Eins

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Ich stand gerade im Badezimmer vor dem Spiegel, dabei mich zu schminken. Ich fischte meine Mascara aus der ungeordneten Schminktasche und tuschte meine Wimpern. Danach griff ich nach dem Lippenstift, den ich nach einigem herumwühlen auch in der Tasche fand und trug ihn auf. Danach entfernte ich mich ein paar Schritte vom Spiegel und betrachtete mein Gesicht. Ich erschrak ein wenig, als ich meine zerzausten Haare sah, deshalb nahm ich meine Haarbürste, die auf der Ablage lag und versuchte meine Haare zu bändigen. Als mir dies gelungen war drehte ich mich um und öffnete die Kommode die neben der Tür stand und nahm das Glätteisen aus der oberen Schublade der Kommode. Ich steckte das Glätteisen gerade in die Steckdose über der Kommode als es an der Tür klingelte. „Ich geh schon!", rief ich und flitzte aus dem Badezimmer die Treppen hinunter. Mein Herz pochte ein wenig, weil ich die Treppen hinunter gerannt war und ich etwas Angst hatte, ich würde die Treppen hinunter fallen.

Ich öffnete die hölzerne Tür und ließ meine Freundinnen eintreten. „Hi Leute", begrüßte ich sie. „Hi Isabel", kam es von ihnen wie aus einem Munde. Sie zogen ihre Schuhe aus und stellten diese zu den anderen Schuhen die neben der Tür standen. Danach stiegen wir die Treppen wieder hoch und begaben uns ins Badezimmer. Das Glätteisen war mittlerweile heiß und ich begann meine Haare zu glätten. Nach ein paar Strähnen bot Allison mir an, meine Haare zu glätten. Sie riet mir einen Stuhl zu holen, damit sie mich besser frisieren konnte. Ich verschwand aus dem warmen Badezimmer und ging in mein Zimmer, das direkt nebenan lag. Ich lief bis nach hinten durch, wo mein Schreibtisch vor dem Fenster stand. Rechts daneben stand ein Hocker. Ich nahm den Hocker und ging wieder ins Badezimmer. Ein Schwall feucht-warmer Luft kam mir entgegen als ich die Tür öffnete. Ich stellte den Hocker vor das Waschbecken auf einen türkisfarbenen, flauschigen Teppich, und setzte mich drauf. Sofort nahm Allison das schwarze Glätteisen von der weiß angestrichenen Kommode und begann die erste blonde Strähne zu glätten. „Freut ihr euch schon auf heute Abend?", fragte Evelyn. „Ja, du etwa nicht?", antwortete ich darauf. „Naja, bei den langsamen Tänzen können wir ja nicht tanzen und das finde ich schade." „Was ist denn mit deinem Freund passiert Eve? Mit ihm kannst du doch tanzen, oder etwa... aua... nicht?", unterbrach ich meinen Satz empört, denn Allison hatte viel zu stark an der Strähne gezogen. „'Tschuldigung", murmelte Alli. „Nun ja, erstens, kann Kai nicht besonders gut tanzen und zweitens, haben wir uns getrennt,"antwortete sie trocken. Elena, Allison und ich starrten sie fassungslos an: „Was? Seit wann das denn?" „Schon seit einer Weile, hatte ich euch das nicht gesagt?" „Nein, hattest du nicht." „Na dann wisst ihr es ja jetzt", waren ihre Worte. Allison war fertig mit dem Glätten meiner Haare und ich stand vom Hocker auf und starrte in den Spiegel, der über dem Waschbecken hing. Wer zur Hölle ist das Mädchen welches mich da anstarrt?, dachte ich.

Dank der Schminke war es, als würde mir ein völlig fremdes Mädchen entgegen starren. Auch die geglätteten Haare sahen aus, als würden sie nicht zu mir gehören. „Isabel?", durchbrach Allison die kurze Stille die geherrscht hatte. Immer noch mit geweiteten Augen drehte ich meinen Kopf nach rechts zu ihr. Sie hatte sich mittlerweile neben mich gestellt. „Ja?", wisperte ich. „Gefällt es dir nicht?", fragte Allison vorsichtig. „Nicht gefallen? Du machst wohl Witze. Es sieht toll aus... Nein, warte. Es ist besser aus als toll. Es ist wunderschön geworden. Dank dir Alli!", kreischte ich, nachdem ich endlich begriffen hatte wer die wunderschöne junge Frau gewesen war, die mich im Spiegel mit großen Augen angestarrt hatte.

Ich fiel Allison um den Hals und flüsterte ihr ein fettes Dankeschön ins Ohr. „Hab ich doch gern gemacht Isa." Ich sah sie an und mir fiel auf, dass ihr hübsches Gesicht noch nicht geschminkt war. „ Allison, du bist noch überhaupt nicht geschminkt." „Ich weiß, das mach ich jetzt noch." Sie nahm meine Schminktasche und nahm die Schminke die sie brauchte heraus. „ Isabel? Was läuft denn in deinem Leben zurzeit?", fragte Elena. „Ach, es ist im Moment viel zu stressig wegen dem Umzug meiner Familie. Ich muss Mom beim Koffer packen helfen oder Dinge für sie erledigen." Meine Stimme brach und mein Herz wurde schwer, als ich den folgenden Satz aussprach: „Ich will nicht, dass meine Familie mich hier zurücklässt. Sie fehlen mir doch jetzt schon!" Die Mädchen bemerkten sofort, wie schlecht es mir ging und versuchten mich abzulenken und gleichzeitig aufzuheitern. „Du wirst sie doch bestimmt wiedersehen. Sie werden dich doch besuchen kommen und ihr werdet miteinander telefonieren." „Ich will aber trotzdem nicht, dass sie gehen. Frankreich ist so weit weg, aber wenigstens müssen sie keine neue Sprache lernen", die Tränen rollten meine Wangen hinunter und tropften auf den Boden. „Wenigstens hab ich euch noch, meine zweite Familie." „Wir werden dich nicht verlassen", sagte Evelyn. „Uns wirst du so schnell nicht mehr los", bestätigten Allison und Elena. Wir lösten uns wieder voneinander und machten da weiter, wo jeder vor der Umarmung aufgehört hat.

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