Nach einiger Zeit musste ich wohl eingeschlafen sein, denn das nächste an was ich mich erinnern konnte war ein hoher Schreckensschrei:
"Schiffsbrüchiger Backbord Käpt'n!"
Sofort flammte Hoffnung auf, dass man mich meinte und es hoffentlich kein Tagtraum war. Schnell blickte ich Osten konnte aber kein Schiff entdecken. Westen und auch Nord war nichts. Niedergeschlagen ließ ich mich erneut auf die Ruderbank fallen. Hatte ich es doch wirklich für einen echten Schrei gehalten, verdammte Tagträumerei! Das war es wohl dann endgültig. Tränen sammelten sich langsam, ich wollte noch nicht sterben, zumindest noch nicht so früh. Hatte Träume und Ziele, aber am wichtigsten war es mir noch einmal meine Mutter zu sehen. Seit dem Schiffsunglück, hab ich mich nie wieder nach Hause getraut, aus Scham die einzige Überlebende zu sein. Rational betrachtet, hab ich ihr somit auch das zweite Kind weggenommen, jedoch war die Angst zu groß um ihr unter die Augen zu treten. Hin und wieder schickte ich ihr einen Brief, erhielt jedoch nie etwas zurück, dafür blieb ich nie lang genug an einem Ort. Generell wurde das Festland nur zum Auffüllen der Vorräte und Abgabe der Karten an die Druckereien betreten. Das Meer ist meine Heimat.
Nein, nein, mit aller Macht hob ich meinen Kopf, wenn ich schon sterbe, dann mit Stolz und nicht wie eine kleine Heulsuse. Durch meinen Tränenschleier konnte ich war es erst schwer zu erkennen, doch dann war ich mir plötzlich sicher, ein Schiff direkt vor meiner Nase. Das typische Marine-Symbol fehlte den Segeln, also mussten es Piraten sein, leider war die Jolly Roger auch nicht auf diese Distanz zu erkennen. Vielleicht waren es aggressive Piraten wie die Bande von Eustass Kid und würden mich sofort wieder ins Meer stoßen oder was wenn der Kapitän ein Perverser war oder vielleicht waren es sogar Sklavenhändler?
Egal, mehr als mein Leben konnte ich nicht mehr verlieren, also packte ich entschlossen meine Ruder und setzte mein kleines Boot in Bewegung. Noch nie hatte ich solch ein klares Ziel vor Augen und zugleich so wenig Kraft es zu erreichen. Meine Arme und Schultern schmerzten von den plötzlichen Kraftanstrengungen, jeder Muskel in meinem Körper schrie nach dem Ende und dennoch hörte ich nicht auf, versuchte so gleichmäßig wie möglich zu rudern und doch schien die Rettung noch weit entfernt zu sein. Je näher ich dem Schiff kam, desto klarer sah ich Männer Backbord mit Enterhaken stehen und als ich nah genug war, wurden diese zugleich, ungeachtet dass diese mich ja auch treffen konnten, nach meiner Nussschale geworfen. Glücklicherweise trafen gleich die ersten beiden Haken ihr Ziel und die Mannschaft hohlte mein Boot ein. Erleichtert und kraftlos ließen meine Hände sofort die Ruder auf halber Höhe los, diese brachten mein Gefährt etwas zum wackeln, aber zum Glück nicht zum kentern. In den kurzen Sekunden des Wartens erhaschte ich endlich ein Blick auf die Flagge und wünschte gleich danach es nicht getan zu haben. Dieses Schiff gehörte einem der vier Kaiser.
Dieser stand anmutig mit einem Bein auf der Reling und blickte düster auf mich herab. Sein ausgestreckter Arm lies er sinken und gab damit seinen Männern den Befehl aufzuhören.
"Was sucht eine Frau alleine mitten auf der Grandline? Und noch dazu", dabei schweifte sein Blick etwas abfällig über das kleinere Boot, "in einem derartigen Wrack?"
Hatte er gerade tatsächlich, okay Kaiser hin oder her, aber niemand beleidigte meinen ganzen Stolz. Mein Blick schweifte über die bereits an manchen Stellen abblätternde Farbe, die zerrissene Segel und selbst eine Wand an meiner Kajüte war durch den Sturm eingefallen, ja wahrscheinlich konnte man es inzwischen eher als Wrack bezeichnen, dennoch gab es ihm nicht das Recht dazu. Empört reckte ich mein Kinn stolz in die Höhe und meinte:
"Gestatten Hanah mein Name. Ich bin Meeresbiologin und erforsche die Strömungen der Meere."
Plötzlich brachen meine Gegenüber in schallendes Gelächter aus:
"Diese kleine Puppe behauptet tatsächlich, hahaha, das ist doch nicht möglich!"
Kleine Puppe? Wo war ich nur hier gelandet? Ich dachte er wäre einer der Kaiser und wäre, ja was eigentlich, etwas zivilisierter als der Rest der anderen Piratenbanden? Nur ein älterer Herr mit ergrauten, nach hinten gekämmten Haar, starrte mich nachdenklich an, bevor er kurz darauf, wahrscheinlich unter Deck, verschwand. Nach kurzer Zeit kam er mit einen Zettel wieder, und stieß seinem rothaarigen Käpt'n mit der Schulter gegen die Rippen. Nun blickte auch der Kaiser plötzlich nachdenklich über den Zettel. Plötzlich herrschte Totenstille und alle warten geduldig auf den nächsten Befehl.
"Lasst die Leiter runter und helft ihr rauf. Willkommen an Board der Red Force Hanah!", war sein letzter Befehl bevor er sich zum Gehen umdrehte und mich alleine ließ unter Fremden.

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Heimat des Meeres
FanfictionAls Meeresbiologin und Kartograph ist Hanah weltbekannt und geschätzt. Sie verkauft ihre Strömungskarten an alle Seeleute egal ob Marine oder Pirat, für sie ist es nur wichtig das alle so sicher wie möglich die Meere überqueren können. Jedoch wird s...