Die harte Wirklichkeit?

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Sunny sackte auf der Straße zusammen. Ich konnte meinen eigenen Augen und Ohren nicht trauen. Hatte er da gerade wirklich behauptet, ich hätte ihn verlassen?
Was sollte das bedeuten?

Ich ging auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schulter. Da seine Reaktion etwas verzögert kam, konnte ich reagieren. Er wollte meine Hand wegschlagen, doch ich zog sie zurück, bevor es überhaupt soweit kam.

"Lass mich!", beschwerte er sich und sah mich wütend an. Seine Augen waren rot unterlaufen und ich wusste, dass er die Kontrolle über seinen Körper verloren hatte.
"Du kannst nicht einfach auf der Straße pennen. Geh' in dein Haus. Ist direkt gegenüber.", versuchte ich es nun, doch er schüttelte den Kopf, ohne mich anzusehen. Anscheinend waren seine Hände, die er auf dem Asphalt abstützte, interessanter.

"Verzieh' dich. So wie damals. Das kannst du doch so gut!", zischte er nun und legte sich tatsächlich auf den kalten Asphalt.

Ich hätte ihn liegen lassen sollen. Ich hätte weiterfahren und hoffen sollen, dass ihn entweder jemand überfährt oder ausraubt. Doch stattdessen hob ich ihn hoch und trug ihn zu seiner Haustüre.
Kein Wort oder Gegenwehr kam komischer Weise von seiner Seite. Anscheinend hatte er seine gesamte Kraft aufgebraucht, als er mich angreifen wollte.
Ich tastete unbeholfen seine Taschen ab und fand endlich einen Schlüsselbund mit wenigen Schlüsseln, sodass ich dennoch jeden einzelnen ausprobieren musste.
Erst nach einer Handvoll Versuchen fand ich den passenden und die Türe ging auf.

Ich schaltete das Licht an und sah mich um. Ich sah eine Treppe, die in den zweiten Stock führte und war mir fast schon sicher, dass ich dort sein Schlafzimmer befinden würde.
Noch einmal hielt ich den mittlerweile halb schlafenden Sunny deshalb fest und trug in die Treppen nach oben.

Dort angekommen war es erneut dunkel, weshalb ich nach einem Lichtschalter tastete und mir letztendlich den Weg ausleuchtete, als ich ihn fand.
Nach drei Versuchen öffnete ich endlich sein Schlafzimmer und legte ihn in sein Bett, bevor ich ihm seine Schuhe auszog und ihn zudeckte.

Ich wollte ihn hassen, doch in diesem Moment konnte ich es nicht.
Dimitri war noch wach, denn er sah mich mit hasserfüllten, aber dennoch traurigen Augen an, als ich neben dem Bett in die Knie ging und ihn ansah.

"Was meinst du damit? Ich habe dich verlassen?", wiederholte ich seine Worte von vorhin, die mir noch mehr Fragen lieferten, obwohl ich für Antworten hier her gefahren war.
"Na das was ich eben meinte, du Penner. Und jetz' hau' ab. Du bist schon ma' gegangen, das kannst du jetzt auch.", nuschelte er, da sein Verstand ihn nicht mehr klare Sätze formulieren ließ.
"Sag' mir doch, was du damit meinst. Dann geh' ich auch.", versuchte ich es erneut und konnte es kaum fassen, als ich eine Träne aus seinem Augenwinkel rollen sehen konnte, die in seinem Kopfkissen verschwand, so als hätte sie es nie gegeben.

In mir zog sich mein Brustkorb förmlich zusammen. Niemand würde weinen, wenn er es nicht ernst meinen würde. Ob betrunken oder nicht. Das war Fakt und das wusste ich aus eigener Erfahrung.

Dima schloss seine Augen und schüttelte den Kopf. Mit letzter Kraft sagte er seinen letzten Satz, bevor er einschlief. "Alles hat seinen Grund, Jules."

Mich traf dieser Kosename wie ein Schlag in's Gesicht. Seit langer Zeit hatte mich niemand mehr so gennant. Wie konnte er also nun diesen Namen wissen, den nicht mal meine Cypher des zweiten Ranges wussten?
Hatte er doch mehr Informationen über mich, als ich geglaubt hatte? Oder war da etwas anderes?

"Was hat seinen Grund, Dima?", fragte ich ihn nun, so als wären wir befreundet. "Ich scheiß auf das Privileg, dich so nennen zu dürfen!"
Ich schüttelte seine Schulter, doch er wehrte mich schwach ab. Seine Augen öffnete er jedoch nicht mehr. "Lass' mich.", sagte er mit dünner Stimme und drehte den Rücken zu mir.

Ich wurde sowohl wütend als auch frustriert. Mit zügigen Schritten stand ich auf und verließ sein Haus.
Ich rannte beinahe über die Straße, öffnete mein Auto und schaltete den Motor an, bevor ich zu mir Heim raste.
Dort angekommen riss ich die Haustüre auf und rammte sie wieder mit voller Wucht zu, sodass die umgehenden Fenster daneben leicht zu schwingen begannen.

Ich wusste nicht mehr was ich tun sollte. Ich hätte genauso bei ihm bleiben können. Vielleicht hätte Sunny mir dann am nächsten Morgen Antworten geliefert, doch nun war es schon zu spät.

Ich konnte an meiner Lage nichts mehr ändern und wollte es auch nicht mehr.
"Du willst es so? Du kannst es haben! Du willst auf Geheimnistuerei machen? Okey! Dann wunder' dich nicht wenn ich nicht locker lassen werde!", rief ich aus und wusste, dass mich Dimitri hier nicht mehr hören konnte.
Wahrscheinlich war er schon lange eingeschlafen und konnte somit den Alkohol in seinem Blut abbauen.
Vielleicht wäre er dann zu einer Aussprache fähig.

Für mich stand auf jeden Fall fest, ihn so lange nicht mehr in Frieden zu lassen, bis er entweder kapitulierte oder mir endlich sagte, was hier los war.

Hassliebe [Sun Diego x JuliensBlog FF] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt