Eine kleine Nachtmusik

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Im Klassenzimmer herrschte noch ein relativ hoher Lärmpegel, denn noch war die Lehrerin nicht anwesend. Noch werden Schminktipps und Hausaufgaben ausgetauscht und alle unterhalten sich in einer Lautstärke, die normal nie herrschen würde, doch keiner der Lehrer schien sich beschweren zu wollen.

Hyungshik saß am Fenster in der letzten Reihe, lehnte sich auf die Fensterbank und sah nach draußen in den Regen. Seit Tagen schon regnete es, weil die Temperaturen einfach nicht unter den Nullpunkt fallen wollten. Somit gab es nun noch immer nur Regen und keinen Schnee. Ihm war es egal, was interessierte ihn auch das Wetter. Genau, gar nicht.

Auch wenn es wirkte, als würde er aus dem Fenster starren, auch den Augenwinkeln heraus beobachtete er jede Regung ein paar seiner Klassenkameraden. Die Tür öffnete sich und ihre Lehrerin, dick und noch dazu hochschwanger, kam herein. Da keiner auf sie achtete, knallte sie die Bücher, die sie getragen hatte, aufs Pult. Jetzt hatte sie die Aufmerksamkeit von allen.

„Da sich nun auch die letzten von uns dazu entschlossen haben, ihre Aufmerksamkeit such mir zu widmen, muss ich sage, dass ich gerade aus einer Lehrerversammlung komme. Einer über euch. Die Lehrer haben sich über euch beschwert. Nicht über eure Leistungen obwohl auch diese unter aller Sau sind.

Es geht um eure Klassengemeinschaft. Die ist schlimmer als in allen anderen Klassen. Also hat das Lehrerkollegium beschlossen, dass man das ändern will. Und bevor ich Beschwerden höre, ja das muss sein. Und bevor ihr jetzt beschließt, dass ihr das Ganze in irgendeine Weise boykottiert, wir haben ein ganzes Maßnahmenpaket beschlossen, dass so lange abgearbeitet wird, bis es etwas bewirkt. Wenn es sich vorher schon bessert, müssen wir die anderen Maßnahmen vielleicht nicht mehr durchführen."

Sofort bracht Getuschel los. Sicher, die Klasse hatte keinerlei inneren Zusammenhang, dass wussten alle, aber bisher hatte es die Lehrer nicht gestört. Es gab Gruppen, zwischen denen im besten Fall einfach Ignoranz herrschte, zumeist aber eher eine Art Krieg. Die wenigen Außenseiter wurden von allen toleriert und ignoriert, aber ansonsten hatte niemand die absolute Ruhe.

Dass die Lehrer sich jetzt so sehr von dem gestört fühlten, dass sie etwas ändern wollten, überraschte die gesamte Klasse. Die meisten wollten nichts an den momentanen Zustandes in der Klasse ändern, sodass die nun wirklich heftig diskutierten. Hyungshik aber wusste, die Lehrerin kannte sie zu gut. Mit ihrer Drohung für weitere, potenziell schlimmere Maßnahmen würde dafür sorgen, dass alle teilnahmen.

Der Lehrerin schien es dagegen gar nicht zu passen, dass die Schüler sie schon wieder nicht beachteten, schnappte sich erneut ein Buch und hämmert es wieder auf das Pult. Erneut erhielt sie dadurch die Aufmerksamkeit der Klasse. „Wenn ihr euch nicht benehmt, dann schreibe ich am Montag eine Klassenarbeit und lasse die Bewertung, egal wie schlecht, zählen."

Die erschrockenen Gesichter kannte sie als Mathelehrerin schon zur Genüge und sie wusste, dies war wohl die effektivste Drohung, die ein Lehrer ihres Faches hatte. Kaum ein Schüler mochte Mathe und das zeigten die meisten auch sehr, sehr genau, indem ihre Noten unterirdisch waren. Eine Verschlechterung ihres Notenschnitts durch selbigen Test konnten sich die meisten also nicht leisten.

„So, nun also zu eurer ersten Maßnahmen. Ihr werdet wichteln und ihr werdet einen Artikel schreiben, warum ihr dieser Person das geschenkt habt. Die Antworten bekomme ich. Ihr dürfte niemandem sagen, welche Person ihr habt und die sollte das am besten auch nicht heraus finden. Ihr müsst also unauffällig etwas über die Person herausfinden. Kwanghee, komm nach vorne und schneide die Klassenliste."

Der Junge erhob sich und setzte sich ans Pult. Während der die Klassenliste in Streifen schnitt, vermutlich immer ein Name auf jedem Streifen, wand sich die Lehrerin an die Klasse. „Hefte raus, wir korrigieren trotzdem die Hausaufgaben. Kevin, an die Tafel und Aufgabe eins lösen." Der Junge ging mit zittrigen Beinen nach vorne und eigentlich hätte Hyungshik ihn lustig finden müssen, doch er war sich bei seiner Lösung ja ebenfalls nicht sicher, er wollte auch nicht an die Tafel.

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