Kapitel 1

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"Was passiert, wenn wir den Zug verpassen?", keuchte Cara, als wir in Hochgeschwindigkeit auf den Bahnhof King's Cross zurannten.

"Wir müssen uns ein fliegendes Auto klauen!", gab Kilian zurück.
"Nicht schon wieder fliegen", bat Johanna.

Wir waren von Deutschland aus nach London geflogen und hatten den Bus zum Bahnhof nehmen wollen. Aber da alle öffentlichen Verkehrsmittel in sämtlichen Hauptstädten uns zu hassen schienen, war er einfach nicht aufgetaucht.
Als wir jetzt also durch die riesige Halle schossen, hatten wir noch genau fünf Minuten Zeit. Jeder wusste, wo wir hinmussten, und schnell waren wir zwischen Gleisen 9 und 10 angekommen.

"Ihr wisst, wie das geht!" Mit diesen Worten schob Jenni Johanna und mich nach vorne. Inzwischen wurden wir schon von so einigen Londonern angestarrt.

"Los, komm.", murmelte meine beste Freundin. Wir packten unsere Koffer fester an den Griffen und rannten los. Vage nahm ich wahr, wie mein Bruder Kilian hinter uns lief.
Ich spürte nichts als ich durch die Säule lief, es wurde nur kurz dunkel und dann stand der Hogwarts - Express vor mir.
Unter den glänzenden Rädern quoll Dampf hervor, der Zug war rot-schwarz lackiert und an der Seite war HOGWARTS - EXPRESS zu lesen. Ach was. Ich hätte auf den Polarexpress getippt.

"Kommt schon", forderte Marina uns auf, die kurz nach uns aufgetaucht war. "Wir müssen den anderen Plätze freihalten."

Im Zug war (wie zu erwarten, drei Minuten vor Abfahrt) fast alles voll. Ganz hinten entdeckte ich noch zwei freie Abteile. Leider direkt neben den Slytherins, und ich war nicht besonders erpicht auf eine Begegnung mit Malfoy. Aber wir hatten eine Jenni.

Zwei Minuten später kamen auch die anderen endlich.

"Wo wart ihr denn?", fragte ich erleichtert. "Wir dachten schon, Dobby wollte euch beschützen!"
"Fragt nicht!" murmelte Carina, die Augen verdrehend, während sie in eines der Abteile verschwand. Kilian sah Philipp fragend an.
"Na ja, da waren zwei so fette Typen, die haben 'ihr' Abteil nicht gefunden und wollten uns nicht vorbeilassen."
"Herzlichen Glückwunsch." Johanna klopfte ihm auf die Schulter (was bei ihrem Größenunterschied irgendwie skurril aussah). "Ihr habt gerade Crabbe und Goyle kennengelernt!"
Wir teilten uns auf die zwei Abteile auf und verstauten unsere Koffer mit einigen Mühen und Beinahe- Genickbrüchen auf der Gepäckablage.

"Oh, ich habe eine Idee!" Marina begann, in ihrer Tasche zu kramen, dann sah sie leicht genervt zu mir. "Du hast doch immer Block und Stifte dabei, oder?"

Neugierig gab ich sie ihr und beobachtete, wie sie etwas auf den Zettel schrieb und ihn mit Tesafilm an die Abteiltür klebte, sodass die Worte von außen sichtbar waren.
"Was steht da?", fragte Nico, aber Marina schüttelte den Kopf.
"Das werdet ihr wahrscheinlich bald sehen."

Es verging etwa eine halbe Stunde. Kilian und Johanna hörten Musik, Jenni unterhielt sich mit Carina und Marina las. Ich versuchte mich an einem Brainstorming für eine meiner Geschichten, gab aber seufzend auf und kramte nach meinen Kopfhörern. In diesem Moment wurde die Tür zu unserem Abteil aufgerissen.

Jenni begann zu grinsen und ich wusste ohne hinzugucken, wer dort stand. Tatsächlich: in der Schiebetür stand ein schmaler, hellblonder Typ, flankiert von den beiden, von denen Philipp vorhin so geschwärmt hatte.
"Servus" Kilian hob lässig die Hand. Johanna nahm ihre Kopfhörer herunter.
"Sie wünschen?"
"Wir hatten keinen Zimmersevice bestellt", meinte Jenni gespielt verwundert.

Draco schien keinen Sinn für Höflichkeiten zu haben. Stattdessen hielt er ein abgerissenes Blatt Papier in die Höhe. "Habt ihr das zu verantworten?"

Zum ersten mal konnte ich erkennen, was Marina geschrieben hatte: 'Orks und Malfoys müssen draußen bleiben!' Darunter hatte sie etwas gezeichnet, das mir sehr nach einem missglückten Ork aussah (ging das überhaupt?).

Besagter Blondschopf schien das nicht halb so lustig zu finden wie wir, die unvermittelt begannen zu lachen.
"Das Lachen wird euch noch vergehen", warnte Malfoy uns. "Wisst ihr nicht, wer ich bin?"
"Kannst du nicht lesen?", gab ich zurück. "Da steht es doch."
"Ich habe gehört, ihr seid neu hier, deshalb gebe ich euch eine zweite Chance", behauptete er verbissen. "Ihr könnt in Schwierigkeiten geraten, wenn ihr euch für die falsche Seite entscheidet!"
"Ich glaub, ich hab ein Déjà-vu!", warf Carina ein. "Tut mir leid, aber mit Morgoth kannst du es nicht aufnehmen!"
"Er sieht nicht aus wie ein Vala", bestätigte Kilian. "Eher wie ein Frettchen..."

Ich hatte große Mühe, mir das Kichern zu verkneifen und den anderen schien es genauso zu ergehen.

"Das werdet ihr früher oder später bereuen!", warnte Malfoy uns in Ermangelung schlagfertiger Antworten und verschwand.
"Das hat mich jetzt eher so mittel-beeindruckt.", bemerkte Lena.
"Umbridge wird uns lieben!", stellte Kilian zufrieden fest.

***

Wir wussten nicht, ob wir Professor Raue-Pritsche folgen sollten, aber da wir sicher waren, dass mindestens einer von uns in den See fallen würde, mogelten wir uns zu den Fünft- und Sechstklässlern bei den Kutschen.
"Wer seid ihr denn?", fragte Ron etwas verdutzt, als er uns bemerkte.
"Wir sind der private Sicherheitsdienst", verkündete Philipp.
"Uns wurde gemeldet, dass hier ein Uruk-Hai gesichtet wurde!", schloss sich Carina an und auch Johanna schloss sich mit ernster Miene an.
"Er soll sich als Frau verkleidet haben und zur Tarnung hauptsächlich Pink tragen, ist das korrekt?"

"Was für ein Sicherheitsdienst?", fragte Hermine ungläubig.
"S.H.I.E.L.D. natürlich!", klärte ich sie auf.
"Section for weird and crazy people", erklärte Johanna weiter. "Sie dachten, das sollten die mit der größten Erfahrung übernehmen."

Die, die uns gehört hatten, sahen sich an. Sie konnten sich anscheinend nicht so richtig entscheiden, ob sie uns ernst nehmen sollten oder nicht. Seamus, der ja einen Nichtzauberer als Vater hatte, begann zu grinsen. "Willkommen in Hogwarts."






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