Kapitel 4

1.8K 85 7
                                    

Lisa schnappte sich ihre Autoschlüssel und war dann verschwunden. Castiel war es, als würde ein großer Druck von ihm genommen werden. Er fühlte sich einfach in der Nähe dieser Frau nicht wohl und die Eifersucht machte es ihm schwer klar zu denken. „Sie ist echt eine tolle Mutter", bemerkte Sam und sah sich ein paar der Bilder an, die überall im Zimmer verstreut waren. Auf den Meisten war nur Lisa mit Ben zu erkennen, wie sie auf Spielplätzen oder auf Feiern zusammen Spaß hatten. Doch bereits beim Hereinkommen war Castiel das Bild über dem Kamin aufgefallen. Jetzt stand er auf und näherte sich ihm langsam. Er kannte es bereits und doch zitterten seine Hände, als er es zögernd nahm um es näher zu betrachten. Es zeigte Ben, wie er zusammen mit seiner Mutter vor einem schwarzen Auto  – einem Impala stand und daneben war... Dean. Alle drei lächelten und wirkten glücklich. Warum hatte sie ausgerechnet dieses Bild über ihrem Kamin hängen - dort wo es jeder gut sehen konnte? Zu Cas Pech bahnten sich Tränen ihren Weg nach draußen. Er berührte sanft Deans Gesicht auf dem Foto. Es war so friedvoll, wie es eigentlich nur war, wenn er schlief. In seiner Gegenwart war Dean nie so entspannt. Aber es wunderte ihn nicht, denn er bedeutete Gefahr, Angst und Krieg. Der Engel war nie bei Dean, wenn es ihm gut ging, sondern nur, wenn es Probleme gab. Ein paar Tränen tropften auf den Bilderrahmen. So gerne würde er auch einmal dieses Lächeln sehen – nur für ihn. Eine Hand griff nach dem Bild und zog es Castiel vorsichtig aus den klammen Fingern. Dennoch sah er nicht auf. Dann umgaben ihn starke Arme, die ihn fest an sich zogen. Augenblicklich fühlte sich der Engel sicher und geboren, denn es waren Deans Arme, die ihn festhielten und seine Hände, die beruhigend über den Rücken des Engels strichen. „Alles in Ordnung Kumpel?", fragte er mit sanfter Stimme nach. Cas rührte sich nicht und atmete tief seinen Geruch ein. Es tat ihm so unendlich gut seine Nähe zu spüren und er wünschte sich für immer so verharren zu können. In diesem Moment fühlte er keinen noch so kleinen Funken Eifersucht oder Angst, alles zu verlieren und es gab auch keine perversen Gedanken in seinen Kopf. Es war tatsächlich nur er und Dean. Die Hand seines Freundes strich ihm nun auch durch die Haare und er spürte, wie er irgendetwas nuschelte. Castiel wollte verstehen, was Dean versuchte ihm zu sagen und löste sich von seiner starken Brust. Erwartungsvoll sah er in die grünen Augen und das sanfteste Lächeln dieser Welt. Deans Hand strich ihm die letzten Tränen von den Wangen. Es schien fast so, als würde er nicht wissen, was er sagen sollte, denn er öffnete ein wenig seinen Mund nur um ihn dann wieder zu schließen. „Ist alles wieder okay?", fragte der Winchester nach einem weiteren Moment des Starrens leise. Weder der Engel noch der Mensch konnten sich von den Augen des jeweils anderen lösen. „Ja. Ich danke dir", meinte Castiel. Stumm nickte Dean. Er machte keine Anstalten ihn wieder loszulassen, was natürlich Cas nicht störte. Stattdessen sanken seine Arme langsam zu den Hüften des Kleineren herab. Es war ganz still geworden. Ohne zu wissen, was er eigentlich tat, öffnete Castiel seinen Mund: „Dean ich-" Er stoppte, als sie das immer näherkommende Brummen eines Autos hörten. Schnell machte Dean einen Schritt zurück und löste sich somit von seinem Freund. Hastig hängte er das Bild wieder an seinen Platz zurück und sprang förmlich aufs Sofa. Auch Castiel richtete eilig wieder seinen Trenchcoat, den er nicht abgelegt hatte und fuhr sich schnell über sein Gesicht, um zu verstuschen, dass er Geweint hatte. In diesem Moment kam auch Sam wieder zurück in den Raum. Er war mit einem Hammer bewaffnet und Cas sah ihn verwirrt an. Warum hatte er Werkzeug bei sich? Sam zeigte wortlos auf einen gelösten Nagel in der Wand und auf das Bild, dass dort einmal gehangen hatte. Anscheinend war er so in Gedanken wegen diesem Foto von Dean, Ben und Lisa gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie der junge Winchester einen Hammer für das heruntergefallene Bild gesucht hatte. Es zeigte Ben, wie er strahlend unter einem bunt geschmückten Weihnachtsbaum saß. Immer noch verwirrt half er ihm das Foto wieder aufzuhängen. Dean saß währenddessen auf der Couch und las ein Magazin. Er tat so, als hätte er sich nicht bewegt, als wäre das Vorhin zwischen ihm und Cas nie passiert. Das Knallen von Autotüren war zu hören und dann das Klimpern eines Schlüssels. Wenige Augenblicke später erschien Ben im Türrahmen. Er strahlte über das ganze Gesicht. Den ersten den er sah war Castiel. Stürmisch rannte er auf den Engel zu. Lächelnd beugte er sich zu dem Kleinen herunter und schloss ihn in seine Arme. „Ich hab dich vermisst Cas!", meinte Ben munter. Mit einem Schmunzeln richtete sich Castiel wieder auf. „Ich dich auch." Es war erstaunlich, wie sehr der Junge Dean ähnelte. Sie hatten beide den gleichen Musikgeschmack, dass selbe gute Händchen für Autos und als der Engel sich beiden mit: ‚Mein Name ist Castiel. Ich bin ein Engel Gottes.' vorgestellt hatte, da hatten sie ihn einfach Cas genannt. Ben drückte nun auch Dean ganz fest und zum Schluss auch Sam. „Das ist total abgefahren, dass ihr hier seid!", freute er sich und schien dabei ganz aufgeregt. „Wir dachten, dass du dich freuen würdest uns mal wieder zu sehen", lachte Dean und wuschelte ihm durch die Haare. Auch wenn er behauptete, dass er Kinder nicht mochte, so konnte er sehr gut mit Ben umgehen. Wie ein Vater, dachte Cas und lächelte dabei gedankenversunken. Das Bild von dem Haus im Wald kam ihm wieder in den Sinn. „Und habt ihr wieder die Welt gerettet?", hackte Ben nach. Seit sie mit Lisas Einverständnis dem Jungen von den Monstern dieser Welt und ihrem Job erzählt hatten, drängte er sie immer ihm Geschichten von ihren Jagden zu erzählen. Selbstverständlich ließen sie die blutigen und unschönen Momente weg. Ben konnte jedoch nie genug davon bekommen. „Ben! Sie sind gerade erst angekommen. Ich denke sie wollen sich erst einmal ausruhen", tadelte Lisa ihren Sohn. Ben nickte etwas traurig. „Sie werden dir bestimmt heute Abend mehr erzählen", fügte sie schnell hinzu. Dann schickte sie ihn nach oben, damit er sich waschen konnte, denn er war ganz dreckig. Man hätte meinen können, dass er nur über den Platz gerollt wäre. Zu viert sahen sie ihm hinterher. „Er ist ein echtes Energiebündel", meinte Lisa schmunzelnd. „Habt ihr schon ein Zimmer? Wenn ihr wollt könnt ihr ruhig hier übernachten. Ich habe das Gästezimmer vorbereitet", bot sie ihren Gästen an und wechselte damit unerwartet das Thema. Kurz tauschten die Jungs Blicke untereinander aus. Sie hatten noch kein Zimmer gemietet und wenn Lisa schon damit gerechnet hatte, dann wäre es nun unhöflich abzulehnen. Außerdem konnten sie so mehr Zeit mit dem Jungen verbringen. „Das wäre sehr nett von dir", bedankte sich Dean.


„Fast hätten wir die Geister einfach getötet, doch zum Glück haben wir noch einmal näher hingesehen. Denn sie wollten uns nicht weh tun, nein! Sie wollten uns vor einem nur noch schrecklicheren Geist warnen. Wir folgten also ihren Hinweisen und mit ihrer Hilfe konnten wir den wahren Übeltäter aufspüren und seine Knochen verbrennen. Es war aber ziemlich knapp, da der Geist bereits auf uns gewartet hatte!" Deans Gesicht strahlte, als er Ben von ihrer letzten Jagd erzählte. Sie saßen alle zusammen am Esszimmertisch und genossen Lisas selbst gemachtes Essen. Cas musste zugeben, dass es köstlich schmeckte. Schon seit sie sich gesetzt hatten, war Dean damit beschäftigt von ihrer letzten Jagd zu berichten. Mit Euphorie beschrieb er, wie sie zusammen recherchiert hatten, nur um dann festzustellen, dass sie die Situation falsch gedeutet hatten. Castiel schmunzelte, als er daran zurückdachte. Sie waren sich sicher gewesen, dass die Geschwister ihre Familie umgebracht hatten und seither in diesem Haus spukten, doch in Wahrheit war es deren Vater gewesen. Dean, Sam und Cas waren drauf und dran gewesen, die Knochen der Kinder zu salzen und zu verbrennen, doch dann hatten sie bemerkt, dass diese Geister ihnen nichts antun wollten. Bis sie begriffen hatten, dass der Vater der böse Geist war, war es zu spät und sie flogen schon quer durch den Raum. „Mit seiner Kraft schleuderte uns der Geist gegen die Wände. Aber wir hatten schnell reagiert und zu unseren Eisenstangen gegriffen", fuhr Dean fort und fuchtelte dabei mutig mit seiner Gabel herum. Sam schnaubte laut auf. „Was redest du da? Du lagst doch die ganze Zeit bewusstlos auf dem Boden! Cas hatte gegen den Geist gekämpft, während ich in den Keller gerannt bin um dort die Knochen zu verbrennen." Empört stieß Dean seinem Bruder den Ellenbogen in die Rippen. „Boah! Ist das wahr? Hast du ganz allein gegen den bösen Geist gekämpft?", staunte Ben und sah dabei erwartungsvoll zu Castiel. Schnell löste er seinen Blick von Dean und lächelte den Jungen an. „Ja habe ich aber ein richtiger Kampf war es nicht. Ich habe ihn nur so lange beschäftigt, bis Sam die Knochen verbrannt hatte", stellte er etwas verlegen klar. Er mochte es nicht, wenn man ihn für das was er tat bewunderte. Schließlich tat er nur seine Pflicht. „Ihr seid wirklich cool! Ständig rettet ihr Leben und verlangt dafür nicht einmal was." Ben schwärmte schon die ganze Zeit von den Dreien. Lisa lachte ein wenig. „Die Jungs sind nun mal echte Helden. Komm mir aber ja nicht auf die Idee es ihnen gleich zu tun!", meinte sie mit einem Lächeln, doch Castiel konnte in ihren Augen erkennen, dass sie sich tatsächlich darüber Sorgen machte. Er konnte es ihr nicht verübeln, denn Ben zeigte wirklich sehr großes Interesse an der Jagd. Trotz allem konnte er sich nicht vorstellen, dass der Junge sein sicheres und glückliches Leben aufgeben würde um zu jagen. Dafür war er zu vernünftig. Auch Dean hatte Lisas Blick bemerkt. Er räusperte sich. „Aber unser Leben ist nicht immer so toll. Okay? Wenn ich die Chance gehabt hätte, dann würde ich jetzt lieber ein anderes Leben führen", meinte er mit ernstem Blick. Es kehrte Stille ein. Man konnte den Winchesters ansehen, wie sie über ihr mögliches Leben in Frieden überlegten und Ben stocherte nachdenklich in seinem Essen herum. Castiel war sich sicher, dass Dean so ein Leben wollte und doch auch wieder nicht. Sie konnten das Jagen nicht einfach aufhören, dafür war zu viel passiert und doch lockte der Gedanke daran immer wieder aufs Neue. „Aber genug von Monstern. Freust du dich denn schon auf morgen?", lenkte Sam das Gespräch in eine andere Richtung. Eilig nickte der Kleine. Castiel musste lachen. Solange wie er nun die Menschheit schon beobachtete, erfreute er sich immer wieder an ihren Emotionen. Vor allem die Freude gefiel ihm besonders gut. Er hatte schnell feststellen müssen, dass Menschen am glücklichsten bei ihren Familien waren und wenn sie etwas geschenkt bekamen. Seit Jahren fragte er sich, ob er nicht einmal für Dean eine Geburtstagsparty veranstalten sollte. Das Lachen des Winchesters erreichte stets seine Augen und schien die sonst so düstere Welt zum Leuchten zu bringen. Leider hatte Dean in letzter Zeit kaum noch die Gelegenheit gehabt sich tatsächlich aufrichtig zu freuen. Wie zur Bestätigung nickte Cas. Er würde seinen Freund eine Freude machen und sein wunderschönes Lächeln wiedersehen. „Ben hat seine ganze Klasse eingeladen und das Fußballteam auch. Das Haus wird richtig voll sein. Zudem kommt auch der Rest der Familie", erklärte Lisa und begann damit den Tisch abzuräumen. „Ich hoffe, dass alle kommen. Die Party wird bestimmt richtig unglaublich!" Ben ahmte mit seinen Armen die Explosion einer Bombe nach. Dean musste Lachen. Verträumt sah ihn Cas aus dem Augenwinkel an. Ja, dachte er sich, ich möchte dieses Lachen für immer sehen.

Destiel - Es war nie FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt