Meine Schwester und ich setzten alles daran, dass er ging. Denn er war ein Riesenarschloch. Er war genauso wie sein Vorgänger, nur dass diesmal auch meine Schwester das Nachsehen hatte. Schließlicb war sie auch nicht sein Kind. Einmal zum Beispiel verprügelte er sie beim Abendessen quer über den Tisch mit einem Schuh.
Damals fing auch meine Schwester mit dem Rauchen an. Sie war gerade einmal 12 Jahre alt. Aber niemand sagte etwas.
Er versuchte, alles zu kontrollieren. Wer wann wo was macht. Er wollte alles bestimmen. Aber meine Schwester und ich spielten da nicht so mit, wie er es wollte. Dann fing er an, unsere Mam auf uns Druck ausüben zu lassen. Später machte er es dann selber. Es ging dann soweit, dass wir nur noch bestimmen konnten, wann wir rauchen und aufs Klo gehen. Als er dann auch noch das wollte, tickte ich aus. Um ein Haar hätte ich ihn totgeschlagen, ließ es dann aber bleiben. Das war das einzige Mal, dass er nackte Panik in seinen Augen hatte. Er verschwand sofort oben im Zimmer und tauchte erst zum Abendessen wieder auf.
Ich hatte inzwischen meinen Therapeuten gewechselt und diesmal kam niemand mit. Endlich konnte ich einmal alles erzählen. Dachte ich jedenfalls. Nach den ersten Terminen wollte sie nicht mehr wissen, was passiert, sondern fragte nur, wie die letzten beiden Wochen verlaufen sind. Gut oder schlecht. Jedes mal war die Antwort die gleiche: Schlecht. Mehr redeten wir nicht.
Eines Abends dann kam es wieder einmal zum Streit. Ich weiss nicht mehr, worum es diesmal ging, schließlich gab es jeden Abend Streit. Ich hatte einmal versucht, Tagebuch zu führen, habe es aber nach dem zweiten Tag verbrannt, weil ich mich nicht erinnern wollte, wie die anderen Tage verlaufen sind. Jedenfalls fand meine Mam mich dann auf dem Friedhof fünf Kilometer weiter, wie ich zu den Toten betete, und sie bat, ihn zu holen. Am nächsten Morgen ging es sofort zum Therapeuten, welche mich dann unter einem Vorwand in eine Psychiatrie einwieß. Am Mittag kam sie dann nach, und fragte, ob es mir jetzt besser ginge. Sie habe sich denken können, warum ich am Abend vorher dort war und ich solle mich jetzt mal erholen, damit ich wieder fit werde.
Dann kam Weihnachten. Meine Schwester war seit September in Meersburg am Bodensee auf einem Internat. Und wir fuhren über die Weihnachtsfeiertage zu unseren Verwandten dort, während wir vier dann Sylvester zusammen in Italien verbringen wollten. Doch es sollte anderst ablaufen als geplant.
Wir kamen am 23.12. spät abends an, aßen eine Kleinigkeit und gingen schlafen. Am Abend darauf war Bescherung und wir aßen alle zusammen Fondue. Bis dahin lief alles friedlich ab. Doch dann ging alles den Bach runter. Meine Oma wollte endlich mal nach Jahren wieder einen Nachmittag mit ihren beiden Töchtern verbringen. Ihm passte das nicht in den Kragen. Es kam mal wieder zu einem Streit, woraufhin unsere Tante mit ihrer Mam wegfuhr, während meine Mam mit ihm weiterhin sich stritt. Es endete schließlich damit, dass wir abends unsere Sachen ins Auto packten und ohne uns zu verabschieden losfuhren.
Die nächsten Tage war wieder Ruhe. An Sylvester kochten wir den ganzen Tag und aßen dann zusammen mit unseren Nachbarn. Die sind dann um halb zwölf gegangen, und wir blieben allein. Gegen zwei Uhr beschloss unsere Mam dann, dass er genug getrunken habe, und schmiss die Weinflasche ins Spülbecken. Sehr großer Fehler. Er schlug auf den Tisch, sodass sämtliche Gläser runterfielen, und wütete im ganzen Haus, während er unsere Mam anbrüllte. Meine Schwester hatte vorsorglich eine Porzellanglocke abgehängt, welche ein Familienerbstück ist. Zum Glück, denn sonst wäre die kaputt gegangen. Nachdem er eine halbe Stunde gewütet hatte, waren überall Scherben und Kabelfetzen verteilt. Meiner Schwester und mir verbot er, aufzuräumen, das solle unsere Mam machen, da sie Schuld sei. Und seine größte Sorge war, dass die Katze in die Scherben treten könnte.
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Life sucks
Non-FictionWer Kinder hat, mag, oder im Sozialdienst arbeitet, sollte um das hier zu lesen abgebrüht sein. Hier kommt jetzt einmal die nackte Wahrheit über die Kindheit eines Jungen. In diesem Buch mag vieles unglaublich erscheinen, aber es ist alles wahr. Ich...