Langsam ging ich Stufe füf Stufe hinauf. Ich war müde, so wie jeden Tag. Doch das war mir egal. Es war mir egal, dass ich eigentlich Schluss hatte und für heute nicht mehr Arbeiten musste. Ich drückte mein linkes Handgelenk auf den Scanner neben der Tür und die Tür öffnete sich. Er hatte meinen Code nie aus dem Speicher gelöscht. Auch nicht, als wir auf zwei verschiedenen Seiten standen. Ich stieß die Tür weiter auf und sofort stieg mir der bekannte Geruch von Alkohol in die Nase. Ich schloss die Tür hinter mir und warf meine Jacke auf einen Stuhl in der Küche. Mein Blick fiel sofort wieder ins Wohnzimmer. Mir war auch klar warum. Etwas genervt sah ich auf die Person, die auf der Couch schlief. Ich seufzte frustiert. Es würde nichts bringen ihn zu wecken. Ich sammelte das Wodka-Glas ein, das neben der Couch lag und deckte meinen schlafenden Ex-Freund zu. Wir hatten nach dem Fall von Liam nicht mal versucht eine Beziehung wieder aufzubauen. Mir war auch bewusst, dass es nichts gebracht hätte. Obwohl er es höchstwahrscheinlich anders gesehen hätte. Ich brachte das Glas in die Küche und stellte die angefangenen Flaschen weg. Mein Blick fiel auf eine kleine Tüte neben der Couch. Zögernd hob ich sie auf und öffnete sie. Mein Atem blieb weg. Nein! Soweit kannst du nicht gegangen sein! Wütend sah ich zu ihm. Und du willst Polizist sein! Ich verknüllte die Tüte und rannte ins Badezimmer. Ich schüttete den Inhalt der Tüte in die Toilette und spülte ihn ohne zu zögern herunter. Drogen sind keine Lösung! Plötzlich klingelte es an der Tür und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. Sam? Langsam ging ich ihn den Flur. Mein Ex-Freund wälzte sich unwohl von einer Seite zur anderen, als das Klingeln ertönte, schien aber nicht aufzuwachen. Ich seufzte und öffnete die Tür. Überrascht sah ich in das Gesicht gegenüber von mir. Ich musste schlucken. Scheiße! Ich versuchte zu lächeln. ,,Emilia!" Sie musterte mich misstrauisch. ,,Was machst du denn hier, Liv?" ,,Ich wollte Fynn besuchen." Sie rollte mit den Augen. ,,Natürlich." Dann sah sie neugierig in die Wohnung. ,,Ist mein großer Bruder da?" Ich schloss die Tür einwenig. ,,Er ist gerade zu einem Einsatz. Ich warte hier auf ihn." Sie zuckte mit den Schultern. ,,Dann komme ich später wieder." ,,Gute Idee." Sie fing an zu grinsen. ,,Ich wollte sowieso nur meine Jacke holen, bevor sie den Alkoholgeruch annimmst." Entsetzt sah ich sie an. Sie weiß es! Sie klopfte mir auf die Schulter. ,,Mach dir um mich keine Sorgen Liv." Sie schlüpfte durch die Tür. ,,Ich hab schon schlimmeres erlebt." Ich sah ihr ungläubig hinterher, als sie in die Küche schlenderte. ,,Aber er ist dein Bruder!" Ich folgte ihr und sah wie sie ihre Jacke vom Stuhl nahm und über die Schulter warf. ,,Er hatte schon mal ein Tief." Sie deutete auf das Bild am Kühlschrank. ,,Nur damals war Liam noch da." Ich verschränkte die Arme. ,,Ich bin für ihn da!" ,,Du würdest das aber nicht mit Gewalt regeln. Liam hat damals die Trauer aus ihm rausgeprügelt." Ich ließ die Arme sinken. Das erklärt Fynns kalte Art. Emilia legte ihre Hand auf die Schulter. ,,Das ist nicht dein Kampf. Es ist seiner. Lass ihn das alleine regeln." ,,Aber..." ,,Vertrau mir. Er muss vergessen." Sie machte eine kurze Pause. ,,So wie du ihn vergessen musst. Ihr seid nicht mehr zusammen. Und werdet es auch nie wieder sein." Ich sah sie mit großen Augen an. ,,Was?" ,,Du liebst ihn nicht mehr. Du fühlst dich mehr oder weniger nur schuldig. Und du hast ein schlechtes Gewissen. Wegen der Sache mit Sam." Ich biss mir auf die Zähne. Woher weiß sie das alles? Sie fing an zu lächeln. ,,Ich bin nicht dumm." Sie schlenderte zur Tür und riss sie auf. ,,Lass ihn einfach gehen." Ich sah sie an. Aber ist es das beste für ihn? Sie sah kurz zum Wohnzimmer und schlug die Tür dann mit einem lauten ,,Chiao!" zu.
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Abhängig
Short StoryManchmal ist es besser Leute zu vergessen und los zu lassen. Doch für manche ist das unmöglich.