Die letzte Skulptur

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Der nächste Morgen brach an. Viele der Wikinger von Berk hatten sich gefreut, wieder auf festem Untergrund schlafen zu können. Als die Sonne langsam über dem Horizont aufging, waren die meisten Wikinger noch nicht wach. Nur wenige standen schon auf und wuschen sich mit Wasser aus einem Fass, das Hicks für sie bereitgestellt hatte.
Haudrauf und Valka hingegen hatten kaum Schlaf in dieser Nacht erhascht. Sie hatten sich viel zu erzählen, zu viel, dass es nur eine Nacht hätte ausfüllen können. Bis in die frühen Morgenstunden hatten sie sich über die vergangenen 20 Jahre unterhalten, was passiert war und wie es dem jeweils anderen ging.
Vor allem Valka hatte sich große Sorgen über ein Treffen dieser Art gemacht. Sie hatte sich gestern erst zurückgezogen, hatte aber schnell begriffen, dass dies nichts bringen würde. Hicks oder Loki würden sie zur Sprache bringen und schnell hätte man sie gefunden. Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass Haudrauf sie ebenso für die Liebe zu den Drachen peinigen würde, wie Hicks damals vor 5 Jahren. Doch statt Zorn, konnte sie Freude und Erleichterung in seinen Augen sehen. Als ob ein schwerer Stein ihm vom Herzen gefallen war. Da wurde schnell vergessen, dass Valka für viele weg blieb, um die Drachen zu beschützen. Sie hätte nach Berk zurückkommen könne, das hatte sie Haudrauf auch gefragt, aber je mehr Hicks Mutter von Ereignissen um den Drachenhort und um Hicks erzählte, wurde auch dem Oberhaupt von Berk deutlicher, das ihr gemeinsamer Sohn eine besondere Aufgabe hatte. Zudem wurde sich Haudrauf immer sicherer. Er würde Hicks Verbannung aufheben, wenn er den Frieden zwischen Drachen und Menschen tatsächlich hinbekommen könnte. Vielleicht wäre dann dazu bereit, wieder nach Berk zu ziehen. Astrid und Rotzbacke würde er auch noch dazu bringen, es zu akzeptieren. Schließlich war er das Oberhaupt.
Auch Haudrauf erzählte Valka von seine Sorgen und wie das Dorf immer schwerer von Drachen heimgesucht wurde. Deswegen war ihm erst die Idee gekommen, nach Hicks zu suchen, da man sich so viel über einen mysteriösen Nachtschattenreiter sagte. Viele Kaufleute hätten davon berichtet, wie vielen Menschen er schon den Frieden oder einen Waffenstillstand mit den Drachen gebracht hatte. Auch die Berserker waren darunter. Er hatte sich schon gewundert, warum Dagur ihn nicht ins Haus reinlassen wollte. Angeblich, weil es nicht seiner würdig war, doch wenn man es genau betrachtete, war das Haus von Dagur doppelt so groß, wie das von Haudrauf. Er hatte auch merkwürdige Geräusche aus dem Inneren gehört, die auf einen Drachen hinwiesen. Und dann noch dieses Merkwürdige Verhalten, Dagur wüsste nichts über eine Insel, auf der der Drachenreiter leben würde. Jetzt konnte sich das Oberhaupt der Berkianer so einiges zusammenreimen. Zumindest klang es logisch.
„Also gut, was will Hicks denn eigentlich tun?", fragte Haudrauf Valka, als diese sich an einen Tisch gesetzt hatten. Ihnen beiden waren nur 4 Stunden Schlaf vergönnt gewesen.
„Hicks will die Drachenkönigin besiegen, denn sie versklavt sowohl Drachen, als auch Menschen und benutzt sie für ihre Zwecke. Sie benutzt goldene Statuen, um die Wikinger der Stämme zu täuschen und sie auf einem falschen Pfad zu führen. Habt ihr eine solche auf Berk?" Haudrauf dachte nach, aber ihm war auf Berk nie eine Staue wie diese aufgefallen: „Nein. Aber ich glaube, ich weiß, wovon du sprichst. Ich habe schon mal eine gesehen." – „Wo?", kam es fordernd von Valka, denn sie wusste, jede Statue weniger schwächte die Königin empfindlich.
„Ich kann mich nicht mehr erinnern. Auf irgendeinem Schiff, aber ich weiß nicht mehr, welches.", sagte Haudrauf noch einmal und richtete sich auf, als Hicks den Raum betrat. „Guten Morgen, mein Sohn." – „Haudrauf weiß von einer weiteren Statue, weiß aber nicht wo sie sich befindet. Nur auf einem Schiff.", unterbrach Valka sofort, bevor Hicks reagieren konnte.
„Eine weitere Statue vom Roten Tod? Vater, du musst dich genau erinnern, wo das war! Wenn wir diese Statuen zerstören, sinkt auch die Macht der Drachenkönigin." Sofort war Hicks angespannt. Am liebsten wollte er gleich loslegen und diese fünfte Statue suchen. „Ich überlege ja schon, Hicks, aber ich kann mich nicht richtig erinnern. Das Schiff hatte Berk schon mehrere Male angefahren und einige hatten sich schon für die Staue interessiert, aber der Mann wollte sie nicht hergeben." Auf diese Antwort seines Vaters dachte Hicks erst mal nach. Die Statue war also auf einem Schiff, dass Berk mehrere Male angefahren hat. Aber statt sie dort zu lassen und die Berkianer zu versklaven, wurde sie nicht hergegeben? Wer würde das tun? Die Drachenkönigin war auf Machtexpansion ausgelegt, nicht darauf, dass sie sie den Stämmen vorenthielt.
Die drei wurden von Grobian unterbrochen, der gerade eben in das Haus hineingehumpelt war. Der Schmied war ganz aufgeregt, als er den andern verkündete: „Da kommt ein Schiff auf die Drachenklippe zu." – „Was ein Schiff? Vater seid ihr doch zu dritt gewesen?" – „Nein Hicks. Nur zwei Schiffe, mehr waren wir nicht.", kam gleich die Antwort zurück.
Sofort machte sich Hicks nach draußen auf, um die Lage zu prüfen. Schließlich konnte man zu diesen Zeiten keinem fremden trauen. Er nahm das Fernrohr und schaute aufs Meer, als er sah, wie sich ein kleines Schiff, nicht größer, als jene der Wikinger von Berk, dem Hafen näherte. Es schien nicht bewaffnet zu sein. Eher war das Deck mit den verschiedensten Waren vollgepackt und man konnte kaum jemanden sehen. Der junge Haddock schaute noch einmal durch und versuchte eine Person auszumachen. Und endlich wurde er fündig. Ein schlanker Mann mit Bart räumte einige Kisten bei Seite und schien sich auf Handel mit den hier lebenden Menschen vorzubereiten. Sicherlich hatte er die Schiffe und die Siedlung am Hafen gesehen und erhoffte, hier gute Geschäfte zu machen.
„Das ist ein Händler. Scheinbar will der uns seine Wahren andrehen.", äußerte sich Hicks, als er noch einmal einen Blick durch das Fernrohr warf und den Mann und sein Treiben an Deck beobachtete.
„Wie sieht er denn aus?", kam die Frage von Grobian, der am liebsten auch mal einen Blick darauf werfen wollte. „Groß und schlank gebaut. Nicht gerade dick mit einem geflochtenen Vollbart mit braunen Haaren. Und er ist sehr gut gekleidet." – „Das kann nur einer sein.", kam es sofort vom Dorfschmied, der Freudig aufschrie.
„Und wer?", fragte Hicks. „Na Händler Johann. Er hat immer diese tollen Unterbuchsen aus Seide an Bord. Vielleicht hat er diese Siedlung hier gesehen und wittert sein Geschäft." Der Dorfschmied war ganz aufgeregt. Scheinbar wollte er den Händler gleich nach einigen dieser Stücke aus Seide fragen.
„Na gut, gehen wir zum Hafen und schauen mal, was er will. Lass die Drachen hier. Ich will nicht, dass er sie sieht!", forderte Hicks die drei anderen auf und ging runter zum Hafen. Die anderen folgten ihm.

„Ah eine Insel mit kaufkräftiger Kundschaft. Ich bin von weit her gereist, um euch meine Waren anbieten zu können. Bitte schaut euch um und greift zu. Ich mache euch einen guten Preis." Händler Johann hatte im Hafen angelegt und wollte gerade weiter sprechen, als er einige Gesichter wieder erkannte.
„Haudrauf, was macht ihr denn hier? Ich dachte, ihr seid auf Berk.", kam es verwundert von dem Händler. „Ich wundere mich, dich auch hier zu sehn. Aber lass sehen, was dein Schiff zu bieten hat." Alle bestiegen das Schiff. Sofort hatte Johann einen komischen Blick auf den jungen Mann neben Haudrauf geworfen.
„Und wer ist das hier?" – „Mein Sohn, Hicks." – „Ach der Hicks, der verbannt wurde?" Er drehte sich zu dem jungen Mann um und wollte ihm einige Fragen stellen, da quietschte es, als Haudrauf die Ladeluke zum Schiffsinneren öffnete und unter Deck gehen wollte. Händler Johan reagierte wie ein aufgescheuchtes Huhn: „Nein bitte nicht darunter. Da ist schon reservierte Ware. Schaut euch hier oben um, Haudrauf!", forderte Johann ihn auf, aber das Oberhaupt von Berk reagierte nicht.
„Hicks, komm mal her. Ich habe da so einen Verdacht." Der junge Haddock wusste, was Haudrauf meinte und folgte ihm ins Schiffsinnere Johann war davon überhaupt nicht begeistert gewesen. Er folgte den beiden mit einem mulmigen Gefühl.
Dann standen sie im Laderaum. Hier war nichts anderes, als Waren zu finden, aber es gab noch eine Zwischentür, die eine weitere Abteilung verschloss. „Wie ihr seht, nichts Verdächtiges." Aber diese Äußerung machte Johann erst recht verdächtig. Haudrauf ging entschlossen auf die Tür hinzu und wollte sie öffnen. Hicks folgte ihm.
„Nein bitte, nicht das öffnen. Da sind empfindliche Wahren drin." – „Jetzt lass uns einen Blick hineinwerfen!" Haudrauf ignorierte Johann, aber der schien sich jetzt wehren zu wollen. „Im Namen der Drachenkönigin, lasst die Finger von diesem Raum.", befahl es Johann nun eher und ergriff ein Schwert. Sofort zog Hicks seine Klinge, durchschnitt die des Händlers und stieß ihn zu Boden. „Bring ihn raus, Vater, ich erledige das." Haudrauf nickte und Hicks stieß in das weitere Zimmer vor. Dort war ebenso ein Schrein aufgebaut mit einer goldenen Staue. Jetzt wusste Hicks auch von welchem Schiff sein Vater sprach. Er zückte seine Klinge, durchtrennte den Kopf der Statue und kannte so schnell, wie möglich aus dem Schiff. Als er an Deck angelangt war, gab es eine heftige Explosion und das Schiff versank im Hafenbecken. Johan fühlte sich derweil wie nach einem Saufgelage.

A Viking and his DragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt