VII.

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   Luke und Cleo begleiteten mich aus der Mensa und durch die große Halle und führten mich dann in den Gang zwischen den zwei Treppen auf der rechten Seite. Dort war es dunkel und der Gang war von Fackeln und Kerzen an den Wänden erleuchtet und er ging stetig abwärts. Ich fragte mich ob wir wohl im Keller unterrichtet werden würden. Wir gingen an mehreren Türen vorbei und blieben dann an einer Tür an der linken Seite des Ganges stehen. 

   "Wir müssen jetzt hier rein" sagte Cleo und nickte in Richtung der Tür. "Du musst noch zwei Türen weiter ich glaube Lucas ist schon drinnen und wartet auf dich." Ich nickte, etwas nervös und nur bei dem Gedanken an den Blick den Lucas mir zugeworfen hatte wurden meine Wangen wieder heiß. Ich nickte um zu zeigen das ich verstanden hatte und als ich den Blick wieder den beiden zuwandte waren sie bereits im Klassenzimmer verschwunden. Ich ging auf die Tür zu und betrat das Zimmer durch die schwere Steintür. 

   Ich hatte kein normales Klassenzimmer erwartet aber, dass das Zimmer solche Ähnlichkeit mit einem Verließ hat, hätte ich jetzt doch nicht erwartet. Die Wände waren aus grob behauendem Stein und auch hier waren Fackeln in Halterungen an den Wänden, die ein warmes Licht spendeten. Das Zimmer erinnerte weniger an ein Klassenzimmer als an einen sehr ungemütlichen Therapieraum und er erinnerte mich an die Zeit in der Tante Celine mich zum Therapeuten schleppte weil sie dachte ich wäre nicht ganz normal. was ich ja auch nicht war merkte ich jetzt ironisch. Um einen kleinen Couchtisch an der Seite des Raumes standen mehrere Sessel und eine Couch, Platz genug für vielleicht acht Menschen. Und auf dem Sessel der mit dem Rücken zur Tür stand saß Lucas, was ich schon an den Haaren und den Schultern erkannte. 

   "Komm ruhig rein!" sagte er mit seiner angenehm tiefen Stimme und sofort merkte ich dass die Röte wieder in mein Gesicht schlich. Vorsichtig ging ich um den Tisch herum und setzte mich auf den Sessel der am weitesten weg von Lucas war aber so stand dass ich die Tür beobachten konnte und den Raum im Blick hatte. "Du bist also Marina" bemerkte er und ich kam nicht umhin in seine strahlend blauen Augen zu starren. Verlegen senkte ich den Blick. "Ich schätze mal das ist richtig" sagte ich und war selbst verwundert wie anders meine Stimme klang. 

   "Sehr gut dann sollten wir anfangen. Also ich habe von Monsun erfahren dass ihr schon ein bisschen über den Ursprung der Magie geredet habt und das ist auch garnicht Thema dieses Blocks. Aber um deine Kraft anwenden zu können musst du wissen woher diese Kraft kommt. Es gibt bestimmte Zentren im Körper wo sich die Magie Sammelt und durch die Du die Magie lenken kannst. Das ist bei keinem Menschen gleich. Bei so gut wie jedem Magier wird die Magie durch die Hände abgegeben das Heist dass, zum Beispiel ich die Magie die in meinem Kopf entsteht, das ist bei mir nämlich das Hauptzentrum der Magie, umleite und in meine Hände führe." Er hob seine Hand und ein großer ein Tropfen bildete sich in seiner Hand der immer weiter wuchs und fast so groß wie mein Kopf wurde bevor er die andere Hand hob und auf die Blase legte die zu Dampf verpuffte. Ich machte große Augen und Lucas lachte. "Um deine Magie freizuschalten müssen wir also herausfinden von wo sie kommt." 

   Er machte eine kleine Pause um sicherzugehen dass ich verstanden hatte. Als ich nickte fuhr er fort: "Bei deinem Erstausbruch da vor dem Café hast du instinktiv gehandelt. Die Kraft in dir hat sich einen Weg nach draußen gebahnt um dich, die Menschen in dem Café und deine Freunde zu beschützen und wie ich gehört habe war das eine ganz schöne Kraft die du da losgelassen hast! Luke hat mir erzählt, dass du die Schaufensterscheiben und alle anderen Fenster in zwanzig Meter Umkreis zerstört hast." Als ich wieder große Augen machte musste er wieder lachen und er griff sich in die langen dunkelbraunen Haare. Peinlich berührt durch meine Unwissenheit sah ich zur Seite. "Alles gut. Hector hat sich darum gekümmert." 

   "Wer ist Hector?" fragte ich und bei mir dachte ich dass es mir nicht peinlich sein musste solche Dinge zu fragen, denn ich war hier erst seit einem Tag. "Hector ist der Hausleiter von Floras Haus, also Erde. Wir sind Brüder." Moment mal. Dachte ich. Wie können die beiden Brüder sein wenn sie aus zwei verschiedenen Elementen kommen? Wie als hätte er meine Gedanken erraten sagte er: "Meine Mutter kam aus dem Haus Erde, während mein Vater aus dem Wasser kam. Ich hab die Magie von ihm geerbt, während mein großer Bruder Hector die Kraft von meiner Mutter abbekommen hat. Es ist selten, dass die Kinder von Mischehen nur ein Element bekommen aber bei uns war es so. Ich hab nicht ein Tropfen Blut aus dem Hause meiner Mutter in mir und Hector hat keine Kraft über das Wasser." Er lächelte leicht bei dem Gedanken an seine Familie. "Aber das ist eine andere Geschichte. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja die Zentren der Magie in deinem Körper. Es gibt drei Zentren Im Körper in denen sich die Magie befinden und bilden kann. Bei mir kommt die Magie aus dem Kopf wie bei ungefähr achtzig Prozent der Magier. Das heißt ich denke rational und nur so kann ich meine Magie gebrauchen. In dem ich den Befehl gebe die Kraft durch meinen Arm zu lenken. Bei einigen liegt die Kraft im Bauch, was bedeutet das sie Instinktiv die Magie benutzen. Also wenn du in Gefahr bist wirst du deine Magie nicht wirklich steuern können du machst es instinktiv aus Selbstschutz. Hector ist so jemand. Und dann gibt es noch die deren Magie im Herzen ist aber so jemanden gibt es schon lange nicht mehr." Ich sah ihn an. Das klang schonmal super interessant. "Ausser der Einteilung der Magier in Häuser, entsprechend der Fähigkeiten und Abstammung des Menschen teilen wir also uns auch noch in drei andere Kategorien ein, entsprechend dem Ort an dem unsere Magie entsteht. Ich bin ein Ratio, Hector ist ein Instinctus, und die Magier, dessen Magie aus dem Herzen kommt nennt man Emovere. Hast du bis jetzt alles verstanden?" Wider nickte ich. Das war ganz schön viel auf einmal aber ich konnte ihm folgen.

   "Um also rauszufinden von wo deine Magie kommt, muss ich dich an diesen Stellen Berühren. Dann werde ich dir einen leichten elektrischen Schlag versetzen um deine Kraft zu stimulieren und sie wird sich dann irgendwie äußern. Wenn ich an der falschen Stelle bin wird gar nichts passieren. Weil das was passieren kann wenn du deiner Magie freien Lauf lässt gefährlich sein kann müssen wir allerdings raus gehen. Nicht das du auch im Schloss alle Fenster zerstörst." Er lachte wieder und diesmal musste ich mitgrinsen. "Dann lass uns gehen" sagte ich schulterte meine Tasche und stand auf. Lucas folgte mir durch die Tür.

   Draußen auf dem Rasen angekommen, und weit genug vom Schloss entfernt blieb Lucas stehen und drehte sich zu mir um. Er hatte mich auf dem Weg hierher überholt und ich musste fast rennen um mit ihm Schritt zu halten. Er war viel größer als ich was nicht schwer war mit meinen eins einundsechzig "So ich glaube wir sind jetzt weit genug entfernt von hier aus wirst du bestimmt nichts kaputt machen. Bist du bereit?" er sah mich an und die helle Frühlingssonne strahlte mir ins Gesicht. "Ja" sagte ich schlicht und atmete tief ein. "Ja, fang an" und Lucas hob die Hand und schüttelte sie leicht woraufhin helle Funken von seiner Hand aufstoben. Ich wappnete mich und machte mich auf das schlimmste gefasst. Er legte seine Hand auf meinen Kopf und ich zuckte zusammen. Das war ein heftiger Stromschlag gewesen. Langsam öffnete ich die Augen. Alles sah noch so aus wie früher. "Also ein Ratio bist du schonmal nicht." stellte Lucas fest und kratzte sich an der Stirn. "Probieren wir es also am Bauch okay?" Ich nickte immer noch leicht benommen. Er lief um mich rum und stellte sich dich hinter mich um seine Hand locker auf meinen Bauch legen zu können. Ich fühlte seinen Atem an meinem Ohr und bekam eine Gänsehaut. "Bereit?" flüsterte er. "Ja." Hauchte ich und schloss wieder die Augen. Ein stärkerer Stromschlag als eben durchfuhr mich und meine Knie gaben nach. Ich blinzelte ein paar mal aber ich konnte nichts sehen. "Ist was passiert?" fragte ich. "Nein" sagte Lucas schlecht und kniete sich neben mich. "Das ist seltsam. Ich hätte gedacht das du ein Instinctus bist weil du ja auch vor dem Café so gehandelt hast. Aber wenn du beides nicht bist dann musst du..." er unterbrach sich und murmelte leise etwas vor sich hin. "Das gab es seid 500 Jahren nicht..." 

   "Könntest du mir helfen aufzustehen?" fragte ich denn ich sah immer noch Sternchen. Er nahm mich bei der Hand und zog mich hoch. Meine Beine gaben direkt wieder nach. Lucas fing mich in seinen Armen auf und ich klammerte mich an ihn wie ein Ertrinkender. Wie lange war es her, dass mich jemand in den Arm genommen hatte? Ich will es mir nicht eingestehen aber seid ich hier in der Akademie bin fühle ich mich so alleine. Sogar Cleo und Luke gegenüber fremd und abgeschottet gegenüber den anderen, durch mein besonderes Zimmer. Warum musste ich immer eine Ausnahme sein? Warum konnte ich nicht ein einziges Mal wie alle anderen sein, wenn schon nicht als normaler Mensch, dann wenigstens als Magier? Aber selbst das war ja zu viel verlangt. 

   In diesem Moment hasste ich alles und Jeden. Meine Adoptiveltern die gestorben waren, Cleo und Luke, die wie Fremde für mich waren und vor allem, vor allem Monsun und diese Frau die meine Mutter sein möchte. Ich hasste alle außer Lucas der mich hier in seinen Armen hielt, auch wenn es bloß war damit ich nicht umfalle. "Alles klar kleines?" fragte er mit einer Zärtlichkeit in der Stimme  die ich nichtmal bei meiner Tante gehört hatte, bei der ich acht Jahre gelebt hatte. In diesem Moment gab es nur diese Arme die mich hielten und die Stimme die sich nach meinem Wohlergehen erkundigte. Und genau in diesem Moment legte Lucas seine Hand auf meine Brust und der Stromschlag traf mich wie ein Faustschlag ins Gesicht. Er ließ jedes meiner Nervenenden vibrieren und meine Haare stellten sich zu Berge. Ein heißer Strom von Gefühlen, den Gefühlen der letzten zwei Tage kochte aus meinem Herzen über und floss durch meine Venen und ich konnte nicht anders. Ich schrie und riss meine Arme zur Seite und ließ den ganzen Schmerz, den Stress und den Verlust aus meinem Körper fließen. Und das Gefühl war so unglaublich überwältigend so dass mich wilde Freude überkam. Und plötzlich wurde ich nicht mehr gehalten. Ich stand alleine, die Arme weit von mir gestreckt und schreiend, die Haare wild um meinen Kopf wehend. 

   Die Energie verschwand genauso schnell wie sie gekommen war. Plötzlich war sie weg und ich fiel auf den Boden wie ein nasser Sack Getreide, und es wurde schwarz vor meinen Augen. 


Magie der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt