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Kapitel 6

Als ich aufwachte war es dunkel. Doch es war nicht mehr still. Ich hörte Wasser plätschern und auch spürte ich einen kleinen Luftzug. Ilea saß nicht mehr auf dem Stuhl, wofür ich fast dankbar war. Es ist nicht so, dass ich ihre Gesellschaft nicht schätzte, ganz im Gegenteil, aber ich mochte es nicht, dass sie ihre Zeit für mich verschwendete. Ohne richtig nachzudenken stand ich auf und bereute es sogleich. Mein ganzer Körper zitterte und brach zusammen. Ich hatte nicht mal einen Schritt geschafft und lag auf dem Boden. Mit viel Mühe schaffte ich es schließlich doch an mein Ziel. Ich stand an der offenen Balkontür und schaute auf zum Sternenhimmel. Sofort durchströmte mich das Gefühl von Geborgenheit und auch ein bisschen Freude floss durch mich hindurch. Wie dankbar ich den Sternen dafür war, dass sie nicht geflohen waren. Ein Windzug blies mir entgegen und die kühle Nachtluft umschloss mich. Der Wind blies mir ins Gesicht und spielte mit meinen Haaren. Ich atmete einmal tief durch und schaute wieder zu den Sternen. Das Licht der Serne und des Mondes erhellte mich. Irgendwo dort oben war Tingilya und schaute auf uns herab. Als Stern Tingilya.

Am nächsten Morgen wurde ich erst nach Sonnenaufgang wach. Der Stuhl neben meinem Bett war leer und auch ansonsten war in diesem Raum keine andere Person aufzufinden. Ich fühlte mich schlapp. Nicht so schlimm wie die letzten beiden Male als ich aufgewacht war, was ein kleiner Erfolg war. Meine Gelenke waren mit einem Verband geschützt und auch mein Oberarm war verbunden. Ich war dankbar dafür,, auch wenn es nur einen kleinen Schmerz von mir linderte. Der Schmerz in mir blieb. Nichts was ich dachte, nichts was Ilea sagte vermochte das Loch in mir zu füllen. Dieses stille Wissen, verloren zu haben. Ich richtete mich im Bett auf und schloss die Augen vom Schmerz in meinem Rücken getrieben. Ich schaute mich im Zimmer um und erst jetzt bemerkte ich den Teller mit Früchten und einem Stück Brot. Obwohl ich seit dem Tag vor dem Kampf nichts mehr gegessen hatte, hatte ich nicht das Bedürfnis, irgendetwas zu mir zu nehmen. Ich nahm den Becher der neben den Teller stand und trank einen Schluck Wasser in der Hoffnung, danach vielleicht ein bisschen Appetit zu haben. Diese Hoffnung erstarb jedoch, als ich mich verschluckte und nur schwer das Wasser herunterbekam. Dadurch komplett entmutigt stellte ich den Becher auf den kleinen Tisch zurück und ließ mich wieder in die Kissen fallen. Mein Untergrund war ungewohnt weich, was daran lag, dass ich eigentlich nur das Moos und die gefallenen Blätter gewöhnt war. Und meinen Umhang. Sofort saß ich wieder kerzengrade im Bett und suchte das Zimmer mit den Augen nach meinem Umhang ab. Ich fand ihn schließlich auch und beugte mich über um den Umhang von der Lehne Ileas Stuhl zu nehmen. Ich bekam ihn auch zu fassen und ließ mich mit dem Umhang in beiden Händen wieder in die Kissen sinken. Der Umhang war das einzige, was mir von Tingilya noch geblieben war. Wie fühlte sich wohl gerade Tinwe? Oder Orion? Er war vermutlich damit beschäftigt, seine Herde vor den Orks zu beschützen. Aber Tinwe. Sie ist fast völlig allein. Sie hatte nicht nur ihre Mutter verloren sondern auch ihre Schwester. Ich vergrub mein Gesicht in dem Umhang und drehte mich zu Seite. Plötzlich ging die Tür auf und ich schrak sofort auf und setzte mich im Bett wieder auf. Ilea lächelte mir entgegen, doch sie war nicht alleine. Neben ihr stand ein junger Elb mit silber-weißen Haaren und eisblauen Augen und lächelte mich auf die gleiche Art und Weise wie sie mich an. Er hatte dieselben Konturen wie Ilea und auch seine Augen strahlten dieses Vertrauen aus, welches ich schon von Ilea kannte. Konnte dies vielleicht Legolas, Ileas Sohn sein? Ilea verabschiedete sich von dem jungen Elb, welchen ich jetzt mal als Legolas identifiziere hatte, ging in das Zimmer und schloss die Tür. Sie lächelte mir entgegen und kam auf mich zu. „ Aiya, Nildenya. Wie geht es dir?" meinte sie während sie sich auf den Stuhl setzte. Ich zuckte leicht mit den Schultern und lies mich mit meinem Mantel in den Händen wieder aufs Bett sinken. „ Du scheinst den Umhang richtig gern zu haben" stellte Ilea lächelnd fest. Ich lächelte leicht und nicke zaghaft. Er bedeute mir wirklich viel. Bestehend aus dem Haar Tingilya's, gewebt zusammen mit dem Haar von XY unterm Mondeslicht. Ja, er bedeutete mir sehr viel, und das nicht nur wegen den Mondeslicht Kräften. „ Möchtest du über das vergangene reden?" wand Ilea plötzlich ein. „Manchmal hilft reden." Fügte sie noch hinzu. „Ich kann nicht wirklich gut Sindarin sprechen" antwortete ich obwohl ich wusste das ihr das ebenso gut bekannt war wie mir. Ich wusste ich war ihr eine Erklärung schuldig, aber... wenn sie wusste wer und was ich war würde sie mir dann immer noch vertrauen? Außerdem war mein Sindarin so schlecht das es furchtbar sein musste mir zuzuhören. „Du musst nicht. Ich dachte nur es könnte dir helfen". Plötzlich kam mir eine Idee. „Ilea?" fragte ich sie in Gedanken, ganz vorsichtig um sie nicht zu erschrecken. Sie schaut auf und hob eine Braue. „Du beherrscht die Kunst des Gedankensprechens?" fragte sie laut und ich nickte. „Das war unsere Kommunikation" sprach ich weiter in Gedanken. Es war einfacher und... gewohnter. Man benutzte keine Sprache wie Sindarin oder Quenya und braucht keine perfekt gesprochene Sätze. Doch durch all diese Vorteile sollte man nie vergessen wie gefährlich diese Sprache sein kann, hatte Tingilya eins gesagt. Man sollte sie nicht jedem beibringen. Tingilya hatte mir all dies beigebracht und noch so viel mehr. Und ich konnte es ihr nie zurückgeben. „Nocturna?" rief Ilea mich plötzlich aus meinen Gedanken. Ich atmete noch einmal tief durch, schloss die Augen und begann zu erzählen. Und alles sprudelte nur so aus mir heraus. Alles, vom Kampf am Fluss bis hin zu der Verbannung. „Warum hat er dich verbannt? Du hast nichts falsch gemacht. Er weiß doch wie viel sie dir bedeutet hat." Fragte Ilea aufgebracht als ich am Ende angekommen war. Die ganze Zeit hatte sie nichts gesagt nur mit ihrem Daumen über meine Hand gestrichen und ich hatte die ganze Zeit meine Augen geschlossen. Ein außenstehender hätte vielleicht gesagt ich schlief, aber das Gegenteil war der Fall. Das Erzählen hatte das Loch im innernen nicht gefüllt und es zog immer noch an mir wie Magenschmerzen, aber die Last auf meinen Schultern die seit der Verbannung auf mir lastete und mir die Luft zu atmen raubte, war verschwunden. „Ich habe aufgegeben und mich den Orks ausgeliefert, anstatt zu versuchen ihr noch zu helfen. Sie..." „Sie hätte überlebt" flüsterte ich kaum merklich, öffnete die Augen und starrte auf den Boden. Ilea seufzte und strich mir das Haar aus dem Gesicht.

Aus Ileas Sicht

Sie war verzweifelt. Und wütend. Wie konnte er nur ihr die Schuld geben, weil die Orks zu stark gewesen sind? Er und der Rest der Herde hatten weder ihr noch Tingilya geholfen! Nocturna hätte Sterben können! Wut stieg in ihr auf, doch bevor diese Herr ihrer Sinne wurde atmete Ilea tief durch und ging in den Garten.

Ilea saß aus einer Bank im Wald und war ganz vertieft in ihren Gedanken, sodass sie nicht merkte wie sie die Aufmerksamkeit eines blonden Prinzen auf sich zog. Sie bemerkte ihren Sohn erst als dieser hinter ihr stand und eine Hand auf ihre Schulter legte. „Nanal?" fragte Legolas und setzte sich neben seine Mutter. Ilea lächelte leicht und schaute weiter dem Wasserfall zu...

SternenkindWhere stories live. Discover now