IV.

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»Bunte Streusel? Die sollen mich wieder groß machen?« Skeptisch betrachtete Garrett das Glas.

»Nun, ich hab es doch nicht umsonst rausgesucht. Das ist ein Universalmittel gegen Feenzauber. Doch wenn du es nicht willst und lieber hier bei uns bleiben möchtest, bitte ...« Orsino blickte verschlagen über die Gläser seiner Brille und wollte das Gefäß schon wieder schließen, als Garrett nach den Schaufeln griff und den Kopf schüttelte.

»Verzeiht ... nein, bitte. Ich ... ich muss zurück.« Er angelte sich einen einzelnen Streusel heraus und betrachtete diesen, noch immer nicht ganz überzeugt. Doch welche Wahl hatte er denn? Er wollte ihn gerade zu seinem Mund führen, als der Maulwurf aufschrie: »Doch nicht hier drin, du Dummkopf! Du würdest dich selbst zerquetschen und uns alle umbringen. Draußen. Erst oben, verstehst du?!«

Garrett, der in der Bewegung erstarrt war, nickte nur und schob die Süßigkeit in seine Hosentasche.

»Nun denn. Henrik. Dafür, dass du fortwährend meine Geduld strapazierst und mich nie schlafen lässt, bekommst du die Aufgabe, unseren Gast an die Oberfläche zu bringen.«

»Orsino«, der Mäuserich verbeugte sich.

»Ruht euch etwas aus, packt etwas Proviant ein und dann geht. Je eher er wieder in seiner Welt ist, desto beruhigter werde ich sein. Ein Mensch hier bei uns, mich beißt der Floh ...«

»Komm«, hörte der junge Mann die Stimme Henriks an seinem Ohr und folgte diesem durch das Gewühl von Nagetieren, die zurückwichen, als würde von dem kleinen Fremden irgendeine Gefahr ausgehen.

»Wo bringst du mich hin?«

»In meinen Bau. Ich habe Hunger. Und du doch bestimmt auch.«

»Ich bin durstig«, murmelte Garrett nur und ging, dieses Mal weniger die Umgebung bestaunend, hinter dem Mäuserich her, der ein paar Treppen erklomm, bevor er in einem Loch in der Wand verschwand. Unschlüssig blieb der junge Mann einen Augenblick stehen, bevor er ihm folgte.

Die Wohnhöhle war nur ein Raum, der ein Lager in der einen Ecke enthielt, etwas, das an einen Kleiderständer erinnerte und eine Kiste, in der Weizenkörner und Sonnenblumenkerne gelagert wurden.

»Bitte, du kannst dich etwas hinlegen, wenn du möchtest. Ich werde was zu trinken besorgen.«

Garrett ließ sich auf das weiche Mäusebett sinken. Ein Weidenkätzchen ersetzte das Kissen. Er war so erledigt von der Lauferei und dem Schock, dass er regelrecht aus dem Dämmerschlaf schreckte, als Henrik zurückkehrte, einen winzigen Kübel mit Wasser in den Krallen und ein paar Krümeln, die von Crackern zu stammen schienen.

»Bitte ... ich war mir sicher, dass du unser Essen eher ablehnen würdest ...«

»Maden, Larven und andere Weichtiere?«, der junge Mann gluckste und nahm die dargebotene Mahlzeit dankbar entgegen. Der Mäuserich nickte und verstaute einige Sonnenblumenkerne in einer Tasche, die er an den Höhlenausgang stellte.

»Lange sollten wir hier nicht rumhängen. Die Leute werden aufmüpfig. Es gefällt ihnen nicht, dass Orsino dir geholfen hat.«

»Ist er nicht so etwas wie euer ... Anführer? Bürgermeister? Wie auch immer ...«

»Ja. Doch man vertraut Fremden hier nicht. Und dabei ist es egal, ob es sich um eine Ratte handelt, eine Fee oder einen Menschen. Die einen bringen Unglück, die anderen treiben ihren Schabernack und deinesgleichen ... na, das hatten wir.«

»Na dann sollten wir wohl besser gehen. Ich bin es zwar gewöhnt, unerwünscht zu sein, doch bisher hatten die, die mich loswerden wollten, noch nie so scharfe Zähne ...«

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