Kapitel 10

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Bereits vor drei Stunden hätte Josy da sein müssen. Yuuto hatte bereits mehrfach nach ihr gefragt und wurde sichtlich gereizt. Caprice hatte versucht ihn zu beruhigen, wusste aber nicht, was sie ihm erzählen sollte. Josy hatte ihr erzählt, dass sie zum Grabmal des unbekannten Königs wollte, doch sie hatte auch gesagt, dass sie rechtzeitig da sein wollte. Sie hoffte sehr, dass sie einfach den Zug verpasst hatte und stattdessen in Deling-City geblieben war. Mittlerweile hatte sie jedoch das ungute Gefühl, dass etwas passiert sei. Das Grab war voller Monster. Auch wenn sie wusste, dass Josy zäher war als viele dachten, hatte sie sie nie kämpfen sehen. Wer wusste schon, ob sie es mit solchen Monstern aufnehmen konnte?
Gestresst und mit zitternden Knie setzte sie sich auf die Stufen vor dem Hintereingang. Die SeeDs überall herum beobachteten sie, sprachen jedoch nicht, da sie aufpassen mussten, dass niemand die Absperrungen durchbrach. Sie wusste, dass sie gleich wieder nach oben musste. Yuuto wartete auf sie. Wenn sie nicht hochging, würde er runterkommen. Sie atmete tief durch, versuchte sich zu beruhigen. Obwohl Yuuto sie sicherlich nicht anschreien würde, hatte er eine ziemlich einschüchternde Aura, wenn er sauer war. Es reichte seine bloße Anwesenheit, damit man Angst bekam.
Sie streckte die Füße aus und tippelte mit ihnen auf den letzten Stufen rum. Dann hörte sie ein lautes Brummen. Sie hob den Kopf, konnte aber nichts erkennen. Auch die anderen SeeDs sahen auf und versuchten herauszufinden woher das laute Geräusch kam. Caprice stand auf und sah auf die Straße vor dem Eingang entlang. Das Brummen wurde lauter. Kurz darauf sprangen ein paar Personen zur Seite und ein Motorrad raste an einer schmalen Absperrungslücke vorbei und bremste, mit quietschendem Hinterreifen voran, direkt vor Caprice ab. Sofort stürmten die SeeDs zu ihr hin, doch Caprice erkannte trotz Helm, um wen es sich handelte.
„Alles gut!", rief sie hektisch. „Sie gehört zu mir! Es ist eine Freundin!" Ein wenig gereizt ließen die SeeDs ab, Josy nahm ihren Helm ab.
Eigentlich hatte CAprice vor sie anzuschreien, was ihr einfiele so spät aufzutauchen und dann auch noch mit dem Motorrad, doch als sie das strahlende Gesicht ihrer Freundin sah, war sie völlig irritiert.
„Oh mein Gott!", japste Josy aufgeregt, ließ das Motorrad liegen und legte den Helm daneben. „Du wirst mir niemals glauben was passiert ist!"
„Wo zum Teufel bist du so lange gewesen?", meckerte Caprice. „Dein Vater ist total sauer und... wie siehst du eigentlich aus?" Josy lief die Stufen zu ihr hoch und schnappte sie am Handgelenk. Sie hatte überall Staubreste an ihren Klamotten und ihr Haar sah völlig verwüstet aus.
„Mich hat ein riesen Monster angegriffen.", keuchte sie aufgeregt und riss sie mit sich.
„Was hat dich...?", stammelte Caprice verdattert. „Oh mein Gott, bist du okay?" Ein aufgeregtes und beinahe verrückt klingendes Kichern drang aus Josys Hals und sie lehnte sich an die Eingangstür. Schnell vergrub sie ihr Gesicht in den Händen.
„Anscheinend nicht?", murmelte Caprice. „Was ist denn los mit dir?" Mit einem so breiten Grinsen wie sie es noch nie gesehen hatte, sah Josy sie an und hatte ganz rote Wangen bekommen.
„Ich bin fast draufgegangen!", quiekte sie dann aufgeregt. „Es hat mich durch das halbe Grab gejagt und ich bin am Ende vom Mausoleum gesprungen. Ich hab mir echt hart den Kopf gestoßen und war schon wirklich überzeugt, dass es jetzt vorbei ist." Sie holte tief und atmete mit einem erleichternden Seufzer aus. Jetzt war es offiziell. Sie war verrückt geworden.
„Und das hat dich so gefreut?", fragte Caprice und zog sie von der Tür weg um sie zu öffnen.
„Nein was danach passiert ist aber.", kreischte Josy und stürmte schnell ins Gebäude. „Ich dachte ich bin erledigt und dann war da plötzlich ein Typ!"
„Ein Typ?" Caprice blieb sofort stehen.

„Ja, genau!" träumte Josy und griff sich ans Herz. Sie war vollkommen hin und weg, so etwas hatte sie noch nie bei ihr erlebt. „Ich glaube ich habe den Vater meiner zukünftigen Kinder getroffen." Einen Moment lang starrte Caprice sie nur an, doch schließlich brach sie in Gelächter aus. Josy hatte Recht, sie konnte ihr nicht glauben.
„Ich weiß, dass es eigentlich nicht lustig ist, aber ich glaube du hast dir den Kopf schlimmer gestoßen als du denkst.", sagte sie. Doch Josy hörte sie gar nicht.
„Er sah so gut aus, wie ein Ritter.", hauchte sie verliebt. „Ich habe noch nie so einen hübschen Mann gesehen."
„Josy!", lachte Caprice. „Was sind das für Töne aus deinem Mund?"
„So hörst du dich an wenn du über Daan sprichst!", murmelte sie nur. Sie stieg die Stufen am hinauf und fand sich in einem kleinen Vorraum wieder. Ein kleiner Tresen stand auf der linken Seite, im Raum verteilt standen etwa zehn SeeDs.
„Ich glaub das nicht.", sagte Caprice matt. „Josy schwärmt von einem Typen." Sie lief ihrer Freundin hinterher. Josy jedoch seufzte nur verliebt und schien in ihrer eigenen Welt zu sein. Caprice bemerkte den Zustand ihrer Klamotten.
„Du kannst doch nicht so da aufkreuzen.", sagte sie dann. „Abgesehen davon, dass dein Pullover und deine Hose verdreckt sind, sieht dein Haar aus als hättest du auf der ganzen Fahrt keinen Helm getragen... und wärst durch einen Buschgerast." Sie griff nach einem Zweig und zog ihn ihr aus dem langen Haar.
„Kein Stress!", winkte Josy ab. „Ich hab mein Kleid hier drunter und Schuhe und Haarbürste im Rucksack. Ich brauche nur noch ein Zimmer wo ich mich umziehen kann."
„Ich glaube kaum, dass du Zeit dafür hast.", piepste Caprice dann und deutete auf die Anzeige des Fahrstuhls. „Ich glaube dein Vater kommt grade runter."
„Scheiße!", rief Josy und warf Caprice den Rucksack zu. „Hol meine Schuhe raus schnell!" Die Etagenzahl des Aufzuges wurde langsam kleiner und die Mädchen stürmten so schnell sie konnten auf die andere Seite der hinteren Empfangshalle. Josy riss sich den Pullover vom Kopf und warf ihn ihrer Freundin zu. Die SeeDs sahen den Beiden ein wenig irritiert zu.
„Hast du meine Schuhe?", rief sie gestresst. Sie hatte den unteren Teil ihres Kleides in die Hose gestopft und zog ihn nun heraus.
„Was machst du denn da?", kreischte Caprice, als Josy sich schnell unter ihrem Kleid die Shorts auszog.
„Ich kann doch kein Kleid mit Hosen tragen.", entgegnete sie schnell und warf auf diese ihrer Freundin zu.
„Aber hier sind Leute, Josy."
„Das interessiert mich herzlich wenig!", zischte sie. „Gib mir meine Schuhe!" Sie zog ihre Turnschuhe und die Socken aus, warf sie in den offenen Rucksack und schnappte sich die weißen Sandaletten sie Caprice ihr reichte. Barfuß rannte sie durch die Halle, die SeeDs waren mittlerweile echt amüsiert und einige konnten sich ein Lachen nicht verkneifen. Sie zog einen Schuh über den Fuß und Caprice begann die restlichen Blätter und Zweige aus ihrem Haar zu ziehen.
„Oh nein, er ist gleich da!", rief Josy und spannte die andere Sandalette um ihre Ferse. „Gib mir die Haarbürste schnell!" Caprice gab ihr wonach sie verlangte und Josy begann hektisch ihre Haare zu kämmen.
„Au! Verdammt!" Sie blieb einige Male hängen.
„Du hast da Dreck im Gesicht!", rief Caprice.
„Was? Wo?"

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