Keep bleeding (Steve and Bucky)

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Drei Monate.

Drei verdammte Monate lag er schon im künstlichen Koma.

Verzeiht mir meine schroffe Ausdrucksweise, aber ich habe gelernt, dass kleine Nettigkeiten und Aufmerksamkeit die Welt nicht zu einem besseren Ort machten.

Ich dachte, er wäre sie los geworden. Ich hatte wirklich gedacht und es auch geglaubt, so naiv und dumm wie ich bin, dass er Hydra endlich los geworden war.

Aber wie immer lag ich völlig falsch.

Hydra war nicht weg. Sie waren nie ganz verschwunden. Tief in den Synapsen seines Gehirns waren sie noch immer.

Der Tag hat sich in mein Gedächtnis gebrannt, wie der Tag, an dem man ihn für tot erklärte.

Dabei war er immer da.

Er war nie wirklich tot, nie wirklich weg.

Wanda und Bucky hatten viel gemeinsam, auch Hydra.

Mit dem Unterschied, dass man ihm nicht die Wahl gelassen hatte.

Wann immer ich auch alleine war und alles verlor hatte. Er war immer da. Für mich.

Ich habe viel zu spät realisiert, dass Bucky ein fester Bestandteil meines traurigen Lebens war. Wie tief und dunkel der Weg war, er war mein Licht. Meine kleine Überlebenschance. Wenn es sich für nichts mehr zu kämpfen lohnte, gab Bucky mir einen Grund, wieder aufzustehen. Und irgendwann wurde er zu diesem einen Grund. Er wurde zu meinem positivem Lebenswillen. Erst recht dann, als ich ihn lieben lernte.

Vor nicht einmal einem Jahr.

Hydra und die Zeit nahmen uns so viel davon. Sie nahmen ihn mir weg. Und dafür hatte ich sie alle getötet. Dennoch haben sie etwas in ihm hinterlassen, was meinen Bucky krank werden ließ. Und ihn jetzt um sein Leben kämpfen ließ. Während ich daneben stand und nichts tun konnte.

"Buck.." schluckte ich trocken und setzte mich auf das Krankenbett. Meine zittrige Hand griff nach seinem blassen, dünnen Finger und vorsichtig beugte ich mich nach vorn, um seine Haut ein letztes mal zu küssen.

Die drei Monate waren vorbei. Und Cho erklärte, dass ihn nichts mehr zurück bringen konnte.

Ich wehrte mich nicht dagegen, die Geräte abschalten zu lassen, denn es gab nichts was er sehnlichster verdient hatte, als seinen Frieden.

Erst jetzt bemerkte ich, wie meine Sicht immer verschwommener wurde und die ersten Tränen sich ihren Weg über meine blasse Haut bahnten. Ich würde ihn verlieren. Ich würde Bucky nie wieder sehen. Jetzt spürte ich zum ersten mal in meinem Leben, wie es sich anfühlte, zu verlieren. Und ein gebrochenes Herz war ein feuchter Dreck dagegen.

"Ich will dich nicht aufgeben." Hauchte ich und wischte meine Tränen weg "Aber es würde dich nur unnötig quälen, wenn ich auf das Unmögliche hoffen würde."

Kurz lachte ich und strich über seinen Unterarm. Ich musste daran denken, wie Bucky damals zu mir kam und sagte, dass er mich liebte.

Wir steckten mitten in einem Kampf um Leben und Tod und als hätten wir alle Zeit der Welt, kam er zu mir und küsste mich. Einfach so. Damals hatten wir auch noch alle Zeit der Welt. Damals waren wir unsterblich. Unvergänglich. Und heute gab es nichts, was ihn zu mir zurück bringen würde.

Mit ihm waren auch wir gestorben. Mit ihm, war auch ich gegangen. Nichts hielt mich mehr hier und warum sollte ich hier verweilen, wenn Bucky auf der anderen Seite, mit einem Lächeln, auf mich warten würde?

Ich konnte die Tränen nicht länger zurück halten. Die Welle der Trauer rannte über mich, als wäre das Dach über mir, unter der schweren Last zusammen gebrochen. So fühlte es sich zumindest an.

Für einen Moment vergaß ich, dass ich ihn in seiner wunderschönen Ruhe störte und warf mich weinend um seinen Hals.

Nein, Ich weinte nicht.

Ich ließ den Druck, die Angst der Zukunft und die Wut auf Hydra mit einem Schlag aus mir heraus.

"Komm schon, lass mich nicht alleine!" Schrie ich gegen seinen Hals und schlang die Arme um seinen, wie im Schlaf liegenden Körper und  drückte mich an ihn.

Ein letztes Mal. Ein aller letztes Mal wollte ich ihn spüren, wie beim ersten mal. Ich wollte ihn küssen, als gäbe es kein Morgen. Als würde die Welt um uns herum stehen bleiben und wir ewig, gefangen in der ein und selben Zeitschleife.

Ich wollte ihn doch nur noch einmal spüren, wie damals in Brooklyn. 

Stattdessen musste ich ihn bald beerdigen.

Verdammt.

Jetzt wusste ich, wie es sich anfühlte, ohne Leben leben zu müssen.

James Buchanan Barnes hatte das aus mit gemacht, was ich heute war.

Ein ehrlicher, aufrichtiger Mann, der stets für seine Träume kämpfte. Auch wenn dieser Traum in seinen Armen lag und nie wieder wach werden würde.

Ich schrie gegen seine Brust, wollte die Realität nicht wahr haben, nicht verstehen wollen.

Wer will schon verstehen, dass man seine große Liebe zu Grabe tragen musste?

Wieso konnte ich nicht einfach mit ihm sterben?

Warum musste ich weiter auf diesem Planeten leben, bis mich irgendjemand oder die Zeit, dahin raffen würde?

Weshalb war es nur so schwer zu verstehen, dass Bucky mich nie wieder mit seinen blauen Augen ansehen würde und meinen Namen nie wieder so aussprechen würde, wie an diesem einen Tag? Dass er nie wieder zu mir sagen können würde, dass er mich liebt? Dass er nie wieder irgendwas sagen würde.

Wenn ich eins gelernt habe durch ihn, dann war es die Tatsache, dass die schönen Momente viel zu schnell vorbei waren und die Schlechten bereits in der Schlange standen und sich darum prügelten, wer als nächstes etwas zerstören darf.

"Bitte, gib mir einen Grund, an das Gute zu glauben. An mich zu glauben. Nicht aufzugeben!" Wie ein Wasserfall raste alles Negative aus mir heraus und verzweifelt suchte ich nach einem Funken Hoffnung in mir. Nach Bucky. Nach seinem Lächeln. Seinen Worten.

Vergebens.

Mit ihm war alles in mir verschwunden.

"Bucky..." Schluchzte ich zwischen drei weiteren Tränen "ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Bitte, vergiss niemals unsere Zeit zu zweit. Vergiss nichts, was wir erlebt haben. Vergiss mich nicht." Japste ich und all meine Kraft ließ von mir, so dass mein Griff lockerer wurde und alle Wörter in Tränen unter gingen.

"Bucky..." Hauchte ich ein letztes Mal "vergiss uns nicht. Ich liebe dich. Egal wo du auch sein wirst."

Gerade als ich den Kopf hob und nach dem Schalter seiner Geräte greifen wollte, legte sich seine Hand auf meinen Unterarm. Erschrocken drehte ich meinen Kopf zu ihm und riss die Augen auf, als ich in das Blau seiner Augen und in sein wunderschönes Lächeln blickte.

"Ich liebe dich auch." Krächzte er leise.

Und als wäre ich ein kleines Kind und man hätte mir meinen Lolli abgenommen, fiel ich ihm und den Hals und weinte. Dann küsste ich ihn. Und wieder. Und wieder. Und dann weinte ich wieder.

Ich weinte, weil er meine Hoffnung war.

Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, nicht zuerst.

Chris Evans & Sebastian Stan (Steve Rogers & Bucky Barnes) [One Shots]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt