Kapitel 9

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Castiel war mit Ben rauf in dessen Zimmer gegangen. Dean war bei Lisa geblieben. Er half ihr bei den letzten Handgriffen am Buffet und an den Kuchen. Dean musste dabei erleichtert feststellen, dass es sich überhaupt nicht komisch anfühlte mit ihr allein zu sein. Nach einer Trennung war das ja normalerweise etwas schwierig, doch er fühlte sich sehr wohl. Wortlos reichte sie ihm die Schüssel mit der Schokoglasur, die er über die Geburtstagstorte gießen sollte. Der Winchester sah sie entgeistert an. „Ich habe das noch nie gemacht!" Lisa lachte. „Dann wird es aber höchste Zeit!" Behutsam legte sie ihre Hände über seine. „Ich helfe dir auch." In diesem Moment fühlte sich Dean, als wäre er zurück in der Vergangenheit.

Seine Gefühle für diese Frau waren noch lange nicht weg und doch war es nicht so wie damals. Der Gedanke an Cas und letzte Nacht ließ ihn nicht los. er fühlte sich deswegen immer noch schlecht und überlegte verzweifelt was er tun könnte, um es wieder gut zu machen. „Auch wenn ich dir helfe solltest du vielleicht auf den Kuchen schauen!", lachte Lisa. Er musste lachen. Sie war so natürlich und witzig - genau das was er so liebte. Auch Castiel war auf seine ganz eigene Art natürlich und, auch wenn er es nicht wusste, lustig. Jedoch war der Engel - anders als Lisa - in Deans Augen einfach nur niedlich und beinahe perfekt. Was ist nur los mit mir? Dean seufzte laut und verdrängte den Schwarzhaarigen aus seinem Kopf. Seine ganze Aufmerksamkeit war nun auf seine Hände und die Schokoglasur gerichtet.

Zusammen mit Lisas Hilfe hatte er kaum etwas daneben tropfen lassen und griff nun zu einem Löffel, um das Ganze zu verstreichen. „Na siehst du! Geht doch", sagte Lisa und klopfte ihm auf den Rücken. Mit ihren langen Fingern wischte sie einen der Schokotropfen auf. Ihren Blick ließ sie an Dean hängen, als sie langsam die Masse wieder ableckte. Natürlich entging dies ihm nicht, doch er bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. In seinem Herzen herrschte ein einziges Chaos und da konnte er gerade nicht gebrauchen, dass sie ihn anmachte. Enttäuscht widmete sie sich wieder dem Salat, den sie waschen wollte. Aus irgendeinem Grund fühlte Dean, dass er etwas sagen müsste. Aber was? Was sagte man seiner Ex, die man irgendwie liebte und auch nicht? Was sagte man, wenn man wieder gerne mit ihr zusammenleben würde und auch nicht? Es war kompliziert. Viel zu kompliziert. „Bist du glücklich?" Lisas Stimme war ganz leise und sie hob auch nicht ihren Kopf. Dean legte den Löffel auf die Seite. War er das? Glücklich? Konnte man das tatsächlich so nennen? Es war verdammt kompliziert! Er seufzte.

„Ich bin zufrieden", antwortete er nach einer Weile ebenfalls kleinlaut. „Das ist keine Antwort auf meine Frage!" Dean konnte ganz deutlich heraushören, dass sie trotzdem schmunzelte. Schließlich war er schon immer ein Meister darin gewesen keine direkten Antworten zu geben. „Ich denke, dass ich schon irgendwie glücklich bin. Aber ich habe immer das Gefühl, dass etwas fehlt. Es lässt mich einfach nicht los und solange ich nicht weiß was es ist... Aber was weiß ich schon von Glück? Man sollte schon allein glücklich sein, dass man noch am Leben ist." Nachdenklich leckte er sich die mit Schokolade verschmierten Finger ab. Lisa sah ihn nun doch an. „Du warst noch nie gut darin Glück, dass direkt vor deiner Nase ist, zu erkennen", meinte sie trocken. „Was soll denn das heißen?" „Als du hier bei uns warst, warst du glücklich?" „Ich denke schon." „Warum wolltest du dann wieder jagen?" Dean runzelte seine Stirn.

„Weil Sam wieder da war?", kam es unsicher von ihm. Das war doch sein Grund gewesen, oder? „Weil du dachtest, dass das dein Glück ist!" Sie schmiss den Salat in eine Schüssel. Ihre Hände stemmte sie in die Seite und sah ihm direkt in die Augen. „Und wo bist du jetzt?" Dean verstand nicht worauf sie hinaus wollte. „In deiner Küche?" Lisa verdrehte die Augen. „Immer noch bei deinem Bruder und Engel!" Sie griff nach einer Tasse und begann damit ein Dressing anzurühren. „Willst du damit sagen, dass das mein Glück ist?", hackte Dean nach. Langsam begriff er was sie meinte. „Das sagte ich nicht aber ich denke, dass es bei ihnen ist. Also wenn du das suchst, dass dir fehlt, dann schau bei dem nach, dass du bereits hast", schlug sie vor. Der Winchester schloss sie von hinten in eine Umarmung. Er wusste zwar nicht ganz wieso, aber es fühlte sich gut an. „Danke. Egal wie kaputt und verkorkst ich bin, du bist irgendwie immer da und hast die richtigen Worte für mich." Sie legte eine Hand auf seine. „Kein Problem."

In diesem Moment kam Sam von draußen rein. Er hatte einem Monteur dabei geholfen die Hüpfburg aufzubauen und war deswegen nun leicht verschwitzt. Ungläubig stand er in der Tür und sah die beiden an. „Stör ich etwa?" Er grinste leicht. Ertappt fuhren sie herum und der ältere Winchester nahm einigen Abstand von Lisa. Deans Wangen waren leicht gerötet. „Nicht im Geringsten! Was gibt's Sammy?" Der kleinere zog wissend seine Augenbrauen nach oben. „Alles klar. Ich bin jetzt draußen fertig. Kann ich noch etwas tun?" Langsam schüttelte die schwarzhaarige ihren Kopf. „Nein. Danke Sam...aber vielleicht solltest du noch schnell duschen gehen", meinte sie und sah ihn nett lächelnd an. Eilig nickte er und stieg die Treppe zum oberen Bad hinauf.

Angespannt blieb Sam auf der obersten Stufe stehen und lauschte. Er war sich nicht ganz sicher, was er da eben beobachtet hatte. Empfand sein Bruder noch etwas für Lisa? Oder hatte er die Situation falsch gedeutet? „Warum mache ich mir eigentlich Gedanken darüber?", fragte er sich laut und ging ins Bad. Es hatte ihn nichts anzugehen, was Dean für Gefühle hatte und für wen. Wenn er wirklich wieder mit der Schwarzhaarigen zusammen sein wollte, dann sollte er sich doch freuen, oder? Aber was war dann mit Cas? Er stützte sich auf das Waschbecken und sah in den Spiegel. Warte- Setzte er gerade voraus, dass der Engel etwas von seinem Bruder wollte oder anders herum? Schnell schüttelte Sam den Kopf und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Nur weil er ein paar merkwürdige Momente zwischen den Beiden in letzter Zeit beobachten konnte, hieß das nicht, dass da auch etwas lief. Vor allem nicht mit Dean! Sein großer Bruder schlief doch nur mit irgendwelchen heißen Frauen und ganz gewiss nicht mit Kerlen! Niemals! „Ich bin doch wirklich ein Idiot!" Flink zog er sich aus und duschte. Wieso hatte er nur gedacht, dass sein Bruder schwul war?! Danach war sein Kopf wieder frei und er ging rüber in Bens Zimmer.

Als er die Tür öffnete, sah er Castiel und Ben vor einem großen Legosteine Haufen sitzen. Er musste schmunzeln, denn es sah wirklich putzig aus, wie sie so dort saßen. „Du kannst dich gerne mit zu uns setzten", meinte Cas und sah zu dem Winchester auf. „Bitte Sam!" Ben nickte eifrig. Seufzend nahm der Große auf der anderen Seite des Haufens Platz. Lisa hatte ihrem Sohn ein neues Legobauset gekauft. Eigentlich sollte es ein Raumschiff werden, doch er konnte nur einen grauen Klotz sehen. „Es tut mir wirklich leid", fing der Engel an. „Ich habe es versucht aber ich verstehe diesen Plan nicht. Es ist wirklich kompliziert und so komplex!" Planlos sah er von der Anleitung auf und reichte sie Sam. Dieser musste lachen. Eines der mächtigsten Wesen dieser Welt schaffte es nicht ein Kinderspielzeug zusammenzubauen. Erwartungsvoll sah Ben zu ihm auf. Schnell überflog Sam die Skizzen und kurzen Sätze. „So schwierig ist das gar nicht", murmelte er. Dann begannen sie damit, den Klotz wieder auseinanderzunehmen und diesmal korrekt alles aufeinander zustecken.

Nach kurzer Zeit sah das Raumschiff exakt so aus, wie auf der Verpackung und Ben fiel Sam überglücklich um den Hals. Ein wenig beschämt blickte Castiel auf den Teppich. Aber er musste auch lächeln. „So du Geburtstagskind! Die Hüpfburg ist schon da und ich denke, dass auch bald deine Familie kommt. Du musst dir aber noch schnell etwas anderes anziehen", meinte Sam und zeigte auf Bens Kleiderschrank. Der Kleine hatte bisher nur ein ausgewaschenes T-shirt und eine Jogginghose an-nicht wirklich die beste Kleidung für einen Geburtstag. Lächelnd suchte Sam ihm etwas Passendes raus und schickte ihn ins Badezimmer. „Du kannst wirklich gut mit Kindern", stellte Castiel hinter ihm fest. Locker winkte der Winchester ab. „Ach was! Ich mag Ben, da ist es nicht sonderlich schwer." Mit einem verträumten Lächeln stand der Engel am Fenster und sah hinunter in den Garten. „Da hast du Recht", meinte er, doch sein Blick war immer noch nach unten gerichtet. Stirnrunzelnd betrachtete Sam ihn. „Vielleicht kannst du ja Dean oder Lisa helfen? Ich bleibe bei Ben", schlug er vor. Irgendwie kam ihm der schwarzhaarige etwas abwesend vor, darum wollte er ihn ein wenig beschäftigen. Jetzt sah Castiel ihn wieder an. Sam konnte in seinem Blick klar erkennen, dass er nur ungern zu Dean und Lisa ging, doch er nickte dem Größeren zu und kurz darauf hörte Sam ihn die Treppen hinunter gehen.

Destiel - Es war nie FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt