• Fünfunddreißig •

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Kols Sicht:

"Kol, unsere Mutter möchte mit dir reden", unterbrach Elijah unseren Tanz.
Ich verdrehte die Augen. Mein geliebter Bruder hatte wirklichen ein ausgesprochenes Talent dafür, in den unpassendsten Momenten aufzutauchen.
Ich seufzte. "Ich gehe gleich zu ihr", antwortete ich genervt.
"Geh schon, sonst reißt sie dir noch den Kopf ab", mischte Delilah sich ein.
"Wahrscheinlich", meinte ich.
"Ich übernehme gerne", meinte Elijah lächelnd und nahm Delilah an der Hand.
Ich hatte nichts dagegen, weil mein Bruder ein ausgesprochen edler Mann war und ich wusste, dass Delilah ihn gut leiden konnte. 

So schnell es ging lief ich zum oberen Wohnzimmer, in dem sich unsere Mutter aufhielt.
So kaltherzig das klingen mochte, ich konnte sie noch nie leiden.
"Kol", begrüßte sie mich und ich lehnte mich kühl lächelnd an die Lehne unseres Sofas.
"Finn, wie immer das Schoßhündchen", meinte ich, als ich meinen ältesten Bruder auf dem Sessel neben Mutter sitzen sah.
"Im Gegensatz zu dir bin ich ein guter Sohn, Bruder."
Lieber war ich ein ehrlicher Verräter als dieser Frau ein guter Sohn zu sein. 

"Bitte hebt euch eure Streitereien für einen anderen Zeitpunkt auf. Kol, wir müssen reden."
"Können wir das bitte so schnell wie möglich hinter uns bringen?", bat ich genervt.
"Na gut. Du sollst kooperieren." Ich hob eine Braue.
"Bei was?", fragte ich, obwohl ich genau wusste was sie meinte.
"Dein Blut", sagte sie direkt.
Kalt lachte ich. Sie wollte meine Geschwister und mich tot sehen, aber ich würde ihr ganz sicher nicht dabei helfen, meine Familie und mich umzubringen. 

"Natürlich. Soll ich mir vielleicht direkt einen Weißeichenpfahl ins Herz rammen?", fragte ich sarkastisch und wandte mich zum gehen.
Dieses Gespräch würde niemanden weiter bringen und genau deswegen hatte ich auch keine Lust es weiter zu führen.
"Na schön, Kol, das war die höfliche Tour. Es gibt jemanden, den du liebst und wir können über sie erreichen, was wir wollen."
Das war der Moment in dem mir das Blut in den Adern gefror. Delilah. Wieso?
"An wen bitte denkst du?", fragte ich und drehte mich zu den beiden um.
"Delilah Salvatore. Du kannst dieses Mädchen unmöglich die ganze Zeit bewachen und beschützen und wenn du nicht kooperierst..."
 Ich lachte kalt. "Mutter, du denkst wirklich sie würde mir etwas bedeuten?", fragte ich amüsiert.

Zumindest tat ich so, als sei ich es; Sie mussten den Eindruck bekommen, dass Delilah mir nicht das Geringste bedeuten würde, nur so konnte ich die davon abhalten, ihr in irgendeiner Weise zu schaden.
Finn hob die Brauen.
"Wenn sie dir gleichgültig ist, weswegen bist du dann mit ihr zusammen?"
Erneut lachte ich.
Über eintausend Jahre Übung im Schauspielern und lügen brachten mich im Moment wirklich weiter. 

"Unterhaltung, Bruder. Ich bitte dich, Finn, erzähl mir nicht, du hättest das noch nie getan."
"Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben soll, Kol", meinte Mutter.
Ich zuckte mit den Schultern. "Wegen mir."
Mit diesen Worten verließ ich das Zimmer. 

Ich ließ es mir nicht anmerken, doch ich war am Boden zerstört.
Ich musste vortäuschen, Delilah wäre mir egal. Doch das konnte ich nicht, wenn ich weiterhin mit ihr zusammen war. Ein solches Lügengerüst würde innerhalb weniger Tage zusammenbrechen. Ich wollte mich nicht von ihr trennen, doch ich sah keinen anderen Weg. 

Für einen kurzen Moment dachte ich darüber nach, die Menschlichkeit abzustellen, doch das würde mich verraten.
Einmal atmete ich tief durch, bevor ich zurück in den Tanzsaal ging.
Delilah stand inzwischen zusammen mit Tyler an einem Tisch und trank etwas. Sie lachte und wahrscheinlich war das das letzte mal, wann ich sie in nächster Zeit in meiner Gegenwart lachen sehen konnte.
Sie war so unheimlich schön, wenn sie lachte.
Es war beinahe, als würde sich ihre Fröhlichkeit dann zum Teil auf mich übertragen. 

Als ich bei den beiden angelangt war, hätte ich sie am liebsten an mich gezogen, geküsst und so getan als wäre alles in Ordnung.
Doch das würde ihren Tod oder Schlimmeres bedeuten.
"Delilah, komm mit", sagte ich kalt und ihr lachen verstummte. An ihrem Gesicht konnte man ihren Unmut erkennen.
"Was ist los?"
"Wir müssen reden", antwortete ich und ging ihr voran aus dem Haus.
"Kol, ist alles in Ordnung?", fragte sie besorgt, als ich mich in unserem Garten zu ihr umdrehte. "Bestens", meinte ich immer noch mit der Stimme, die normalerweise nur die Menschen zu hören bekamen, die ich wirklich verabscheute.
"Ich bitte dich-" 

"Delilah, ich weiß nicht, wieso du es nicht schon früher bemerkt hast, denn dumm bist du nicht. Aber ich liebte dich nicht."
Ich konnte ihr ansehen, dass das das Letzte war, was sie erwartet hatte.
Ihr Blick brachte mich fast um. Ihre dunkelbraunen Augen glänzten und ich wusste, wie sehr sie sich zusammen riss, um nicht vor mir zu weinen.
Wenn sie etwas gesagt hätte, hätte es alles nur noch schlimmer gemacht, also ließ ich sie überhaupt nicht zu Wort kommen. 

"Ich liebe Christin. Als sie gekommen ist, wusste ich einfach, dass wir zu früh voneinander getrennt wurden."
Das war ebenfalls gelogen. Ich mochte Christin, doch keines Falls auf die Art und Weise, wie ich früher für sie empfunden hatte.
An dem Abend, an dem wir einander zum ersten Mal wieder gesehen hatten, hatten wir viel geredet, doch wir waren nicht füreinander gemacht. Nicht mehr.
Delilah schaute zur Seite und ich hörte, dass ihr Herz raste.
"Okay", sagte sie, doch ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. Als sie mir erneut in die Augen blickte, war mein Herz kurz davor zu zerspringen.
Ich wollte das nicht. Ich wollte sie nicht wegen mir so unglücklich sehen. Ich wollte nicht derjenige sein, der sie allein ließ. 

"Du hast recht, ich hätte früher darauf kommen sollen. Schönes Leben noch, Kol Mikaelson", sagte sie und ging an mir vorbei, ohne dass ich vorher noch etwas sagte.
So schrecklich hatte ich zuletzt vor über einem Jahrhundert gefühlt.
Denn obwohl sie diejenige war, sie gerade gegangen war, war ich derjenige, der sie verlassen hatte.

》Salvatore-Sister || TVD/TO《Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt