Meine Mam beschloss eines Tages dann, sich von ihm zu trennen. Sie gab ihm sechs Monate Zeit, sich eine neue Wohnung zu suchen und auszuziehen.
Am 1.8.2009 wollte ich zusammen mit anderen eine Mountainbikepiste wiederherrichten. Wir alle leisteten Dienst als freiwillige Helfer. Wir richteten unter anderem Wanderwege wieder her und verschönerten die Gegend, was eigentlich hieß, bei knallender Sonne mit dem Pickel Rillen für die Umrandung von Blumenbeeten auszuheben, wobei wir einmal auf ein Massengrab aus dem ersten Weltkrieg gestoßen sind.
An dem Tag war eine Mountainbikepiste fünf Kilometer weiter hinten in den Bergen dran. Eigentlich wäre ich mit dem Fahrrad dahin gefahren, aber es war wieder einmal kaputt und der Roller war in der Werkstatt ( die Zündspule war durchgeschmort ). Deshalb wurde icb abgeholt. Während ich also wartete, sah ich, wie die beiden zur Arbeit fuhren. Allerdings fuhren sie nicht hoch, sondern runter. Ich dachte mir, dass sie wohl noch was vorher einkaufen müssten. Ich wurde dann abgeholt und wir richteten für die nächsten Stunden die Piste wieder her. Als ich dann wieder zurück war, war die Straße gesperrt. Ohne mir was zu denken ging ich heim. Den Hausschlüssel hatte ich dummerweise im Roller gelassen und die Tür war abgeschlossen. Ich wunderte mich, weil die beiden eigentlich wieder zurück sein mussten. Ich ging deshalb zur Bar nebendran, da der Besitzer uns gut kannt, und fragte, ob er etwas wisse. In der Zwischenzeit hörte ich, wie die Leute sich erzählten, dass sich ein deutscher Tourist umgebracht hätte, und sah, wie ein baugleiches Auto wie das meiner Mam hochfuhr. Der Barbesitzer sagte nach ein-zwei Minuten zu mir, ich solle zu einer Ladenbesitzerin, die uns seit Jahren kannte, gehen. Die würde mehr wissen.
Als ich dort ankam, sah ich sofort meine Mam weinend im Büro sitzen. Mein Blick ging auf den Tisch, wo vor ihr ein Espresso im Plastikbecher und ein voller Aschenbecher stand und der Autoschlüssel lag. Ich setzte mich neben sie und fragte, was passiert sei. Sie sagte mir, dass er einen Autounfall gehabt hätte, woraufhin ich alles verstand. Die Gespräche der Leute. "Mama, verarschen kann ich mich selber! Was ist passiert? Ein Unfall wars nicht. Ich hab den Wagen gesehen und der Schlüssel liegt hier. Was ist los?" Daraufhin erzählte sie mir alles.
Sie wollten zu einem Appartement fahren, aber er bog an der Stelle, an der ich stand anderst ab. Nach ein paar Kilometern hielt er am Straßenrand an und sie stiegen aus und stritten wieder einmal. Meine Mam drehte sich um, um eine neue Schachtel Kippen aus dem Auto zu nehmen, als er sie an der Schulter packte und "Ciao" sagte. Sie drehte sich im nächsten Augenblick um, und sah wie er gerade sprang.
Später erfuhren wir, dass er das schon lange geplant hatte. Auserdem wollte er noch vor seinem Geburtstag sterben, weil er unbedingt mit 42 abnippeln wollte. Er war ein Riesenfan von "Per Anhalter durch die Galaxis".
Die folgenden Monate waren verrückt. Ich begann, für meine kleine Schwester wie ein Vater zu sein, während unsere Mam es sich gründlich verscherzte. Folgendes Beispiel: "Mama, machst du uns was zu essen?" "Gleich." Sie hockte am PC. Facebook. Eine halbe Stunde später: "Mama, machst du uns was zu essen?!" "Einen Moment." Immer noch auf Facebook. Das ging zwei Stunden lang so, bis ich mir und meiner Schwester etwas kochte. Das war mein erstes Mal am Herd. Aber es machte wenigstens satt. Wir waren zwar nicht allein, aber trotzdem auf uns gestellt. Für das ganze nächste Jahr. Dann hatte unsere Mam einen neuen Freund.
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Life sucks
Non-FictionWer Kinder hat, mag, oder im Sozialdienst arbeitet, sollte um das hier zu lesen abgebrüht sein. Hier kommt jetzt einmal die nackte Wahrheit über die Kindheit eines Jungen. In diesem Buch mag vieles unglaublich erscheinen, aber es ist alles wahr. Ich...