Tag 104

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"Herr May? Haben sie einen Moment?"
Claudia steht vor mir. "Ja klar. Was gibt es denn?" Ich stelle mich mit ihr etwas abseits an den Rand des Kindergartenspielpatzes.
"Ich wollte ihnen nur mitteilen das Evelin sehr gut damit umgeht. Sie redet viel von ihrer Mutter. Das ist sehr gut."
'Damit umgeht'. Wie keiner sich richtig traut auszusprechen was passiert ist finde ich irgendwie traurig.

Dennoch nickte ich und sehe zu Evelin rüber.
Sie sitzt im Sandkasten,
baut eine Burg und lächelt so selbstvergessen dabei,
als wenn es nur ihre Burg und sie gäbe.
Kein Leid, keine Angst,
nur sie und der Sand.
"Danke Claudia. Zuhause spricht sie im Moment wenig von ihr, aber sie malt sehr viel und in jedem Bild taucht ein kleiner Luftballon auf, egal was sie malt."
Claudia nickt.
"Ja.. Das ist gut. Das ist ihre Mutter, denke ich. So denkst sie an sie und verarbeitet ihrer Gedanken."
Wieder nicke ich und Claudia ist schon in Begriff zu gehen als. "Claudia?
Wird sie sich erinnern?
Wird sie sich an ihre Mutter erinnern?
Wird sie wissen wer sie ist und wer sie war?
Oder wird sie nur eine Frau auf einem Foto sein?"

Claudia zögert eher sie mir antwortet.
"Es ist unterschiedlich.
Es gibt Kinder die erinnern sich sehr gut und dann gibt es welche die nichtmal den Hauch einer Ahnung haben das jemand fehlt.
Ich kann es ihnen wirklich nicht sagen, aber sie können versuchen ihr zu helfen.
Erzählen sie ihr Geschichten von ihr und sehen sie sich Fotos an. Vielleicht hilft das, aber ob sie sich an sie erinnern wird, das können wir erst in ein paar Jahren sagen. Es gibt keine Garantie, tut mir leid." antwortet Claudia schließlich und dreht sich dann endgültig um und geht.

Evelin sitz noch immer im Sandkasten und lächelt gedankenverloren, so wie es ihre Mutter so oft getan hatte.

525.600 MinutenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt