte ich eine Taschenlampe ein. Meine Lieblingsdecke durfte auch nicht fehlen.
Wieso es meine Lieblingdecke ist? Es ist die einzige Erinnerung, die ich von meinem verschollenen Vater habe.
Vorsichtig schloss ich den Reißverschluss meines Rucksacks und schulterte ihn. Leise ging ich aus meinem Zimmer und schloss die Tür. Vor der Treppe allerdings begann ich mich zu verfluchen. Ich hatte vollkommen vergessen, dass die Treppe mit jeder einzelnen Stufe fürchterlich knarrt! Alles andere als "leise" würde ich unten ankommen. Achtsam stellte ich einen Fuß vor den anderen und stützte mich mit meiner Hand an der Wand ab. Egal wie langsam ich ging, es nützte nichts. Ich schlich mich an der Küchentür vorbei und dachte mir nur: Fast geschafft!

,,Wo gehst du denn hin so vollgepackt?", kam es plötzlich aus der Küche. Ich fluchte leise und drehte mich zur Küchentür um. Meine Mutter wusch das Geschirr und musste genau in dieser Sekunde in Richtung Flur blicken! Wieso?!

,,Ähm..." Ich überlegte fieberhaft nach einer passenden Antwort, die meine wahre Absicht verbarg, aber nicht zu ausgedacht schien. ,,Ich.. gehe in den Wald. Ich muss für ein Schulprojekt in den Wald gehen und verschiedene Blätterarten sammeln. Unsere Biologielehrerin fand es sei eine gute Idee und so kämen wir mal an die frische Luft." Ich betete förmlich, dass mir meine Mutter es glaubte.

Obwohl es unwahrscheinlich klang, akzeptierte sie es und nickte langsam. Ich drehte mich wieder um und ging behutsam weiter. An der Haustür angelangt, summte eine fröhliche Stimme in der Küche vor sich hin. Ich drehte den Schlüssel im Schloss um.

,,Ella, ...sei bitte vorsichtig!", kam es aus der Küche.
Ich hielt kurz inne...
Meinen Namen benutzte sie selten...

,,Ja Mama, mach ich!". Nach diesem Satz verstummte ich und machte einen Schritt aus dem Haus.

Und ehe ich die restlichen Steinstufen hinter mir gelassen hatte, knallte der Wind die Tür hinter meinem Rücken zu. Meine Augen registrierten eine dunkle Wolkenfront direkt vor mir und ich spürte ein dunkles Omen auf mich zukommen.

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