Eat Me

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Das unnachgiebige Klingeln meiner Wohnungstür, lässt mich flatternd die Augenlider aufschlagen. Ein gequältes Stöhnen entflieht meiner Kehle, ich ziehe mir die Bettdecke über den Kopf. Jedoch schütz sie mich leider nicht, vor dem, was sich jetzt vermutlich vor meiner Tür befindet.

Noch immer hundemüde, schlage ich die Decke zur Seite, drehe meinen Kopf zur Seite, um die roten Ziffern meiner Uhr lesen zu können. Mit meinen Fäusten reibe ich mir über die verklebten Augen, blinzle, bevor ich etwas erkennen kann.

2:29 am Morgen.

Die Klingel wird noch immer gedrückt und ich entscheide mich, lieber die Tür zu öffnen, bevor die Nachbarn auch noch Wach werden.

Ich rolle meinen schlappen Körper vom Bett, meine nackten Füße berühren das kalte Parkett, und ich tapse durch den Flur, ohne die Lichter einzuschalten. Die Arme um meinen Körper geschlungen, da es unter der Decke um einiges wärmer war, schalte ich eine Nachttischlampe ein, die auf der Kommode gleich neben der Tür steht.

Meine Hände stütze ich auf der Holztür ab, als ich mich auf Zehenspitzen stelle, um durch den Spion linsen zu können.

Das Klingeln hat bereits ein Ende gefunden, und seine grün, braunen Augen starren mich durch die kleine Linse in der Tür zurück an. Ein Schauer durchfährt mich, und ich streiche mir über die Arme, auf der sich bereits eine Gänsehaut gebildet hat. Ich trete einen Schritt von der Tür zurück, verwirrt und ein wenig verängstigt.

Was macht er hier?

>> Mach die Tür auf Liv. << Ertönt seine dunkle Stimme hinter der Tür. Demonstrativ schüttel ich den Kopf, starre auf meine Zehen.

>> Was machst du hier? << Frage ich ihn, fühle mich nicht Sicher in seiner Gegenwart, obwohl sich eine Tür zwischen uns befindet.

>> Bitte, ich bin verletzt. << Ich erstarre, beobachte die Tür, als würde sie sich jeden Moment von alleine öffnen. Doch das macht sie nicht, weshalb ich herantrete, die Tür aufschließe und die Kette abnehme. Und als hätte Roman nur auf diesen Moment gewartet, öffnet er die Tür, läuft gegen mich.

Erschrocken von seiner plötzlichen nähe, zucke ich zusammen, trete einen Schritt zurück.

Doch Roman scheint es nicht zu kümmern. Er lächelt auf mich herab, als wäre es unglaublich belustigend, und schließt daraufhin leise die Tür hinter sich.

Seine Augen funkeln mich belustigt an und erneut bin ich zwiespaltigen, ob er vollkommen irre, oder ein Genie ist. Solange, bis ich meinen Blick von seinem wunderschönen Gesicht reißen kann, und mein Blick auf seiner aufklaffenden Brust hängen bleibt.

Mein Mund öffnet sich und ich gebe einen entsetzen Laut von mir. Kann den Blick nicht von dem blutendem Fleisch nehmen, das mir vermutlich den Boden ruiniert.

>> Was..? << Stottere ich, lege meine zitternden Hände auf seine Wunde, versuche sie vergeblich irgendwie zu schließen. In wenigen Sekunden sind meine Hände blutgetränkt, ebenso wie der Boden unter uns.

>> Roman. << Aus einem mir nicht erkenntlichen Grund, sammeln sich Tränen in meinen Augen.

>> Wir müssen in ein Krankenhaus. << Stammle ich, drücke meine zitternden Hände noch fester gegen seine Brust. Jedoch hilft es nicht, und ich komme mir heillos überfordert mit dieser Situation vor.

>> Nein. << Ertönt nach gefühlten Stunden wieder seine Stimme. Seine riesigen Hände legen sich auf meine, umklammern sie, halten sie.

>> Die Ärzte werden mir nicht helfen können. Ich muss mir selbst helfen. << Flüstert er, tritt näher, bis meine Nase seine Brust berührt.
Wieder einmal wird mit bewusst, wie groß und überlegen er mir ist. Was er wirklich ist.

Zischend befülle ich meine Lungen mit Luft, möchte zurücktreten,jedoch ist Romans Griff unnachgiebig, und er zieht mich zu sich zurück.
Unsanft knalle ich gegen seine knochige Brust, die nur mit wenigen Muskeln umzogen ist.

Wie ein verletzes Tier,wimmere ich auf, fürchte mich vor dem Wesen, welches sich vor mir befindet.

>> Liv bitte. << Seine Stimme ist ein raues gewisper, das es schafft mir die Nackenhaare aufzustellen.
Mit seiner einen Pranke sorgt er dafür, das ich meine Hände nicht von seiner Brust nehmen kann, mit der anderen fährt er meinen Rücken hinab. Erst an der Kuhle unter meinen Schulterblättern macht er halt, übt Druck aus, wodurch unsere Leiber noch mehr aneinander reiben als zuvor.
>> Roman. << Keuche ich erstickt, traue mich nicht, mich auch nur einen Zentimeter zu rühren.
Anstatt meinem verzweifeltem Flehen nachzugehen, beugt seine riesige Gestalt sich über mich, legt seinen Kopf in meiner Halsbeuge ab.
>> Ich brauche dich Liv. << Seine Stimme ist nicht mehr als ein zittern und ich spüre, wie er sein Gesicht vor Schmerz verzieht.
Mein Körper bebt vor Anspannung und Angst. Ich möchte Roman nicht fortschicken. Möchte ihn nicht verlieren.
Aber ich habe angst vor ihm.
Was er getan hat.
Was er tun könnte.
Was er mir antun könnte.
>> Das musste ich mir antun. Um dich wiedersehen zu können. Weil ich dich bauche Liv.
Ich habe das Gefühl verrückt zu werden. Ich sehe Dinge, rieche und Schmecke sie, obwohl ich dass nicht dürfte. << Mein Leib zittert, ich weiß nicht, wie ich fliehen kann. Meine einzige Fluchtmöglichkeit, wird mir versperrt.
>> Bitte Liv, ich brauche dich so sehr. << Seine Stimme zittert verräterisch, doch seine Hände greifen stark und selbstbewusst zu.
Er wird mich nicht gehen lassen.
>> Roman... << Tränen rinnen unaufhaltsam mein Gesicht entlang. Mein Körper würde beben, wenn der Mann vor mir ihn nicht komplett umschließen würde.
>> -ich fürchte mich vor dir. << Schluchzte ich, drücke mein verweintes Gesicht an seine Brust. Seine Hand lässt meine los, die jetzt tatenlos an meinen Seiten herunterbaumeln, während er seine langen Arme um meinen zierlichen Körper schlingen, ihn fest an seinen pressen.
Die Luft aus meinen Lungen entweicht, ich habe das Gefühl, nicht mehr atmen zu können.
Er raubt mir die Luft.
Panik durchzuckt meine Fingerspitzen, schwarze Punkte sammeln sich vor meinen Augen.
Ich höre mein eigenes Keuch, meine Zehenspitzen streifen den Boden nur noch.
>> Roman. << Es hört sich an, als hätte ich einen Sprint hingelegt, um einer Bestie zu entfliehen.
Doch in Wahrheit kann ich ihr nicht entfliehen. Er findet mich, egal wo ich bin.
>> Ohne dich, habe ich mich nicht unter Kontrolle. << Redet er, unbeeindruckt von meinem Flehen.
>>Liv ich bin ein Monster ohne dich.<< Er versenkt sein Gesicht in meiner Halsbeuge, kurz darauf spüre ich seine Tränen. Der Druck lässt nach und ich schnappe panisch nach Luft.  Ein Kloß bildet sich in meiner Kehle, als wir gemeinsam zu Boden sinken. Seine Arme umschließen mich noch immer, dennoch erdrücken sie mich nicht mehr.
Ein Schluchzter überkommt mich und es fühlt sich an, als würde ein Staudamm brechen.
Die Tränen beginnen über mein Gesicht zu Rinnen, und ich gebe fürchterliche,weinerliche Geräusche von mir.
Aus Angst und Verzweiflung klammere ich mich an Roman, kann nicht begreifen was gerade geschehen ist.
>> Ich Liebe dich Liv. << Er hebt sein Gesicht aus meiner Halsbeuge, umgreift mein Gesicht, damit ich ihn ansehe. Eine Gänsehaut überzieht mich, als ich in seine verweinten  Augen sehe. In meinem Magen bildet sich ein Knoten, und ich glaube mich übergeben zu müssen. Stattdessen umgreifen meine zitternden Finger auch sein Gesicht, ziehen es an meines heran, bis sich unsere Lippen berühren. 

Dieser Kuss hat nichts mit Romantik oder Leidenschaft zu tun. Er schmeckt nach purer Verzweiflung und Angst. Nach Abhängigkeit, die mich mein Leben kosten wird.

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