Wisperts

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Ich liege im Bett, so, wie ich es bereits seit Tagen mache. Schläfrig, ausgeweint und vollkommen leer, döse ich vor mich hin, will nur noch einschlafen. Endlich träumen dürfen, dieser schrecklich unbarmherzigen Welt entfliehen.

Candy, mein dicker, fluffiger Kater, gibt ein Miauz von sich, bevor er auf mein Bett springt, umher tapst, offenbar eine geeignete Stelle zum schlafen sucht. Einen Augenblick verharrt er kurz, sieht mich mit seinen grünen Augen an, bevor er über mich springt. Er schnurrt auf, kuschelt sich an meinen Rücken, bevor er seinen dicken, kleinen Körper fallen lässt.

Ich ziehe die Decke enger um mich, verstecke mich in ihr. Mich durchströmt eine ungewöhnliche kälte, und das obwohl es Draußen nicht sonderbar kalt ist. Zwar nehmen die Blätter, der Bäume, schon neue, intensive Frühlingsfarben an, jedoch scheint heute die Sonne, wodurch es um drei-vier Grad wärmer ist als sonst. Was ich jedoch nicht ganz mitbekomme, denn ich habe meine Jalousien runter und meine Vorhänge zugezogen. Die aufmunternde Stimmung, die die Sonne verbreitet, kann ich im Moment nicht gebrauchen.

Just in dem Moment, in dem ich beschließe meine Augen zu schließen, um endlich meinen Gedanken ein Ende zu setzen, vibriert mein Handy neben mir auf, lässt eine angestaute Wut in mir aufkommen.

Ich blicke auf den Namen und das Bild meiner Freundin erscheint, jedoch nehme ich den Anruf nicht entgegen.
Nach einigen Sekunden verstummt das Handy wieder, doch ich starre weiterhin auf den jetzt schwarz gewordenen Bildschirm.

Doch der Bildschirm bleibt nicht für lange Schwarz. Keine zehn Sekunden, nachdem sie aufgelegt hat, vibriert erneut mein Handy, wieder erscheint mir Lizzas Gesicht und Name. Aber ich gehe noch immer nicht ans Handy, warte wieder nur, bis sie endlich aufgibt und auflegt. Als es erneut ruhig wird, nehme ich eine meiner dunklen Haarsträhnen zwischen die Finger, betrachte sie. Durch den kleinen Lichtstrahl, der unter der Tür hervorkommt, sehen sie etwas goldener aus, als sie es normal sind.

Obwohl Normalität relativ ist.

Vor Vier Tagen war ich noch Hellblond, jetzt schimmert mein Haar in einem dunklen Schokobraun.

Vor vier Tagen war ich noch der glücklichste Mensch der Welt, jetzt liege ich Tag und Nacht in meinem Zimmer eingesperrt. Verlasse es nur nachts, wenn Dad und Paige schlafen. Schwänze die Vorlesungen, im Vorwand, Krank zu sein.
Ignoriere meine Familie, die vermutlich Krank vor Sorge ist. Ignoriere meine Freunde, die vermutlich Krank vor Sorgen sind.

Erneutes Vibrieren, Lizza scheint heute nicht nachgeben zu wollen.

Mit leicht zitternden Fingern strecke ich meine Hand zu dem Handy, nehme den ersten Anruf seit vier Tagen entgegen.

>> Regan? << Ich antworte nicht, atme nicht, denke nicht.

>> Okay, gut, du musst nicht reden, dass ich vollkommen in Ordnung. Aber bitte hör mir zu. << Sie macht eine gedehnte Pause, Atmet schwer in den Hörer. Sie hört sie an, als wäre sie Meilen weit gerannt.

>> Dein Dad und Beck waren eben in der Schule. Aber nicht nur sie, es war eine ganze Armee dabei! << Erneut hält sie einen ellenlange Pause. Vermutlich wartet sie auf irgendeine Reaktion meinerseits, jedoch gebe ich keinen Mucks von mir. Denn jede Reaktion, die mein Körper bei seinem Namen abgibt, findet nur in meinem inneren statt.

Das schlagen meines Herzens, das rauschen in meinen Ohren, die quälenden Magenschmerzen, die Übelkeit, die Kopfschmerzen, das Gefühl, zu ertrinken. All diese Sachen gehören nicht zu den Dingen, die man sehen kann.

>> Dein Dad und noch so ein hoher Offizier sind Richtung Dekan gegangen. Doch bevor dein Dad gegangen ist, hat er Beck den Auftrag gegeben, dich aus dem Hörsaal zu holen. Vermutlich dachte er, du wärst heute zur Vorlesung. << Mit schlagendem Herzen höre ich Lizza zu, kann mir jedoch denken, weshalb Dad dachte, ich hätte mich endlich dazu aufgerafft, wieder zur Uni zu fahren.

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