Never close my eyes #2

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Flashback

Ich weiß immer noch nicht, wie ich mich fühlen sollte. Was ich überhaupt fühlen sollte. Ich spürte nur, dass Tränen über mein Gesicht rollten.

Als mein Bruder dies bemerkte, nahm mich in seine Arme und versuchte selbst stark zu bleiben. Aber ich wusste was er wirklich fühlte, weil ich ihn kenne. Ich konnte seine Trauer und seinen Schmerz in seinen Augen erkennen. Es zerriss ihn von innen nach außen, ich konnte es spüren. Er starrte auf die Särge unserer Eltern. Seine Augen waren bereits rot angelaufen, jedoch hatte er noch keine einzige Träne vergossen. Er versuchte sich zusammenzureißen, um mich zu unterstützen. Der schwarze Anzug, den er trug, spiegelte seine innere Leere wieder.

Nach der Trauerfeier standen wir nun, für die endgültige Beerdigung, zwischen den Gräbern. Trotz der großen Anzahl von Menschen, war es seelenruhig. Es herrschte eine unangenehme bedrückte Stille, nur die leisen Abschiedsworte des Pfarrers waren zu hören. Mittlerweile hörte ich ihm garnicht mehr zu, sondern vergrub mein Gesicht an der Brust von Mason. Er hielt mich immer noch fest. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich schon zusammengebrochen. Ich bin dankbar für alles, was er für mich getan hat. Bin einfach nur dankbar, das ich ihn habe. Deshalb kann ich es nicht ertragen, ihn von innen so zerstört zu sehen.

Unsere Eltern waren immer für uns da gewesen. Sie haben uns immer ihre Unterstützung, ihre Liebe und ihr Vertrauen geschenkt. Immer wenn wir traurig waren und jemanden brauchten, der uns tröstet. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar, auch wenn wir manchmal gestritten haben. Heute ist es anders, gerade können sie uns nicht trösten. Aber ich weiß genau, dass sie trotzdem spüren können, was wir gerade fühlen und immer für uns da sein werden.
Tief in meinem Herzen kann ich es fühlen. Und ich weiß, dass Mason genau so empfindet wie ich.

Flashback Ende

Ich liege in meinem Bett und schaue gelangweilt an die weiße Decke meines Zimmers. Mein Kopf ruht auf einer der süßen bunt verzierten Kissen. An der Wand hängen lauter Familienfotos, welche wir in den letzten vergangenen Jahren geschossen hatten. Ich sehe zu den vielen Bildern und erhebe mich vom Bett, um an die gegenüberliegende Fotowand zu gelangen.

Ich entdeckte ein Bild, auf dem Mum und dad lächelnd Mason und mich in ihren Armen hielten. Bei diesem Anblick, zog sich mein zerbrechliches Herz zusammen. "Ich vermisse euch so sehr!", denke ich und strich traurig über die in Folie geschützten Bilder. "Mum, dad, kommt zu mir zurück! Zu mir und Mason.", sage ich mir. Dabei weiß ich genau, dass es nie geschehen wird.

Auf einmal höre ich meinen Magen knurren. Hungrig begebe ich mich zur Tür, um in die Küche nach etwas essbarem abzusuchen. Ich öffne den Kühlschrank und durchsuche ihn vergeblich. Genervt knalle ich die Kühlschranktür zu. "Dann gibt es eben jetzt kein Essen", ertönt es in meinem Kopf.

Mason hätte eigentlich gestern einkaufen gehen müssen, was er aber wieder mal verpennt hatte. Seitdem ich in die Wohnung meins Bruder eingezogen war, teilten wir uns die Hausarbeiten gerecht auf.

Ich will wieder zurück in mein Zimmer und gehe dabei an Mason's vorbei. Als ich einen offenen Türspalt zu Mason's Zimmer sehe, bleibe ich verwundert stehen. War die Tür nicht noch gerade geschlossen? "Was soll's, vielleicht irre ich mich ja", denke ich mir und gehe kopfschüttelnd an ihr vorbei.

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