Sogorrah

54 11 0
                                    


Ein Tag in Sogorrah.
Ein regnerischer Tag.
Ein Tag im Leben des Herrn Buchhalter Müller.
Ein Tag, der kein guter Tag ist.

Ein Tag, der ihn auslaugt, wie so viele andere zuvor.
Ein Tag voller Arbeit. Langweiliger, stumpfsinniger Arbeit, die ihn an dem Sinn seines Jobs zweifeln lässt.
Ein Tag, der ihn an seiner eigenen Nützlichkeit zweifeln lässt. An seinen Fähigkeiten.
Ein Tag, an dem der Chef wieder unerträglich gewesen ist.
Ein Tag, an dem zum wiederholten Male nichts gut geht.
Ein Tag, an dem andere gelobt werden. Er nicht. Er hat wieder nur Ärger bekommen.

Ein Tag, an dem das Essen in der Kantine absolut ungenießbar ist.
Ein Tag, an dem er sich den Kopf an einem Aktenschrank stößt
Ein Tag, an dem die Kollegen ihn dafür auslachen.

Ein Tag, an dem er es nicht schafft hat, die ihm gestellten Aufgaben alle zu erledigen. Es bleibt so viel noch zu tun. Soviel von dem ewig gleichen Stumpfsinn.
Ein Tag, an dem ihm genau das erneuten Ärger bringt.
Ein Tag, an dem er, nicht zum ersten Mal, erwägt, zu kündigen. Und ihm klar ist, dass er das nicht tun wird. Nicht tun kann. Er ist auf den Job angewiesen. Und das Geld.

Ein Tag, an dem in der Mittagspause sein Telefon klingelt. Es ist sein Date. Sie sagt ihm ab. Es hätte doch keine Zweck, sagt sie, aus ihnen würde nichts werden.
Ein Tag, an dem er beschließt, sich Abends zu betrinken. Nicht mit Freunden in der Kneipe. Er hat keine Freunde. Nein, allein zu Hause.
Ein Tag, an dem ihm einfällt, dass er nichts mehr zu Hause hat, kein Bier, keinen Schnaps. Und auch kein Geld, um was zu kaufen, so kurz vor Monatsende.

Ein Tag, an dem ihn nicht zum ersten Male die Verzweiflung packt. Und Suizidgedanken.

Ein Tag, an dem das Wetter es nicht besser macht. Den ganzen Tag schon trüb und grau.
Ein Tag, an dem sein Wagen nicht anspringt. Er orgelt und orgelt ... und kommt einfach nicht. Verdammt. Mist.
Ein Tag also, an dem er mit der Tram fahren muss. Auch das noch.

Ein Tag, an dem er durch strömenden Regen laufen muss, nachdem er die Tram verlassen hat. Es fängt an zu regnen, als er gerade die Ampel überqueren will. Das gelbe Licht der Fußgängerampel geht ihm auf die Nerven.

Ein Tag, wo er so in sich und seinem Ärger gefangen ist, dass er nicht auf seine Umgebung achtet.

Ein Tag, an dem er daher nicht bemerkt, dass er nahe der Ampel eine Blume unter der Sohle seines abgetretenen und doch sorgfältig geputzten Halbschuhs zertritt.


Der Tag, an dem er eine ganze Welt zerstört.

Das Volk unter DER BLUMEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt