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Ellas POV:

"Wir sehen uns nächste Woche!" Zayn verabschiedete sich von mir mit einem Lächeln, bevor er seinen Rucksack schulterte und den Kursraum verließ.

Ich winkte ihm noch nach, den Zettel mit seiner Handynummer in der Hand haltend. "Zayn klingt nett", bemerkte Harry, der augenblicklich neben mir stand und seinen Arm um meine Taille legte.

"Das ist er auch. Er hat mir seine Nummer gegeben", sagte ich, ihm eine Haarsträhne hinters Ohr steckend. Er grinste. "Auf dass er mein Schwesterherz nicht enttäuscht." Ich lehnte mich gegen seine Brust und hörte, wie sein Herz gleichmäßig gegen mein Ohr pochte, was mich schon früher als Kleinkind jedes Mal beruhigen konnte.

"Auf dass mein Bruderherz nicht noch eifersüchtig wird", entgegnete ich feixend, wofür er mir in die Rippe zwickte. Quietschend schlug ich seine Hand weg, dann hielt ich Ausschau nach Louis, der bereits an der Tür stand und auf uns wartete.

"Komm, wir gehen." Ich nahm ihn bei der Hand und führte ihn durch das Gebäude zurück nach draußen, wo uns allerdings eine unerfreuliche Überraschung erwartete.

"Scheiße, bestimmt beginnt es gleich zu regnen", stöhnte Louis neben mir genervt auf und versteckte schon vorsorglich unsere jeweiligen Bilder unter seiner Jacke. "Und der Wagen hat kein Verdeck."

"Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es eventuell noch", überlegte ich, als wir das Cabrio erreichten und uns wieder auf die Ledersitze fallen ließen. "Ich mag Regen sowieso", meinte Harry vollkommen relaxt, woraufhin Louis schmunzelte. "Ja, gegen Regen hätte ich jetzt auch nicht, so heiß wie es ist. Allerdings befürchte ich, dass uns eher ein Gewitter bevorsteht."

Prompt hörte ich, wie Harry schlagartig schluckte, denn vor Gewittern hatte er große Angst, weshalb ich meine Hand auf seine Schulter legte und sie leicht drückte. "Wir sind garantiert früher zuhause", säuselte ich, was ihn direkt entspannen ließ.

Jedoch sollte ich Unrecht behalten, da es schon an der ersten Ampel zu grummeln begann und ein Blitz den wolkenverhangenen Himmel hell erleuchtete, sodass selbst ich zusammenzuckte. "Das Gewitter ist noch einige Kilometer weg, bis dahin müssten wir es geschafft haben", vermutete Louis und gab kurz nach dem Umspringen der Ampel Gas.

Dummerweise hielt auch diese Hoffnung nicht lang, denn das Donnern wurde immer lauter und ich merkte, wie Harry immer nervöser wurde. Seitdem er blind war, konnte er sich einzig und allein auf seine Ohren verlassen, weswegen er die Ohren betäubenden Geräusche wahrscheinlich noch viel lauter wahrnahm als ich.

"Bruderherz, es ist gut", versuchte ich, ihn zu besänftigen - erfolglos. Er zitterte wie Espenlaub und umklammerte meine Hand, als die ersten Regentropfen auf ihn fielen. Auch Louis bemerkte, wie blass Harry mittlerweile war und streichelte deshalb kurz dessen Oberschenkel.

"Hier in der Nähe steht eine Schutzhütte. Dort könnten wir unterschlüpfen, bis das Gewitter vorübergezogen ist. Bieg hier rechts ab", schlug ich vor und verfluchte den Umstand, dass wir ausgerechnet am Ende eines Waldstückes wohnten, wo sonst nichts war, wo man hätte Schutz finden können.

Wie ihm befohlen lenkte Louis das Auto in einen kleinen Feldweg, der schon von großen Birken gesäumt wurde und tiefer in den Wald führte. Rasch kletterten wir von den Sitzen und hakten uns bei Harry, um durch den inzwischen aufgekommenen Sturzregen zur Hütte zu flüchten.

Dort angekommen sanken wir erleichtert und patschnass auf die Holzbank, die in der Mitte des Häuschens stand, während draußen erneut ein Blitz aufzuckte, gefolgt von lautem Grollen. Harry zitterte nach wie vor und hatte begonnen, unregelmäßig zu atmen.

Weil ich wusste, was das zu bedeuten hatte, kniete ich mich sofort vor ihn, seine Hände an meinen Hals legend, damit er meinen Puls spürte. "Ruhig atmen, Schatz. Dir kann nichts passieren, wir sind im Trockenen!"

"I--ich", stotterte er bloß und brach mitten im Satz ab, seine Lippen bebend. Louis blickte besorgt zu mir. "Was ist los?", fragte er verunsichert, sichtlich überfordert mit der Sitaution.

"Bei dem Autounfall hat es gewittert und von da an kriegt er Panikattacken, sobald er es auch nur donnern hört", erklärte ich, woraufhin er schluckte.

"Kann ich helfen?", fragte er, was ich mit einem Nicken beantwortete. "Streich ihm den Rücken und erzähl ihm etwas. Er kann zwar nicht sprechen, aber wenn er eine bekannte Stimme hört, lenkt ihn das ab. Normalerweise würde man sagen, er solle einem tief in die Augen schauen, doch weil das ja nicht geht, lass ich ihn meinen Puls fühlen, der eine genauso beruhigende Wirkung hat", ratterte ich die Worte herunter, ebenfalls unter Strom stehend.

Zwar hatte ich schon oft Harry während einer Panikattacke beigestanden, aber ich war jedes Mal selbst nervös und musste mich zusammenreißen, damit er sich an mir fest halten konnte.

"Okay, hm.. Also Harry, du kannst es zwar nicht sehen, aber diese Hütte ist echt schön, weil die Innenseite des Daches giftgrün bemalt wurde, mit lauter bunten Blumen darauf. Aber ich wette, du hättest es noch besser hinbekommen", stammelte er los, mit seinem Handteller große Kreise auf seinem Oberkörper hinterlassend.

Harrys Atmung normalisierte sich langsam wieder, auch wenn er nach wie vor auf seinem Platz hin und her rutschte und inzwischen zu schwitzen angefangen hatte. Außerdem liefen Tränen über sein komplettes Gesicht, weshalb ich in meiner Hosentasche nach Taschentüchern kramte.

"Mist, die Packung liegt noch im Auto", fluchte ich leise, was Louis hellhörig werden ließ. "Kann ich was holen?", fragte er, allerdings schüttelte ich den Kopf. "Gib mir deine Schlüssel, ich bring Harry ein paar Tempos und seine Beruhigungstropfen, die sind in meinem Rucksack."

"Ella, du kannst da jetzt nicht raus!", gab er zu Bedenken, woraufhin ich nur selbst in seine Jackentassche griff und dann lossprintete. Wenn ich so blöd war, das Ding im Kofferraum zu vergessen, musste ich jetzt halt die Quittung bezahlen.

Der Regen peitschte mir ins Gesicht, es fast unmöglich machend, noch etwas zu erkennen, weswegen ich betete, nicht über eine Wurzel zu stolpern. Tatsächlich schaffte ich es ohne Umknicken zum Cabrio, wo ich schnell meine Sachen schnappte und danach wieder zurückjoggte.

Sobald ich allerdings wieder die Hütte erreicht hatte, blieb ich aprupt im Türrahmen stehen. Louis hatte Harry auf seinen Schoß gezogen, wodurch dieser seinen Kopf in dessen Brust vergraben hatte. Ich konnte verstehen, wie Louis ihm leise 'Look After You', sein absolutes Lieblingslied, ins Ohr sang und dabei immer wieder über seine Locken strich.

Ich lächelte, erneut verzaubert davon, wie die beiden auf Anhieb miteinander harmonierten und wie sicher Louis dabei war, Harry zu helfen.

Körperkontakt war in solchen Fällen mehr als nötig, aber statt den armen Kerl in den Arm zu nehmen, passierte es oft, dass die Leute Harry bloß anstarrten, wenn sie Zeuge von einer Panikattake wurden.

Nicht so Louis. Er hielt Harry, der eigentlich größer war, sodass seine Beine von der Bank baumelten,  und stand ihm bei, während draußen der Sturm vorbeizog.

meinungen? ich liebe euch. x (ich werde ab jetzt jedes kapitel jemandem widmen)

draw what you see - larry ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt