Kapitel 4- Julia

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Er hat mich verlassen. Wieder bin ich alleine. Panisch atme ich ein und aus. Ich bin verdammt nochmal alleine. Plötzlich bin ich unendlich wütend. Wütend auf mich selbst. Habe ich es in gewisser Weise nicht auch verdient, dass man mich alleine lässt? Wer bin ich denn schon? Das Bedürfnis mich zu verletzen macht sich in mir breit und mein Blick fällt auf meine Arme. Ich habe den Schmerz verdient.

Am nächsten Morgen wache ich auf und fühle nichts. Gar nichts. Die alltbekannte Leere ist wieder zurück gekehrt und nimmt die Oberhand über mich. Für mich gibt es nur schwarz oder weiß. Entweder ist alles richtig gut oder richtig schlecht. Und jetzt? Jetzt fühle ich nichts. Mir ist egal, ob ich im Bett liegen bleibe oder aufstehe. Ob ich etwas esse oder nicht.

Später am Nachmittag sitze ich auf dem Sofa und starre aus dem Fenster. Meine Mutter betritt den Raum und mustert mich seufzend. Sie setzt sich neben mich und sieht mich weiterhin stumm an. "Was?", gereizt sehe ich sie an. "Julia, ich möchte, dass du dir wieder einen neuen Therapeuten suchst und dass du in eine Selbsthilfegruppe gehst. Es wird dir bestimmt helfen....", setzt sie an. "Spinnst du?", schreie ich wütend und springe auf. "Ich bin nicht gestört. Ich brauche keine Hilfe". "Julia, bitte". "Du hasst mich. Aber weißt du was ich hasse mich auch", schreie ich aufgebracht und laufe hoch in mein Zimmer.

Warum ich mich eine Woche später doch auf den Weg mache, kann ich gar nicht genau erklären.

Schatten der GesellschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt