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Jungkook

Mein Herz klopft stark, als ich vor der geschlossenen, Milchglas-Tür des Aufenthaltsraumes stehe und sie anstarre. Die grossen, schwarzen Buchstaben, die auf das Glas geklebt wurden, sagen mir schon, dass ich hier richtig bin, trotzdem zögere ich noch, was das Eintreten angeht.

Yoongis Sorgen gehen mir nicht mehr aus dem Kopf; der Aufenthaltsraum war für mich immer ein Tabuthema. Ich durfte nie hinein, ich durfte mich nicht mit anderen Experimenten treffen. Erst wird mir nun also gestattet, andere Trakte zu besuchen und nun darf ich auch in die Aufenthaltsräume, wo es mir doch vorher strickt verboten war?

Seufzend schüttle ich den Kopf und ordne meine Gedanken neu. Ich sollte mich doch freuen, dass ich von nun an gehen darf und andere Leute kennen lernen kann. Trotzdem habe ich Angst. Was ist, wenn sie mich nicht mögen werden?

Ich wische meine schwitzigen Hände an meiner Hose ab und strecke eine dann nach der Türklinke aus, um sie endlich zu öffnen. Wenn ich nämlich noch lange hier draussen herumstehe und zweifle, werde ich noch verrückt und werde den Raum niemals betreten.

Ausser Yoongi Hyung wäre bei mir, dann würde ich ihn betreten, weil Yoongi mich beschützen würde, da bin ich mir sicher.

Langsam drücke ich die Klinke hinunter und stosse die Tür auf. Direkt höre ich lautes Stimmengewirr, kurz lacht jemand, Musik ist zu hören und der Duft von Kaffee erfüllt die Luft. Unsicher stecke ich den Kopf durch die Tür und sehe hinein. Es ist ein grosser Raum, grösser als ich mir vorgestellt habe, bestimmt das Vier- oder Fünffache meines eigenen Zimmers und er ist vollgestopft mit allerlei Dingen.

Tische, Stühle, Sessel ein Fernseher, das erkenne ich auf den ersten Blick. Die Musik dringt aus einer neumodischen Anlage und auf einer grossen Couch liegt ein hochgewachsener junger Mann mit silbernen Haaren, der zu schlafen scheint. An einer Wand ist eine kleine Küche und überall finden sich Luftschlangen.

Vorsichtig öffne ich die Tür weiter und trete ganz in den Raum ein, bevor ich die Glastür hinter mir schliesse. Ich frage mich, wie der junge Mann überhaupt schlafen kann, bei dem ganzen Lärm, der hier herrscht; der TV ist angeschaltet und ein Fussballspiel ist im Gange, das niemand der Anwesenden mitverfolgt, die Musik ist nicht gerade leise und auch die beiden Jungen, die am Boden sitzen und Schach zu spielen scheinen, amüsieren sich laut.

Etwas verloren stehe ich da und lasse die ganzen Eindrücke auf mich wirken. Es ist so ungewohnt von so vielen Leuten umgeben zu sein und einen solchen Lärm dabei zu hören. Bei meinen Tests sind vielleicht auch immer drei bis fünf Leute dabei, doch die sind hinter einer Glasscheibe und sehen mir zu, während ich alleine im Raum bin, so gesehen. Ausserdem ist sonst immer alles leise.

In den Gängen ist es ruhig, in meinem Zimmer ist es leise, Yoongi Hyung ist auch nicht allzu laut und Hobi Hyung ist vielleicht gesprächig, aber auch er ist nicht sonderlich laut. 

Aber anscheinend bleibt mein Eintreten doch nicht so unbemerkt, wie ich angenommen habe, denn auf einmal ruft jemand laut: "Hey, dich kenn' ich ja noch gar nicht!" Augenblicklich schaue ich auf und sehe den Schwarzhaarigen Jungen, der den Blick voller Neugier erwidert und dabei den Kopf schief legt. Seine dunklen Augen lässt er über meinen Körper wandern, bevor er etwas grinst. "Bist du etwa der Knirps, von dem Hobi Hyung mir erzählt hat?", 

Ich schlucke leer und spiele mit dem Saum meines Sweaters, während ich ein schüchternes Nicken zustande bringe. "I-ich... ich denke schon", murmle ich dazu nervös und sehe ihn unsicher an. Der Schwarzhaarige awwt und winkt mir zu. "Ich bin Jimin", stellt er sich vor, mit einem so breiten Lächeln, dass seine Augen beinahe gänzlich verschwinden. Ich erwidere das Lächeln so gut ich kann und sehe dann zu der Person, die Jimin gegenüber sitzt, sich bis jetzt aber nicht umgedreht hat, sondern auf das Schachspiel konzentriert ist und gerade seine Figur auf ein neues Feld stellt.

"Schach", höre ich ihn leise sagen, mit dunkler Stimme. 

"Komm schon, das ist unfair!", mault Jimin daraufhin und mit einem letzten Lächeln in meine Richtung und einem "Wir reden später, ja?", richtet seine Aufmerksamkeit schon wieder auf seinen Gegenüber. Ich nicke noch, selbst wenn der Schwarzhaarige das nicht mehr mitkriegt und beschliesse dann, mir etwas zu Trinken zu holen, da mein Mund sich staubtrocken anfühlt. Immerhin rast mein Herz nicht mehr so, seit Jimin mit mir gesprochen hat, denn ich habe das Gefühl, dass er wirklich nett ist.

Ich begebe mich zu der kleinen Einbauküche und beginne die Schränke nach einem Glas abzusuchen und finde sie dann auch, nur leider so weit oben, dass ich nur knapp mit den Fingerspitzen daran komme, wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle.

Seufzend starre ich nach oben zu den Gläsern und schiebe meine Unterlippe vor, zum stummen Protest, dass das nicht fair ist. Jin sagt immer, ich werde noch ziemlich gross und dass ich noch einige Wachstumsschübe vor mir habe, aber jetzt gerade bin ich einfach viel zu klein.

Mein Problem scheint noch jemand anderes zu merken denn ich höre ein helles Lachen und gleich darauf erklingt Jimins amüsierte Stimme wieder: "Warte, ich helfe dir, Kleiner."

Dankbar lächelnd drehe ich mich zu ihm um, als der Schwarzhaarige fröhlich zu mir kommt und bereits die Hand nach den Gläsern ausstreckt. Aber erst als er so nahe bei mir ist, fällt mir auf, dass Jimin gar nicht viel grösser ist als ich - er kann gar nicht an die Gläser herankommen.

Ich öffne bereits den Mund, um ihn darauf hinzuweisen, als ich sehe, wie ein Trinkglas beginnt, sich wie von Zauberhand zu bewegen, immer näher zum Rand des Küchenschrankes, bis es schliesslich einfach... schwebt?

"Hier bitte", kichert Jimin neben mir, sobald das Glas in meiner Reichweite ist. Einen Moment lang rege ich mich nicht, bis ich ehrfürchtig die Hand nach dem Glas ausstrecke, es in die Hand nehme und vorsichtig von allen Seiten mustere, um etwas daran zu finden, was nicht so ist, wie es sein sollte.

"Telekinese ist ziemlich praktisch", lächelt der Schwarzhaarige neben mir und klopft mir auf die Schulter, während er näher an die Küche herangeht, einen Krug mit Wasser in die Hand nimmt und mir auffordernd hinhält. "Wasser?"

Ich nicke, noch immer nicht ganz realisierend, was gerade abgelaufen ist und lasse zu, dass Jimin mir das Glas füllt. "Du beherrscht also Telekinese", murmle ich leise, woraufhin er nickt. "Und du hast Feuer, hat Hyung gesagt?", fragt er mich. "Korrekt", bestätige ich mit einem kleinen Lächeln.

Doch das Lächeln verblasst rasch, als ich spüre, wie das Glas in meiner Hand von einer Sekunde auf die andere eisig kalt wird. Irritiert starre ich es an, sehe zu, wie es einzufrieren scheint und kann mitverfolgen, wie das Wasser es ebenfalls tut, erst nur die Oberfläche, doch das Eis frisst sich immer weiter, bis ich buchstäblich einen einzigen, grossen Eiswürfel in der Hand halte.

Jimin scheint nicht so fasziniert von dieser Sache zu sein, wie ich, denn er verdreht die Augen und dreht den Kopf zu jemanden. "Tae, wofür war das jetzt?", fragt er und reflexartig suche die die Person, die er wohl angesprochen hat und sehe, wie ein schlacksiger, Blondschopf zur Tür läuft. "Schachmatt, Jimin", ist das Einzige, was er mit tiefer Stimme sagt, bevor er aus der Tür verschwindet und diese laut zuschlägt.

Phoenix [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt