Danger heart <3

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1.

Dunkle Wolken schoben sich vor die Kirchturmspitze und erste Schneeflocken fielen vom Himmel herab. Ein Mädchen  trat aus der großen, eisernen

Kirchentür. Sie hatte lange, braune Haare, die sie zu einem geflochtenen Zopf zusammengebunden hatte. Den Reißverschluss ihrer dicken, schwarzen Winterjacke hatte sie bis zum Kinn hochgezogen. Ihre dünne Baumwollhose

hatte sie in ihre hellbraunen Lederstiefel gesteckt. Sie war um die geschätzte vierzehn Jahre alt. Schnell schaute sie sich um, bevor sie die Tür an dem holzlackiertem Griff hinter sich zu zog. Ihre Wangen waren ganz rosig vor Kälte

und ihr warmer Atem hing wie Nebel in der Luft.   Sie ging die steinigen Stufen hinab. Die Turmuhr schlug zwölf. Der gepflasterte Platz war fast menschenleer.

Nur ein älterer Herr saß mit einer Zeitung auf einer Bank und eine Frau in

einem dunklen Pelzmantel und roten Stiefeletten stöckelte an den Läden

vorbei. Die herabgefallenen Flocken bedeckten nun schon als eine dünne

Schicht die blassbraunen Steine. Ein leichter Wind wehte nun durch die

sperrigen, kahlen Äste, der großen Eichen. Kurz blieb das Mädchen auf der untersten Stufe stehen und sah sich noch einmal um. Dann lief sie los, quer

über den Platz und bog in eine kleine Seitenstraße ein. Die bunten Häuschen reihten sich eng an der Straße entlang. Ein kleiner Dackel, wahrscheinlich ein Streuner, lag in einem Karton unter einer Bank. Der herabgefallene Schnee bedeckte bestimmt schon einen Zentimeter den Boden. Es schneite immer

stärker und die feinen Flöckchen verfingen sich leicht in den braunen Haaren

des Mädchens. Es setzte einen Fuß vor den anderen, als hätte es keine Eile

nach Hause zu kommen. Leicht versteckte sie ihre gerötete Nase im Kragen

der Jacke, um sie zu wärmen. Ihre kalten Hände vergrub sie in den Tiefen

ihrer Jackentaschen. Ein paar weiße Tauben flatterten vom Boden auf.

Dann hörte das Mädchen hinter sich Schritte. Ohne sich umzudrehen beschleunigte sie ihren Schritt. Immer schneller und schneller. Die Schritte

kamen immer näher. Sie rannte. Die Straße schien kein Ende zu nehmen, so unendlich lang war sie. Dann blickte das Mädchen doch kurz zurück. Ein langer Schatten, zog sich über den bezuckerten Boden. Bald würde er sie erreichen.

Wenn er sie einholen würde, würde das ihr Ende bedeuten! Keuchend stolperte das Mädchen weiter und nach zwei Häuserecken bog sie in eine kleine Gasse.

Sie rannte noch schneller. Bald war sie da. Bald war sie in Sicherheit. Kurz blieb

sie stehen, um zu schauen, ob sie ihren Verfolger abgeschüttelt hatte. Es war

nichts zu sehen. Nur der verrostete Zaun, der die Gasse auf der rechten Seite

von dem danebenliegenden Grundstück abgrenzte, schaukelte leicht unheimlich

im eisigen Wind. Ihre Fußstapfen auf dem matschigen Boden der Gasse waren deutlich zu erkennen. Würde er sie finden? Maggy bekam kaum noch Luft, so

außer Atem war sie. Ihre Brust hob und senkte sich schnell bei jedem Atemzug. Plötzlich bog ein Herr in schwarzem Mantel und Hut um die Ecke. Er schnappte nach ihr.  Schnell versuchte sie durch eine der großen, geölten Holztüren in

eines der kleinen, verlassenen Reihenhäuschen zu flüchten. Schnellen Schrittes rannte sie die dunklen Birkenstufen der großen, sperrigen Treppe hinauf. Als sie

im ersten Geschoss angekommen war, hörte sie unten im Erdgeschoss schwere Schritte auf dem Parkett. Kurz hielt sie inne und lauschte. Einige Sekunden lang

war nichts mehr zu hören. Doch dann war da ein deutliches Knarren der Holzstufen. Ganz langsam und so leise wie möglich, schob sich das Mädchen an

der grauen Wand entlang durch den Gang. Der Holzboden war schon morsch

und scheinbar nicht dicht, genauso wie die Decke, von der dicke, kalte Wassertropfen herabtropften. Ein mottenzerfressener, dreckiger Teppich war

auf dem Boden durch den Gang ausgelegt. Der graue Putz von Wänden und

Decke bröckelte leicht aus den alten Mauern. Das einzige Fenster in diesem

Gang, war ganz hinten, über einer verstaubten Kommode aus weiß lackiertem Edelholz, wahrscheinlich Kirschbaum. Das Fenster hatte an der rechten Tür dicke Risse im Glas, die sich von der oberen, rechten Ecke hinunter bis zum

unteren Rahmen zogen. Dieser war am ganzen Fenster ebenso wie die Kommode weiß lackiert, aber völlig kaputt und zerkratzt. Die linke Tür hatte

es aber schwerer erwischt, denn diese war, außer ein paar Glassstücken, die

am Rahmen baumelten, völlig zerstört. Drei große, lackierte Holztüren

verteilten sich an den Seiten des Gangs. Die letzte Tür, kurz vor dem Fenster,

stand leicht offen.

Das Mädchen ging leise in Richtung Fenster und Tür. Eisiger Wind wehte ihr

durch das kaputte Fenster entgegen. Das morsche Parkett knarzte unter ihren Füßen. Als sie nahe an der letzten Tür angelangt war, streckte sie, fast wie in Zeitlupe, ihre Hand nach dem eisernen Türgriff aus. Angespannt atmete sie die kalte Winterluft ein und aus. Den kalten Türgriff fest mit ihrer Hand

umschlossen, drückte sie gegen diesen, um die Tür zu öffnen.

Plötzlich umgriff eine kräftige Männerhand ihren Oberarm, sie wurde zurückgezogen und eine Klinge drückte gegen ihre Kehle. Ein sauberer Duft

umhing die Hand, die ihr das Leben nehmen könnte. Sie könnte schreien, doch

die Klinge nahm ihr den Atem.

Dann löste sich die Klinge und sie konnte wieder Atmen. Der man drehte sie zu

sich um. Es war der, der sie zuvor durch die Gassen verfolgt hatte. Seine Haut war aschgrau. Sein Blick war so leblos und kühl, dass er das Mädchen zum Frösteln brachte.

„Na wen haben wir denn da?“

Das Mädchen starrte ihm in seine Augen. Sie waren schwarz. Von des, sonst farbigen, Augeninneren, bis zu der Iris. Ein Zigarettenstummel hing an einem Mundende. Er paffte ihr entgegen. Sie sah ihn an. Und er sah sie an. Einen

Moment lang lockerte er seinen Griff. Dies nutzte das Mädchen aus und trat ihm

so stark sie konnte in die Weichteile. Der Mann jaulte auf und ging sofort in die Knie. Das Mädchen fasste wieder die Türklinke und rüttelte an der Tür.

Irgendetwas stand dahinter, was sie versperrte. Der Mann versuchte schon

wieder sich aufzurichten und schnappte nach ihr. Ihr blieb nichts anderes übrig.

Das Mädchen kletterte auf die Kommode und sprang aus dem Fenster. Sie fiel. Meter für Meter. Es ertönte von oben noch ein Fluchen, bevor sie aufkam und

alles schwarz wurde.

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