Ein leises Kichern vor der Tür. Scheiße! Dann hörte ich, wie sich die Finger langsam um die Klinke schlossen. Doppelte Scheiße!
Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Mein Blick starr in Richtung Tür, auch wenn ich in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte. Meine Hände tasteten nach meiner Waffe.
Ganz langsam wurde die Klinke runter gedrückt. Das quitschende Geräusch des Eisens verursachte eine Gänsehaut auf meinem Rücken, welche sich bis zu meinen Zehenspitzen ausbreitete. Nein! Nicht jetzt!!!
Ich hielt den Atem an. Die Tür stand jetzt einen Spalt weit offen. Ein Lichtstrahl suchte sich seinen Weg in das dunkle Zimmer.
Krampfhaft hielt ich meine Waffe umklammert. Von draußen hörte ich ein leises tropfende Geräusch. Ruckartig zuckte ich zusammen. Ich kannte dieses Geräusch nur zu gut, und es ließ mich das Schlimmste vermuten.Dann wurde die Tür plötzlich aufgerissen und ein großer Schatten kam viel zu schnell auf mich zu. Das war mein Stichwort. Schnell sprang ich auf und warf unter lautem Gebrüll meine Waffe mit voller Wucht Richtung Gegner.
Vorbei! Das Kissen verfehlte die Gestalt um nicht weniger als 5 Meter und landete neben meinem Schreibtisch. Innerlich verfluchte ich meinen Vater dafür, dass er mir nicht seine Wurfkünste vererbt hatte. Doch bevor ich meinen Gedanken zu Ende bringen konnte, traf mich der kalte Waschlappen mitten im Gesicht und eine raue Stimme säuselte mir süffisant ins Ohr:"Netter Versuch".
Ich quitschte und versuchte, das nasse Ding von meinem Gesicht zu schieben. Vergeblich. Mein Bruder lachte nur über mich, meine Verwünschungen und Beleidigungen, die ich ihm, so gut es ging mit einem Lappen vor dem Mund nun mal ging, wütend entgegenfeuerte. "Du hässliches Nilpferd" schrie ich meinen Bruder an, als er mich endlich losgelassen und zurück aufs Bett geschubst hatte. Fragend zog er eine Augenbraue nach oben. Bockig grummelte ich:"Ich hätte noch drei Minuten schlafen können" wie auf Befehl meldete sich mein Erzfeind Robert, der Wecker.
Mein Bruder aber lachte nur noch mehr und warf Robert gegen die Wand. Robert verstummte. Ich fragte mich, warum er ihn nicht einfach ausschalten konnte, wie ein normaler Mensch. Aber Jake war noch nie eine Leuchte gewesen. Wie er es in die Oberstufe geschafft hatte, war mir bis heute ein Rätsel. Obwohl er extrem faul, dumm und gefräßig war, musste man zugeben, dass er mit seiner großen Statur und den blonden Strubelhaaren gar nicht so schlecht aussah. Ganz anders als mein Wecker. Der sah schon lange nicht mehr schön aus. Er hatte Dellen und Kratzer, aber auch meine Wand war von den Angriffen meines Bruders nicht verschont geblieben. An manchen Stellen bröselte schon der Putz. Jake interessierte das natürlich einen Dreck und er hatte es sich zum Ritual gemacht, mich jeden Morgen mit den gemeinsten Foltermethoden zu wecken und Robert gegen die Wand zu schleudern.
Widerwillig rollte ich mich wieder aus dem Bett, stieß mich dabei an einem Kissen, zog mich über die Bettkante und robbte daraufhin zu Robert, um ihn auf den Schreibtisch zu legen. Grinsend schaute Jake mir zu, nicht das er mir hätte helfen können, aber ich war zu müde um den Mund auf zumachen.
