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Der Schmerz wurde mir ehrlich gesagt erst dann bewusst, als mir Jay sagte, wir würden ins Krankenhaus fahren.

Die Autofahrt verlief schleppend langsam und nach einer gewissen Zeit fragte ich mich, ob die Zeit überhaupt noch langsamer vergehen konnte. Ehrlich gesagt, überwog die unangenehme Stille meine Schmerzen. Um überhaupt ein Geräusch von mir zu geben, ließ ich ab und an schmerzerfüllte Laute fallen.

Ich versuchte mich vom Schmerz abzulenken, indem ich meinen Blick von meiner Hand abwand und so tat als wäre nie irgendwas mit dieser passiert.
Die unfassbare Stille in unserem Ort war ein kompletter Gegensatz zu dem Chaos, das sich gerade in meinem Inneren abspielte. Von meiner Hand ging ein Stechen aus, welches durch meinen kompletten Körper zuckte und das Blut welches von meiner Haut tropfte durchnässte meine Hose. Kurzzeitig dachte ich, das ich verbluten würde oder meine Hand absterben würde, bis mir auffiel, das wir bereits am Krankenhaus angekommen sind.
Jay suchte sehr lange nach einem Parkplatz und anscheinend hätte ich den Gedanken, das ich bald sterben würde oder Körperteile abfallen würden, nicht so schnell aufgeben sollen.

Ein merkwürdiger alter Mann, dessen Haare komplett zerzaust waren, stieg gerade in sein Auto und war im Begriff auszuparken und eine Parklücke zurückzulassen. Es fiel im anscheinend erst zu spät auf, dass er zu betrunken war um zu fahren, also torkelte er zurück in sein schäbiges Wohnhaus.
„Du Volltrottel!", meldete sich Jay wieder und schlug gegen sein Lenkrad.
Erst jetzt fiel mir auf, das er ein recht hilfsbereiter Typ ist. Wenn ich jemanden kennenlerne und er sich am nächsten Tag aus einem Baumhaus stürzt, würde ich keinen so großen Hehl daraus machen und ihn in ein Krankenhaus schuffieren. Zumal ich erstmal ein Auto haben müsste.

Die Frau am Empfang sah mich aus ihren blauen Augen dümmlich an und kaute auf ihrem pinken Kaugummi. Nachdem sie mich ausgiebig gemustert hatte, blätterte sie wieder in ihrem Modemagazin. Ihr Kopf schien zu rattern und offensichtlich realisierte sie, das neben mir Jay stand. Ihr Kopf schnappte hoch und wie aus Reflex wickelte sie eine Strähne ihrer kaputten, aschblonden Haare um einen ihrer Finger. Sie grinste ihn an, ich denke es sollte sexy aussehen, aber es sah eher wie ein behinderter Affe, der gerade geschlagen wurde aus.
Ich war begeistert, dass Jay das überhaupt nicht interessierte und sein Blick völlig leer an ihr vorbei glitt und an meiner Hand hängen blieb. Er räusperte sich, klopfte mit seinem Fuß auf dem Boden herum und würdigte die Frau nun eines Ausdruckes der sagte, sie solle doch bitte ihr Augenmerk auf andere Dinge legen.

Sie sah eingeschüchtert auf meine Wunde an der Hand und rief sofort einen Arzt, welcher mich freundlich in Empfang nahm und mich in ein weißes Zimmer führte, in welchem ich mich auf einen, den Umständen entsprechend, bequemen Stuhl setzte. Die Nadeln die an den Spritzen und an allen anderen Arbeitsmaterialien hingen, ließen mich schlucken und erschaudern. Ich hasse Nadeln. So etwas unnatürliches. Wenn mir etwas zugeführt werden soll, dann trinke und esse ich, wenn Blut raus will, dann bin ich wieder tollpatschig und wenn die an meiner Leber rumfriemeln wollen, können die bis zu meinem Tod warten.
Der Mann im Kittel, der mir folgte, sah mich mit einem Blick an, über den meine Mutter sagen würde, er sei altmodisch.
„Es tut mir leid, aber der junge Mann, fühlte sich nicht dazu verpflichtet zu bleiben. Er ist gegangen und unterhält sich mit der Frau welche eine bemerkenswerte geistige Windstille besitzt.", setzte er an.
Ich fing an zu lachen und zuckte mit den Schultern. Wenn ich ehrlich bin, war mir das klar.
Der Arzt nahm meine Hand behutsam in seine und begutachtete meine Schnittwunde.
„Ich hoffe sie haben kein Problem mit Nadeln, das muss genäht werden", scherzte er.
„Wissen sie, die Schmerzen sind eigentlich weg und Blut fließt dort auch nicht mehr wirklich. Sehen sie,", ich zeigte ihm meine Hand, „das ist schon fast verheilt." Ich wank ab und wollte aus der Tür spazieren, doch mein Knie meldete sich wieder und ich knickte kurz vor der Tür ein und schlug mir zusätzlich noch meine Stirn an der harten Kante auf. Als ich gegen meine Stirn fassen wollte um zu gucken ob sie blutete, klatschte meine Wunde von der Hand an meinen Kopf und das Blut Spritze über mein Gesicht.

„Ich denke, sie bleiben doch noch eine Weile hier und wir gucken uns mal all ihre Verletzungen an." Er kam auf mich zu, legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich zurück zu dem Stuhl.
Als ich ihn näher betrachtete, bemerkte ich, dass das der selbe Arzt ist, der mich behandelt hat, als ich mir meine Hand gebrochen habe. Ich schmunzelte, was ihn wahrscheinlich noch mehr denken ließ, das ich bescheuert bin. Wer fängt denn schon an, völlig sinnlos zu grinsen?

Als die Nadel in meine Hand stach und der Faden durch meine Haut glitt, merkte ich gar nichts davon, denn die Betäubung die mir - wohlgemerkt mit einer Spritze - verpasst wurde, wirkte bereits.
Mein Knie schien ihn nicht so sehr zu beunruhigen. Als er es ansah, streckte er mir seinen Daumen entgegen und murmelte so etwas wie „Gut behandelt." Er klebte das Pflaster wieder drauf.
Für meine Stirn, schien er nicht viele Lösungen zu haben, also desinfizierte er die Wunde und klebte passend zu dem Pflaster am Knie, ein pinkes Pflaster mit Feen auf meine Stirn.

Nach einem Dank und einem Handschlag mit der Linken, verließ ich den Behandlungsraum. Ich hielt Ausschau nach Jay und fand ihn schließlich immer noch flirtend am Empfang, wo die Frau gerade etwas auf ein abgerissenes Stück Papier schrieb.
Ich tippte ihn an der Schulter an, woraufhin er mich böse ansah.
„Können wir los?", fragte ich. Erst jetzt fiel ihm auf, das ich ein grelles Pflaster an der Stirn kleben hatte.
„Solltest du nicht mit weniger Verletzungen da raus kommen und nicht mit noch mehr, als du vorher hattest?" Er zog eine Augenbraue hoch und packte, ohne den Blickkontakt abzubrechen die Nummer der Frau in seine Jackentasche.
Er schenkte der Frau ein kühles Lächeln.
„Ich bring die Kleine noch schnell nach Hause, dann können wir was Essen gehen."

Cold Hands Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt