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~Celeste~

Mein Körper erbebt schier vor Glück, als sein wütender Schrei durch den OP hallt. Kämpfe kleiner Daryl, kämpfe! Besorgt betrachte ich seinen kleinen, blutverschmierten Körper. So schecklich zerbrechlich und winzig. Zögernd nähere ich mich ihm. Es ist nicht die erste Geburt die ich miterlebe, aber dieses Mal ist es anders. Etwas liegt in der Luft. Eine nervöse Anspannung nimmt mich in Besitz. "Sei nicht albern!", ermahne ich mich streng. Er ist ein Mensch wie jeder andere.

Plötzlich fällt mir die unnatürliche Stille auf. Daryls Schreien ist verstummt. Sein lebloser Körper liegt in den Händen der Hebamme. Konsterniert blickt sie auf ihn. Mitleidig betrachte ich den glasigen Blick seiner Mutter. All die Qualen umsonst. Das wars dann wohl. Seufzend warte ich auf meine Rückkehr ins Licht. Doch Nichts passiert. Verwirrt blicke ich umher. Mein Blick bleibt auf ihm hängen. Ein leises Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. "Du bist zäher als gedacht!", lächle ich. Sachte streichle ich über seinen Kopf.

Als sich seine Augen öffnen, gerät meine Welt aus den Fugen. Sie sind eisblau, klar wie ein Gebirgsee an einem Wintertag. Luzifer. Energisch schiebe ich den Gedanken an meinen ehemaligen Geliebten weg. Das Böse in ihm ist stärker gewesen, als seine Liebe für mich. Mir wird übel, als ich an den Tag seiner Verbannung denke. Neugierig mustern mich die blauen Augen. Sie wirken sanft und friedlich. Vielleicht sollte ich keine Missionen mehr übernehmen. Als ob ein Baby bereits die Augen eines Dämons haben könnte.

Bedauern erfüllt mich, als er weggebracht wird. Warum freuen sich die Menschen nicht mehr? Er hat überlebt! Warum dieses betroffene Schweigen? "Bitte pass auf ihn auf!" Erschrocken betrachte ich die Seele von Daryls Mutter! "W-was?", stammle ich atemlos. Schrecklich traurig lächelt sie mich an. Verwirrt betrachte ich sie. "Warum gehst du nicht ins Licht?" Ihr schönes Gesicht verzerrt sich zur schmerzerfüllten Grimasse. "Für Leute wie mich gibt es im Himmel keinen Platz." "Natürlich!", erwidere ich heftig. "Der Schöpfer schliesst Niemanden von seinem Reich aus!" Ihr bitteres Lachen löst bei mir Gänsehaut aus.

"Dein Schöpfer ist ein Monster! Warum lässt er all die Ungerechtigkeit und das Elend auf der Erde zu? Warum verhungern Menschen, werden missbraucht oder in sinnlosen Kriegen abgeschlachtet?!" Ich fühle mich unwohl angesichts der harschen Kritik an meinem Schöpfer. "Er machte euch die Selbstbestimmung zum Geschenk. Er liess euch die Freiheit!", kontere ich. "Welche Freiheit? Die Freiheit seinen Körper zu verkaufen um irgendwie zu überleben?" Betroffen blicke ich die aufgewühlte Frau an. "Warum sind Adam und Eva aus dem Paradies verbannt worden? Weil er seine Weisheit nicht mit uns teilen wollte!" "Die göttliche Wahrheit ist für einen einfachen Menschen nicht zu verkraften", murmle ich schwach. Zu meinem Entsetzen spüre ich, wie sich Zweifel in meinem Herzen einnisten. Das darf nicht passieren! Ich würde es nicht ertragen, verbannt zu werden!

"Celeste."
Seine Stimme verursacht bei mir immer noch eine Gänsehaut. Sie ist tief, kräftig und unglaublich männlich. Die Stimme eines Anführers, der die Massen verführt. Zärtlich und lockend. Die Stimme des Teufels.

The Fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt