"Started a stranger"
~Dangerous Night by Thirty Seconds to Mars~Einige Wochen später hatte ich wieder Wachdienst mit Tuilinn. Gleicher Tag, gleiche Zeit, gleicher Ort. Mittlerweile war das zur Routine für uns beide geworden, denn immer am Orgilion (Montag; Tag der Sterne) hatten wir in den Abend und Nachstunden Wachdienst im Kerker. Die ganze Zeit dachte ich an den Elbling und seine strahlend blauen Augen, die mich so sehr an meinen Sohn, aber auch ein wenig an mich selbst erinnerten, zumindest bevor ich zu dem Dämon wurde, der ich jetzt war. "Du bist so schweigsam." Tuilinns Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich zuckte nur kurz mit den Schultern. Eigentlich wollte ich nicht darüber sprechen, aus Angst, meine Vermutung würde dafür sorgen, dass ich als schwach und weich gelten würde. Und das hätte in der Gesellschaft in der ich lebte Konsequenzen, denn wer sich hier schwach und weichherzig zeigte, war kein richtiges Mitglied der Gesellschaft mehr, schließlich hatten wir alle bei der Aufnahme in die Gesellschaft von Raugothrond geschworen, niemals Mitleid oder gar Liebe für jemand anderen zu empfinden. Obwohl ich das sowieso kaum für möglich hielt, wo ich selbst kaum noch Gefühle jeglicher Art hatte. "Thranduil?", fragte Tuilinn. "Ich...nichts. Alles in Ordnung", sagte ich und starrte weiterhin geradeaus. "Das glaube ich nicht. Dich beschäftigt doch etwas", entgegnete sie und sah mich mit aufmerksamen Augen an. Ich zögerte noch mit meiner Antwort, als ich die Stimme des Elblings leise ein Lied summen hörte. "Das beschäftigt mich", sagte ich leise zu Tuilinn und sah über meine Schulter in den dunklen Gang nach hinten. Ein wenig erstaunt sah Tuilinn mich an und packte mich dann erschrocken am Arm. "Du...hast doch nicht etwa Mitleid!?", fragte sie erschrocken. "Nein, ich...es ist eine Vermutung die mich so sehr beschäftigt", entgegnete ich. Tuilinn sah mich daraufhin fragend an. "Komm", sagte ich, stand auf und lief langsam dem Gang mach hinten zur Zelle des Elblings. Dort angekommen nahm ich die Fackel aus der Halterung und hielt sie vor mich, sodass mehr Licht in die Zelle fiel. Als der Elbling uns bemerkte, verstummte er sofort und starrte uns an. Tuilinn betrachtete den Elbling genau und blieb, ebenso wie ich, an seinen blauen Augen hängen. "Er hat dieselbe Augenfarbe wie du", stellte sie fest und sah zu mir, "Naja, zumindest auf einem Auge." Ich antwortete jedoch nicht, sondern starrte den Elbling weiter an. "Woher kennst du dieses Lied?", fragte ich schließlich, denn mir kam es irgendwie bekannt vor. "Von meinem Ada (Papa)", antwortete der Elbling und seine Stimme klang erstaunlich fest. "Und wer ist dein Vater?", fragte ich weiter. "Sag ich nicht!", entgegnete der Elbling trotzig. "Warum nicht?", schaltete sich nun auch Tuilinn ein. "Ihr seid böse", sagte der Elbling nur. Kurz herrschte Schweigen, bis Tuilinn etwas auffiel, was mir offenbar entgangen war. "Siehst du das?", fragte sie mich flüsternd, worauf ich sie fragend ansah. "Er trägt eine Kette um den Hals", erklärte sie und da sah ich es auch. Eine dünne, silberne Kette mit einem aufwändig gearbeiteten Amulett, ebenfalls aus Silber und mit einem Edelstein in der Mitte (siehe Bild). Ich betrachtete den Edelstein genauer, doch durch das wenige, flackernde Licht der Fackel konnte ich dessen Farbe nicht genau erkennen. "Hast du diese Kette auch von deinem Adar (Vater)?", fragte ich und der Elbling nickte leicht. "Was ist das für ein Edelstein?", fragte ich weiter, denn ich hatte die starke Vermutung, dass es sich bei dem Edelstein um einen Galadh-gonui ("Tree of stone" ; von mir erfundener Edelstein aus dem Waldlandreich) handelte. Diese Edelsteine gab es nur im Waldlandreich und sie waren der Königsfamilie vorbehalten. Handelte es sich wirklich um einen Galadh-gonui, wäre meine Vermutung bestätigt. "Weiß ich nicht", antwortete der Elbling auf meine Frage. Daraufhin fasste ich einen Entschluss, holte den Schlüssel für die Zelle des Elblings hervor und schloss die Gittertür auf. "Thranduil was tust du da!?", zischte Tuilinn. "Keine Sorge es passiert schon nichts", entgegnete ich und ging auf den Elbling zu. Er rutschte ein bisschen weiter zurück an die Wand, bemühte sich aber, sonst keine Angst zu zeigen. "Keine Angst, ich will nur deine Kette betrachten", sagte ich und setzte meine Worte sogleich auch in die Tat um. Doch schon im nächsten Augenblick zuckte ich regelrecht zurück, denn der Edelstein war tatsächlich ein Galadh-gonui. "Dein Vater ist...der König des Waldlandreiches...!?", sagte ich und sah ihn an, in der Hoffnung er würde verneinen. Doch stattdessen nickte er leicht. Ich starrte den Elbling an, während ich mich erhob, die Zelle verließ und die Gittertür verschloss. Alles wirkte wie in Zeitlupe, während meine Gedanken sich überschlugen. Das Aussehen des Elblings, die Tatsache dass er einen Galadh-gonui bei sich trug und dass sein Vater der König des Waldlandreiches war, bestätigten meine Vermutung ohne weitere Zweifel. Dieser Elbling war der Sohn des Waldlandkönigs, welcher mein Sohn Legolas Grünblatt sein musste, es sei denn er hätte die Krone abgelegt. "Ist der König Legolas Grünblatt? ", fragte ich den Elbling und wieder nickte dieser. Als ich das Nicken des Elblings sah, fiel mir, wie bei der ersten Begegnung mit ihm, die Fackel aus der Hand. Allerdings traf sie nicht auf dem Boden auf, sondern wurde von Tuilinn aufgefangen. "Thranduil was in aller Welt ist hier los?", fragte sie, doch bevor ich antworten konnte, hörten wir die Wachablösung die Treppe hinunterlaufen. Schnell liefen wir zurück zu unseren Wachplätzen und schon wenige Sekunden später erreichten Heledir und ein mir unbekannter Mann den Platz. "Ach, hallo Tuilinn", sagte Heledir und musterte sie einmal von oben bis unten, "Neues Kleid?" "Was geht dich das an!?", entgegnete Tuilinn. "Steht dir", meinte Heledir mit einen anzüglichen Grinsen. "Danke", sagte Tuilinn sarkastisch und verdrehte die Augen. Offenbar war sie nicht sehr angetan von Heledir und seinen Versuchen, sie zu beeindrucken. Heledirs Begleiter hatte inzwischen mit der Kontrolle der Zellen begonnen, doch Heledir machte keine Anstalten dasselbe zu tun. Stattdessen näherte er sich Tuilinn. Sie wich nicht zurück, sondern verschränkte nur die Arme vor der Brust. "Was willst du, Heledir?", fragte sie sichtlich genervt. "Dich", antwortete er, "Was hältst du von einem kleinen Treffen in meinem Zimmer? Ich habe nur zwei Stunden Wachdienst und danach sehr viel Zeit..." Ich sah dass Heledir ihr mit den Händen über die Taille strich, doch im nächsten Moment verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige. "Fass mich nicht an!", zischte sie. "Du hast Temperament", meinte Heledir grinsend, "Das gefällt mir!" "Mir ist egal was dir gefällt! Aber mit dir lande ich bestimmt nicht im Bett!!!", zischte sie. Heledir lachte auf. "Früher oder später kriege ich dich in mein Bett", meinte er, "Vielleicht ja sogar mehrmals wenn du mir gut gefällst." "Vergiss es, du widerst mich an!", entgegnete Tuilinn und rauschte an ihm vorbei die Treppe nach oben. Heledir pfiff ihr noch hinterher, bevor er sich an mich wandte. "Ich warne dich! Sollte ich herausfinden dass du sie dir genommen hast wirst du dir wünschen nie geboren worden zu sein!", zischte er drohend. "Deine 'Sorge' ist unbegründet, Heledir. Ich hatte nie die Absicht mit ihr zu schlafen", entgegnete ich ruhig und verließ die Kerker ebenfalls. Ich machte mich auf den direkten Weg in mein Zimmer, um die, nach Kerker stinkenden, Klamotten loszuwerden, allerdings wusste ich nicht, dass ich bereits erwartet wurde.
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♦️Where my demons hide♦️
Fantasy》Der Name des Elblings {...} passte zu meiner Situation, denn er war meine einzige Hoffnung meinen Sohn noch ein letztes Mal zu sehen.《 Vor nun schon fast 100 Jahren ist Thranduil, Orophers Sohn und König des Düsterwaldes spurlos aus dem Waldlandrei...