"Deine Freundin ist da, Lara oder so" sagte der Dummkopf eines Bruders. Ich verdrehte genervt die Augen, berichtigte Jake aber nicht. "Lara" hieß eigentlich Lisa. Und Jake kannte meine Beste Freundin schon genau so lang wie ich. Mit letzter Kraft scheuchte ich meinen Bruder aus dem Zimmer, öffnete die Vorhänge, beschimpfte die Vögel davor und zog mir meine schwarze Jeans, ein weißes Top und das Holzfällerhemd meines Vaters an.
Der Schlafmangel von drei Minuten und das zusätzliche Gewicht des Lappens, den ich mit runter schleppen musste, weil Jake ihn ganz aus Versehen in meinem Zimmer liegen lassen hatte, machten mir ziemlich zu schaffen. Müde stolperte ich die Treppen runter und kam nach gefühlten zehn Stunden in der Küche an. Dort wartete Lisa schon an ihrem Stammplatz, auf der Spülmaschine und grinste mich an. Dachte ich mir jedenfalls. Erst als sich ein blonder Strubbelkopf an mir vorbei drängte, sah ich wie das Grinsegesicht namens Lisa jede seiner Bewegungen verfolgte. Ich bemühte mich gar nicht erst, sie aus ihren Gedanken zu holen sondern schnappte mir zwei Scheiben Toastbrot, mein persönliches Nutella-Glas, ein Messer, eine Scheibe Käse und ließ mich auf meinem Stuhl plumpsen.
Irgendwann wurde mir das Gegaffe von Lisa und das Schmatzen meines Bruders zu dumm und ich fragte nach der Zeitung. "Schofia schitscht drauf", mampfte mein Bruder. "Lisa kannst du mir bitte die Zeitung geben? Lissi?" keine Reaktion. Also stand ich auf, ging zur Spülmaschine schnipste so lange mit meinen Fingern vor Lisas Gesicht herum, bis sie schließlich zu mir auf blickte "Oh guten morgen Hailey. Gut geschlafen?"
Innerlich gab ich mir einen Facepalm und schaute genervt zwischen Jake und Lissi hin und her. Ich verfluchte Jake für seine Dummheit, dass er nicht bemerkte wie Lissi ihn anschaute. Und Lissi dafür das sie so naiv ist. Jake hatte noch nie eine Freundin und wird es auch nie haben. Er würde es nie schaffen eine Beziehung aufrecht zuerhalten.
Als ich dann die Zeitung in die Finger bekommen habe, blätterte ich zum Witzeteil. Merkt euch eins liebe Kinder: Lächel den morgen an und der Tag wird auch freundlich grüßen.
Als ich fertig war, legte ich die Zeitung beiseite und schaute zur Uhr. Ich verschluckte mich an meinem nicht vorhandenen Kaffee und brabbelte sowas vor mich hin wie: Wir kommen zu spät, wir werden es niemals pünktlich schaffen, plötzlich verstummte ich und sah Jake breit grinsend an. "Jaaake? " "Was willst du jetzt schon wieder? Ich sehe doch dein Grinsen" gab Jake genervt und schmatzend von sich. "Fährst du uns zur Schule? " fragte ich zuckersüß.
" Dich und Lena? Niemals! "
"Ach komm schon"
" Nö"
" Doch"
"Nö"
" Doch", ich verlieh meiner Stimme Nachdruck und sah wie er mit den Augen rollte "Gut beeilt euch ich will in zwei Minuten los!"
"Aye Aye Captain" salutierte ich.Mit einem noch breiteren Grinsen kaute ich den letzten Bissen meines köstlichen Toastbrotes zu ende.
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Red Eyes
Paranormal„Sowohl Engel, als auch Dämonen sind im Begriff euch auf ihre Seite zu ziehen!" Die laute Stimme hallte im ganzen Saal wieder. „Ihr, als Jäger, habt die Pflicht überlegt zu handeln - wir dürfen uns keine Fehler erlauben! Sie werden nicht zögern, auc...