Der nächste Morgen beginnt genauso unharmonisch wie er geendet ist. Zusammengerollt liege ich auf einem weichen Ledersofa zwischen den zahllosen Bücherregalen, da werde ich unsanft von einer meckernden Männerstimme geweckt. Verwirrt setze ich mich auf und sehe in zwei dunkle Augen. Ich kenne diesen Mann. Ich habe ihn schon mal gesehen. Vor einer Woche, als ich dem König vorgeführt wurde, stand er vorne neben dem Thron. Womöglich der Berater.
Mit einer kleinen, runden Brille auf der Nase und ernstem Gesicht starrt er mich an. Entschuldigend stehe ich auf und zupfe meine Kleidung zurecht.
"Hast du eine Ahnung wie spät es ist?", fragt der ältere Mann mit den weißen Koteletten.
"Eigentlich hatte ich gehofft, dass Ihr mir das sagen könntet.", gebe ich kleinlaut zu und kratze mich am Kopf.
Der Berater verzieht das Gesicht.
"Nimm sofort ein Bad, dann auf in den Thronsaal, der König verlangt nach deiner Anwesenheit."
Ohne zu zögern mache ich mich auf zu den Bädergemächern und lasse mir ein schnelles Bad ein. Als ich drin sitze und mir die Füße mit der Bürste schrubbe, kommt Luna in Morgenmantel hinein. Meine Anwesenheit scheint sie nicht zu stören. Ungezügelt legt sie ihren leichten Mantel ab und steigt in ein schon fertiges Bad rein.
"Das mit gestern Abend tut mir leid, Louis.", murmelt sie nach einer Weile und beginnt ihr langes, silbernes Haar zu waschen.
"Mach dir keine Gedanken.", antworte ich knapp, nehme mir ein Handtuch vom Stapel und komme aus dem Bad.
"Du warst gestern Abend noch bei ihm, habe ich recht?"
Nickend ziehe ich mir frische Kleider an und werfe das Tuch in einen Korb.
"Das ist meine Aufgabe.", sage ich leise und lasse das Wasser ab.
"Hat er dir weh getan?"
Stumm schüttle ich den Kopf. Es geht sie nichts an.
"Und woher dann die Flecken an deinem Hals? Und das an deiner Wange, was ist das dann?"
Ich atme tief durch und drehe mich letztendlich zu ihr.
"Er muss Druck abbauen. Das ist eben, was dabei herauskommt.", erkläre ich simpel und will zur Tür.
"Vor dir war ich es, Louis. Ich weiß wie es ist."
Sofort fahre ich herum und ziehe die Brauen zusammen.
"Irgendwann wurde ich ihm zu langweilig und ich bin in der Küche gelandet."
Mit dieser Information belasse ich es dabei und beende die Unterhaltung, indem ich gehe. Es würde nur wieder eskalieren. Ich hasse es mit anderen verglichen zu werden. Besonders, wenn sie mich nicht kennen.
Als ich den mächtigen Thronsaal betrete stockt mir der Atem. Erst jetzt nehme ich die Schönheit wirklich wahr, habe einen Kopf dafür mir die Details anzusehen, die feinen Handarbeiten und die gewaltigen Fenster. Dass ich mitten in eine Art Versammlung oder Besprechung hinein platze fällt mir erst später auf. Nämlich, als es still wird und einer der Berater sich räuspert. Ich sehe hinüber zum runden Steintisch und ziehe die Luft scharf ein.
"V-Verzeihung, ich wollte Euch keinesfalls unterbrechen, ich-"
"Setz dich.", murmelt Harry und deutet auf eine Sitzgruppe neben der Versammlung. Langsam sinke ich in den hölzernen Stuhl und lege die Hände flach auf die Oberschenkel.
"Die Stadt neu anzusiedeln wäre schwierig und aufwendig, jedoch notwendig. Eure Existenz hängt davon ab. Es gibt kein Königreich ohne Volk. Und ohne Königreich auch keinen König.", setzt der ältere Mann, der mich geweckt hat an und lehnt sich vor.
"Ich werde niemanden in diese Stadt lassen.", knurrt Harry und spannt die Kiefer an.
"Ihr seit genauso stur wie Euer Vater! So haltet doch ein und lasst Vernunft walten!", wirft der Mann neben ihm ein und schlägt aufgebracht auf den Tisch.
Danach ist alles still. Niemand wagt es den König anzusehen. Harry erhebt sich.
"Steh auf, Ludwig."
Seine Stimme ist viel zu leise und viel zu ruhig. Dennoch gehorcht er, welche Wahl hätte der Berater auch?
"Bitte-bitte verzeiht, mein König. Es steht mir nicht zu ausfallend zu werden."
Harry atmet tief durch. Und dann tut er etwas, was mich wieder an das Monster in ihm erinnert. Er zieht sein Schwert und rammt es seinem Vertrauten in den Magen. Jeder am Tisch springt auf und schnappt nach Luft, traut sich aber nicht einzugreifen. Ludwig sackt zusammen und keucht leise, Harry zieht das Schwert heraus und schmiert das Blut am Tischrand ab, ehe es zurück in den Gürtel gesteckt wird. Mit einem finsteren Blick sieht er auf den Sterbenden hinab.
"Vergleich mich nicht mit meinem Vater."
Dann sieht er in die eingeschüchterte Runde.
"Raus! Alle miteinander, verschwindet! Ehe ich euch genauso hinrichte!"
Schneller, als mein rasendes Herz sich beruhigen kann ist es leer im Thronsaal. Ich kauere auf dem Stuhl und bewege mich nicht. Ich kann nicht. Meine Beine wollen nicht. Ich habe Angst.
Harry setzt sich wieder und rauft sich die Haare. Ich versuche leiser zu atmen, aber es geht nicht. Meine Lunge brennt so sehr.
"Wie siehst du das? Bist du auch der Meinung man sollte Bürger zurück bringen?", fragt er und ich weiß, dass ich gemeint bin.
Verzweifelt versuche ich den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken.
"Es ... kommt darauf an.", sage ich leise mit zitternder Stimme, "Aber ich denke es wäre zu riskant."
Natürlich ist es Unfug, ich bin der Meinung mal sollte sofort damit anfangen die Trümmer zu räumen, um neues Leben zu ermöglichen. Allerdings verspüre ich nicht das Verlangen neben diesem Ludwig zu liegen.
Harry hebt den Kopf. Ich sehe ihm in die Augen. Der große Abstand zwischen uns gibt mir etwas Sicherheit.
"Es ist gut zu wissen, dass es wenigstens einen gibt, auf den ich mich verlassen kann."
Er steht wieder auf und kniet sich vor mir hin. Überwältigt merke ich gar nicht, wie sich meine Lippen einen Spalt öffnen. Seine Hand nimmt die meine.
"Du wirst dich hier sehr wohlfühlen. Ich werde dafür sorgen."
Seine Worte nehmen mir etwas die Angst und ich schaffe es wieder normal zu atmen.
"So wie gestern Abend?"
Und von der einen auf die andere Sekunde ist die entspannte Lage dahin. Er lässt meine Hand wieder los und erhebt sich.
"Gestern Abend ...", knurrt er, "war ich viel zu sanft. Dein Verhalten war inakzeptabel und respektlos."
Ungezügelt lehnt er sich hinab an mein Ohr.
"Und deshalb wirst du jetzt mit mir kommen."
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Hallowed Dawn † L.S.
Fanfiction"Lieber dein Sklave, als ein Sklave meiner selbst." No Matter how strong you are, this love will make you slave. "Ich bereue nichts was ich dir angetan habe." - "Ich auch nicht."