Was eine wahre Hexe braucht

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  Die nächsten Tage verliefen furchtbar ereignislos. Als der August gerade begonnen hatte, stand eines Vormittags eine Hexe mit strengem Gesicht und dunklem blauem Umhang auf unserer Lichtung. Vorsichtig schlich ich auf sie zu und schnüffelte. Schwefel, altes Gemäuer, Pergament. Keine Gefahr, vorerst.
„Guten Tag Rosalie. Du musst Rosalie sein, eindeutig, du siehst deinem Vater recht ähnlich. Ich bin Minerva McGonagall, die Schulleiterin von Hogwarts. Ich wollte dich fragen, ob du mich in die Winkelgasse begleiten magst."
„Ich habe gar kein Geld", erwiderte ich und richtete mich auf.
„Ah, so ist es besser. Du solltest dich etwas – ja – menschlicher benehmen, wenn du in Hogwarts bist. Wollen wir dann los?", fragte sie und hielt mir einen Arm hin. Ich beäugte ihn vorsichtig, nahm ihn jedoch.
Im nächsten Moment riss es mich von den Füßen. Ich schluckte und hatte das Gefühl, in einem viel zu engen Baum zu stecken. Dann war es auch schon vorbei. Wir standen im Schatten einer Seitenstraße.
„Hier, das solltest du anziehen", sagte McGonagall und hielt mir einen roten Mantel hin, ich nahm ihn und warf ihn über die leicht zerrissenen Sachen, die ich trug. Na gut, vielleicht auch etwas mehr als leicht zerrissen. Mein Pullover ließ einige Ausblicke auf das darunter frei, doch der BH war unversehrt. Meine Hose bestand aus mehr Rissen als Stoff und Schuhe trug ich nie. Auch hielt sie mir eine Brille hin, die ich fragend aufsetzte.
„Wofür ist die gut?"
„Sie ist verzaubert und sie versteckt deine roten Augen. Durch die Brille sehen sie nun blau aus"
„Ah ja", sagte ich und folgte McGonagall auf die belebte Straße. Wir betraten einen kleinen Pub und traten durch dessen Hintertür wieder hinaus. Ich hasste die Brille jetzt schon.
„Gibt es keine anderen Möglichkeit für meine Augen?", knurrte ich und zog die Brille von meiner Nase, während McGonagall auf einen Stein über dem Mülleimer tippte.
„Aber natürlich gibt es die. Ein Verwechslungszauber wäre möglich. Der lässt die anderen eine andere Farbe deiner Augen sehen, als sie haben. Vorausgesetzt du erneuerst ihn jeden Morgen"
„Besser das, als diese blöde Brille", grummelte ich. McGonagall nannte mir die Zauberformel und führte sie, wie sie sagte, heute für mich aus, da ich ja noch keinen eigenen Zauberstab hatte.
„Da du ja kein eigenes Geld hast, stellt die Schule dir Geld zu Verfügung. Du kannst dir natürlich nicht alle Sachen damit neu kaufen. Wir sollten demnach zuerst nach deinem Zauberstab gucken gehen, der ist das Teuerste auf der Liste", sagte McGonagall und lenkte mich durch die proppenvolle Winkelgasse. Überall rannten Hexen und Zauberer herum. Es roch nach Schweiß, Dreck und hier und da nach Vogelexkrementen. Ich rümpfte die Nase. Der Geruch gefiel mir nicht. Hoffentlich roch es in Hogwarts anders.
Ich betrat Ollivanders und schnüffelte neugierig. Holz, Blut, magischer Kleber und alter Mensch. Interessant. Mr Ollivander war hager, alt und hatte große, graue Augen, die im spärlichen Licht der Lampen glänzten.
„Ah, eine außergewöhnliche Kundin bringen Sie da vorbei, Professor McGonagall", sagte er und trat aus dem hintersten Ende seines Ladens heraus.
„Ja, da haben Sie Recht, Ollivander. Nun, wie steht es mit ihrem Zauberstab?"
„Sehr wohl. Ihre Zauberstabhand, Miss...?"
„Delgrey, Sir. Und ich schreibe gewöhnlich mit links", antwortete ich.
„Wie ich sagte, interessant", meinte Mr Ollivander und verschwand zwischen seinen Regalen. Er tauchte wieder auf und hielt mir einen Zauberstab entgegen.
„Probieren Sie diesen. Stechpalme und Phönixfeder, elf Zoll", sagte er. Der Zauberstab war hell und gemasert. Ich mochte ihn nicht und er mich nicht. Ich schwang ihn und zerlegte den Ladentisch.
„Eindeutig nein!", stellte Ollivander fest. „Wie wär's mit diesem, Ulme, Kernholz, mit Drachenherzfaser, zwölfeinhalb Zoll"
Der Zauberstab wär rötlichbraun und lag angenehm in der Hand. Ein seltsamer Wind hob an, als ich ihn entgegen nahm.
„Ah, das scheint der Richtige zu sein", meinte McGonagall und bezahlte meinen Zauberstab aus einem zweiten Beutel, den sie aus der Tasche zog. Wir verließen den Laden und besorgten die restlichen Dinge. Danach brachte sie mich zurück in den Gwydyr Forest und versprach, mich am ersten September abzuholen.  

A Magic Shewolf (german version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt