13 - Unwetter

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>> Vlad Țepeș <<

Mein schwarzer Mercedes jagte über die regennasse Straße. Meine Hände verkrampften sich immer mehr am Lenkrad, sodass nicht nur meine Knöchel weiß hervortraten, sondern auch das Lenkrad sehr gequälte Geräusche von sich gab. Ich war schon lange nicht mehr so aufgebracht gewesen, dass ich unbewusst einen ganzen Gewittersturm beschworen hatte. Aber da ich mich im Moment auch nicht wirklich wieder beruhigen konnte, prasselte und blitzte und donnerte es weiter vor sich hin.

Der Morgen wurde langsam zum Nachmittag, als mich nur noch eine halbe Stunde von dem kleinen Dorf nahe meiner Burg trennte. Durch die dunklen Wolken wirkte es, als sei die Sonne schon vor Stunden untergegangen und die Nacht heraufgezogen. Aber das störte mich herzlich wenig.

~*~

Als ich das Dorf endlich erreicht hatte und mit quietschenden Reifen zum Stehen kam, blieb ich noch einen Augenblick im Auto sitzen. Nicht nur wegen des Regens, der weiterhin unerbittlich auf mein Autodach prasselte, sondern auch, um zumindest den Hauch einer Fassung wiederzuerlangen. Es würde sicherlich nicht gut ankommen, wenn ich unter der doch recht abergläubischen Bevölkerung Misstrauen säen würde. Also zwang ich meinen aufgergten Herzschlag durch tiefe Atemzüge zur Ruhe und sammelte meine Gedanken. Wie von selbst wurde der Regen weniger.

Dann stieß ich die Autotür auf, kramte meinen Regenschirm aus den Katakomben meines Kofferraumes und machte mich auf den Weg zu den Stallungen. Auch wenn ich ungern bei einem solchen Wetter Reiten wollte, durfte ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass Alex mich vielleicht doch nicht enttarnt hatte. Wie sagte man so schön? Die Hoffnung stirbt zuletzt (und kehrt dann als Untoter zurück, nur um  nochmal eine dramatische Sterbeszene im unpassendsten Moment abzuliefern).

~*~

Heute kannte ich absolut keine Gnade für Tariel. Pausenlos trieb ich ihn an und flog nur so über den nassen Waldboden dahin. Sicher würde mich mein treuer Rappe dafür später mit Ungehorsam strafen, aber das war im Moment egal. Als wir die lange Ebene erreicht hatten, hinter der sich meine Burg befand, zügelte ich Tariel um unser Ankommen weniger gehetzt erscheinen zu lassen. Währenddessen überlegte ich mir eine passende Ausrede für mein plötzliches Auftauchen. Ich seufzte.

Irgendwie und irgendwann war das alles mal einfacher gewesen. Ich wusste bereits nicht mehr, wann das so gewesen war, und im Moment befand ich die Erinnerung an diese eventuell bessere Zeit als unnötig - wichtig war das Hier und Jetzt. Meine Welt war nämlich gerade drauf und dran unterzugehen.

~*~

Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit den kleinen Hügel zu den Überresten der großen Pforte hinaufritt, konnte ich Alex' Scheckenstute Winja unter dem Forschungszelt stehen sehen. Ihr schien das Gewitter nichts auszumachen, denn sie knabberte uninteressiert an dem Gras zu ihren Füßen - oder eher Hufen. Schnell manövrierte ich Tariel unter das schützende Dach des Zeltes und sprang mit einem lauten "Platsch!" aus dem Sattel. Einfach alles an mir war vollkommen durchnässt. Wie gut, dass mir die Kälte nicht mehr so viel ausmachte.

Tariels Trense am Zeltpfosten befestigend blickte ich mich um. Auf dem langen Tisch lagen einige aufgeschlagene Bücher, darunter mindestens ein handgeschriebenes. Vermutlich ein Notizbuch. Als ich mit meinem Knoten zufrieden war, begutachtete ich das Büchlein näher. Der Einband verriet nichts über Inhalt oder Besitzer, aber die gekritzelten Notizen sprachen Bände. Hierbei handelte es sich eindeutig um Alex' Aufzeichnungen. Waren die Einträge vor ein paar Tagen noch regelmäßig und ordentlich gewesen, so hatten sie sich letzter Zeit zu hastig zu Papier gebrachten Gedanken und Schmierereien verwandelt. Und der Inhalt war ebenso besorgniserregend.

Man lebt nur zweimal [Dracula Untold FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt