Die erste Begegnung

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  Ihre Sicht:

Die Wochen und Monate flogen nur so dahin. Ich lernte fleißig und war schnell eine der Besten. Doch als es auf Weihnachten zuging, verschlechterte sich meine Laune zusehends. Ich hatte mich auf Weihnachten noch nie sonderlich gefreut, warum denn auch? Das Schloss wurde reichlich geschmückt und die Zwillinge waren fröhlicher denn je. Ich nicht, ich schwieg mich aus.
„Och komm Rosie –"
„- du kannst doch an Weihnachten – "
„- nicht einfach schlechte Laune haben!"
Ich schnaubte. Ich mochte es nicht, wenn sie ihre Sätze gegenseitig beendeten. Das brachte mich zum Lachen und ich lachte nicht gern. Auch jetzt war mein Schnauben ein belustigtes gewesen.
„Nennt mich nicht Rosie. Ich heiße Rosalie und gut", sagte ich kühl und ging. Ich wusste, dass es sie nicht davon abhalten würde, mich weiter zum Lachen zu bringen. Jeden anderen, doch nicht die Chaos-Zwillinge.
Ich lief den Gang hinunter und wusste eigentlich nicht genau, wohin ich laufen sollte. Morgen war wieder Vollmond. Heute Nacht sollte ich zur Peitschenden Weide kommen. Ich lief hinaus aufs Gelände und beschloss dabei, meine Hausaufgaben dort draußen zu erledigen. Auch wenn Schnee lag und es kalt war, ich war daran gewöhnt. Ich hatte zu lange im Wald gelebt, um das seltsam zu finden.
Auf dem Weg hinaus rannte ich einen Jungen um. Er stolperte und stürzte. Er war ein Jahr über mir, ich kannte ihn vom Sehen durch Alana und Madison. Er war irgendwie mit ihnen verwandt, oder so.
„Entschuldige", murmelte ich und hielt ihm meine Hand mit den klauenartigen Nägeln entgegen.
„Schon gut. Warum hast du es so eilig?", fragte er und ließ sich von mir aufhelfen. An seiner Uniform erkannte ich, dass er ein Slytherin war, ein netter Slytherin, wie ich feststellte. Er war ein wenig größer als ich, platinblond und hatte leuchtende graugrüne Augen. Er roch nach Wald, nach dem Tau, der morgens auf den Blättern lag und nach dem Rauch eines frisch entfachten Feuers. Ich mochte den Geruch und bemerkte dabei, das ich auch ihn zu mögen schien, und das ohne ihn zu kennen. Das war mir noch nie passiert!
„Ich...keine Ahnung, ich bin an solchen Tagen schon mal etwas seltsam", entschuldigte ich mich und ging einfach weiter. Ich musste ihm nicht auf die Nase binden, was ich war.

Seine Sicht:

Völlig verdattert stand ich auf dem Gang und starrte ihr hinterher. Sie hatte so seltsame Augen. Irgendwas stimmte mit diesen blauen Augen nicht. Sie hatte gesagt, sie war seltsam an Tagen wie heute. Ob Teddy vielleicht etwas darüber wusste? Sein Vater war immerhin ein Werwolf gewesen und Großmutter Tonks konnte ihm viel darüber erzählen. Oder ich sollte der Bibliothek mal einen Besuch abstatten, sicher war sicher. Sie war unheimlich, irgendwo, unheimlicher als alle anderen, geheimnisvoller. Sie war unheimlich interessant, ich merkte, wie mein Herz schlug, als ich an ihre Augen dachte und zugleich überlegte, dass irgendwas seltsam an diesen Augen war, doch was? Ihre Haare leuchteten wie die silbernen Flügel des Schnatzes in der Sonne und sie war beinahe so groß wie ich, ungewöhnlich...

Ich hatte mich für das Quidditch-Team meines Hauses beworben und wurde ohne viel Federlesen für die Stelle des Suchers genommen. Ich flog für mein Leben gern und, wenn man Madam Hooch glauben konnte, mindestens so gut wie mein Onkel. Auch Alana und Madison spielten für Gryffindor, als Treiber. Nichts anderes hätte zu ihnen gepasst, meine Chaos-Cousinen waren die perfekten Treiber. Sie hatten ja auch die besten Lehrer, die man außerhalb der professionellen Mannschaften finden konnte: Fred und George Weasley, deren goldene Medaillen verewigt im Pokalzimmer standen. Es waren zwar Medaillen für besondere Verdienste um die Schule (ihre Rebellion und ihre Flucht waren immer noch legendär), aber sie standen auf einigen Plaketten für das Gewinnen des Quidditch-Pokals. Mein Onkel war dort natürlich auch vermerkt, er war Sucher und später Kapitän gewesen. Ebenfalls meine Mutter, sie hatte jedoch Hüterin gespielt. Beide hatten sie Medaillen für Verdienste um die Schule bekommen, auch Tante Emily und alle anderen, die maßgeblich an der Befreiung Hogwarts' beteiligt gewesen waren.
Ich wusste nicht, ob es nur an mir lag, oder an Rosalie, die stets mich oder ihre Freundinnen, meine Metamorphmagus–Cousinen anfeuerte, und mir damit immer das Gefühl gab, noch besser fliegen zu müssen, doch dieses Jahr gewann Slytherin den Hauspokal mit einem Abstand von über 200 Punkten. Ich sah, dass sogar Rosalie sich darüber freute, obwohl sie ja eine Ravenclaw war. Nur meine Cousinen drohten mir furchtbare Rache an. Solange sie dabei noch lächelten, hatte ich jedoch nicht viel mehr zu befürchten als eine Schlammschlacht in den Sommerferien. Vater würde davon sicherlich nicht begeistert sein, aber was sollte es schon, man lebte nur einmal, wenn vielleicht auch sehr lang.  

A Magic Shewolf (german version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt