Kapitel 3

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»Du siehst ja schrecklich aus.« Ich kam in die in Schule in der Erwartung, dass Cassie mich auf andere Gedanken bringt. Aber nein, sobald sie mich sah, kamen gleich diese netten Worte über ihre Lippen. »Tut mir schrecklich leid, wenn du wegen mir eine Hornhautverkrümmung bekommst aber ich habe eben nicht so viel geschlafen.« Was allerdings stimmte. Nach dem Traum von Alec konnte ich nicht mehr schlafen. Ich habe alles versucht- warme Milch mit Honig, Schäfchen zählen- aber schließlich wirkten nur die Schlaftabletten, die mich in einen komaartigen Schlaf versetzten. »Ähm… Cathy? Wegen gestern… Ich hab mich ziemlich dumm benommen. Wie eine aufgeblasene Tussi und das obwohl ich einen Freund habe! Ich… ich denke ich war nur eifersüchtig, weil ein so hübscher Junge dir ständig heimliche Blicke zugeworfen hat.« Beschämt sah sie zu Boden. »Wer? Alec? Mich angesehen? Aber das hätte ich doch bemerkt oder?«»Offensichtlich nicht. Aber ist jetzt auch egal. Ich schlage vor du fragst ihn einfach mal nach seiner Nummer. Er ist genau dein Typ.« Ganz bestimmt nicht, dachte ich. Cassie nahm mich an der Hand und zog mich in die Schule. Wir holten noch unsere Sachen vom Spind und machten uns noch über Cassies Verhalten von gestern lustig. Als ich mein Schließfach zusperren wollte, spürte ich plötzlich ein kribbeln im Nacken. Ich merkte deutlich, dass mich jemand ansah und damit meinte ich nicht Cassies verwirrten Blick auf mir. Ich drehte mich um. Auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors stand Alec. Natürlich. Eigentlich dürfte mein Herz jetzt nicht so rasen, denn ich wusste, dass er jetzt auf unsere Schule ging. Oder raste mein Herz aus einem anderen Grund? Ich kannte dieses Gefühl in meiner Brust nicht und ich konnte es auch nicht zuordnen. Mir fiel auf, dass ich Alec schon eine Weile anstarrte und wendete meinen Blick ab. Wenn ich ihn ansah musste ich unwillkürlich an letzte Nacht denken. An diese Gestalt auf der Straße, die in meine Richtung zu blicken schien. An diesem König, dessen Namen ich nicht kannte. An den Klang von Alecs Stimme, seine Augen die Funken sprühten und mich gleichzeitig so besorgt ansahen. Cassie neben mir räusperte sich und ich sah zu ihr auf. »Du kannst zu ihm. Ich versichere dir, ich werde nicht eifersüchtig.« Cassie sah mich reumütig an. »Schon in Ordnung. Ich möchte sowieso nicht mit ihm reden« Nein, davon hatte ich wahrlich genug. »Komm, lass uns schon mal in die Klasse gehen.« Ich drehte mich um, ohne darauf zu achten ob Cassie mir folgte oder nicht, und ging in die Klasse. Dabei versuchte ich Alec möglichst nicht anzusehen.Erst als ich mich auf meinem Platz niederließ kam Cassie in den Raum gerannt.»Mensch Catherine! Du bist ja direkt gerannt! Was ist denn los?« Ich bin ja nur weggerannt, weil mich Alecs Anwesenheit nervös gemacht hat. Es war natürlich völliger Schwachsinn, das wusste ich, weil er doch sowieso gerade in die Klasse kam- wir hatten so gut wie alle Fächer zusammen. Weil nie ein anderer freier Platz übrig war, wenn wir in den Kursen waren, saß er immer neben mir, denn dort war der einzige Platz der nicht besetzt war. Als Alec zu seinem Tisch gehen wollte, wurde er von Susan und Lauren aufgehalten- zwei Tussen in unserer Gruppe die ich nicht ausstehen konnte. Sie kicherten und warfen ihm kokette Blicke zu. Ich spürte wie es in meinem Magen brannte, wenn ich das Trio ansah. War ich etwa neidisch, weil Alec es offenbar genoss, dass die beiden ihn so anhimmelten? Ich konnte es nicht fassen! Ich war eifersüchtig… wegen Alec! Sie redeten auf ihn ein aber ich verstand leider nichts, sie waren einfach zu weit weg. »Du weißt schon, dass man Falten bekommt wenn man die ganze Zeit so vor sich hin starrt wie du gerade?«, meldete Cassie sich zu Wort. Ich bekam gar nicht mit, dass ich Alec mit gerunzelter Stirn ansah. Schnell setzte ich ein Lächeln auf, damit keiner außer Cassie es mitbekam und schon gar nicht erst Alec! Cassie wollte gerade eine Frage stellen, da kam unsere Lehrerin in den Raum und Alec musste sich wohl oder übel gezwungen sehen, seinen Blick von den zwei Großstadtpflanzen wenden zu müssen. Als er bei uns vorbei kam, kicherte er. So ein Volltrottel! »Schlagt eure Bücher auf Seite 159 auf und lest euch alles bis Seite 180 durch. Ich möchte bis nächste Woche einen fünfseitigen Aufsatz.« Miss. Blin sprach immer mit einer monotonen trägen Stimme und bei ihren Unterrichtsstunden musste ich aufpassen, dass ich nicht einschlief. Nachdem die einzelnen Protestrufe verklungen waren, herrschte komplette Stille, wobei ich mir nicht sicher war, ob nicht schon jemand eingeschlafen ist.Nach einem ziemlich langweiligen Tag ging ich endlich nach Hause. Cassie und ich waren aber am Abend noch im Cafe verabredet also hieß es noch lange nicht abschalten für mich. Es ist nicht so, als wollte ich mich nicht mit ihr treffen, aber ich habe mich schon darauf gefreut endlich mal wieder etwas zu zeichnen. Aber schließlich hat mich Cassie doch noch überredet. Ich nahm mir vor meinen Zeichenblock einfach mitzunehmen, denn Cassie redete sowieso doppelt so viel wie es der Durchschnitt erlaubt. Ich ging in die Küche und kochte mir ein paar Spaghetti mit Basilikumpesto Meine Mum arbeitete heute etwas länger also stellte ich ihre Portion in den Kühlschrank und begann dann zu essen. Nachdem ich alles verräumt und aufgewischt habe ging ich in mein Zimmer, zog mir etwas anderes an- ich befürchtete, dass meine Kleidung nach Pesto roch- und schnappte meinen Block. Als ich die Eingangstür aufmachte, bemerkte ich, dass ein kleiner Zettel auf dem Fußabtreter lag. Woher kam der Zettel her? Ich hob ihn auf. Vielleicht hatte ihn meine Mutter dort hingelegt um mich an etwas zu erinnern… Aber dann hätte sie ihn doch auf den Küchentisch gelegt, so wie immer. Es konnte auch sein, dass es unser Nachbar war, der sich schon wieder über belanglose Angelegenheiten ärgerte und uns zurechtweisen wollte. Das war keine Seltenheit, denn er regte sich so gut wie immer auf: zu lautes Musik hören im Garten, der Mülleimer der nicht ausgeleert wurde oder unsere Katze die immer über den Zaun zu seinem Garten gesprungen ist und dort ihr Geschäft erledigt hat. Leider ist sie von einem Auto vor einem Monat überfahren worden. Ohne ihr wirkte das Haus nun nicht so belebt wie früher, als sie noch auf meinem Schoß herum gesprungen ist. Aber als ich den Zettel öffnete, bemerkte ich, dass es nicht die krakelige Schrift unseres Nachbarn war, sondern, dass es ein sauberer und gegliederter an mich adressierter Brief war.                           Du wirst beobachtet!        Ich an deiner Stelle würde aufpassen was ich träume!         Träume können gefährlich werden! Besonders für dich!         Deine Träume können deine Zukunft bestimmen, sie können        dir das letzte bisschen Energie gewaltvoll, wie aus einem        mit Wasser voll gesogenem Schwamm, aus  deinem Körper        wringen!                                 VERGISS NIE!                             Du wirst beobachtet!Während ich die wenigen Zeilen las, krochen eisige Schauer über meinem Nacken und Rücken. Wer konnte das geschrieben haben? Was meinte der Verfasser mit du wirst beobachtet!? Und warum ging es wieder um Träume? Oder war es symbolisch gemeint? Ich glaubte nicht. Aber was meinte er dann? Fragen über Fragen und keine davon konnte ich beantworten. Es konnte aber genauso gut ein Streich von den benachbarten Jungs gewesen sein. Die bauten öfter Ärger.Ich beschloss das ganze einstweilen auf sich beruhen zu lassen und ging zur Bushaltestelle die zwei Meilen von unserem Haus entfernt lag. Das Dorf, in dem ich wohne, liegt sehr abgeschieden von der Stadt. Außerdem konnten wir uns kein zweites Auto für mich leisten- worüber ich froh war, denn mit der alten Karre, mit der meine Mum in der Arbeit war, wollte ich ohnehin nicht in der Öffentlichkeit herumkurven. Nach einer gefühlten Ewigkeit, auf die ich auf den Bus warten musste, kam er endlich und ich suchte mir den besten Platz ganz hinten den ich finden konnte. Ich kramte kurz in meiner Tasche herum und angelte schließlich meinen abgegriffenen Block und einen Bleistift heraus. Ich setzte den Stift auf das Blatt und begann zu zeichnen.»Da bist du endlich! Wie lange dauert es bei dir bitte bis du endlich ankommst?« Und mal wieder eine ermunternde Begrüßung von Cassie. Aber genau dafür liebte ich sie. Sie sagte einfach immer das, was sie gerade dachte. Cassie ist schon etwas früher in die Stadt gefahren, weil sie für mich ein  Geburtstagsgeschenk gekauft hat. Ich durfte nicht mitkommen, weil es ja sonst keine Überraschung mehr wäre.»Tut mir leid. Ich… ich wurde aufgehalten. Aber jetzt bin ich ja hier, oder?«, rechtfertigte ich mich. Cassie brummte noch irgendwas was sich so anhörte wie Viertelstunde zu spät. Sie hasste es wenn jemand unpünktlich war. Wir setzten uns in die hinterste Ecke des kleinen Cafes und bestellten uns zwei Capuccino und zwei Torten. Wie ich ahnte, sprach Cassie die ganze Zeit über und irgendwann, als ich mir sicher war, dass sie nicht mehr darauf achtete ob ich zuhörte oder nicht, nahm ich wieder meinen Block aus der Tasche. Nach einer Weile stupste sie mich an.»Ich habe dich was gefragt« Sie zog ihre Unterlippe vor und tat so, als sei wäre sie beleidigt. Ich sah auf und blickte sie entschuldigend an.»Was machte Alexander heute vor eurem Haus? Als ich das Haus heute verließ hat er sich gerade gebückt und etwas auf den Fußabtreter gelegt.«Mir wurde übel.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 21, 2014 ⏰

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