Tag 300

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Es sind Momente wie diese die es schaffen alles wieder zurück zu holen.
Den Schmerz, die Sehnsucht.
Sie lassen dich auf dem Boden aufschlagen und bringen alles wieder mit.

Auf dem Tisch liegt ein Brief.
Der Postbote hat ihn in den Briefkasten geschmissen.
Der Absender ist irgendjemand, der nicht mitbekommen hat das sie nicht mehr bei uns ist.
Jemand der nicht weiß das sie weggezogen bist, ihre Adresse sich geändert hat.

Ich schnappe mir meinen Schlüssel und meine Jacke und verschwinde aus dem Haus.
Meine Füße tragen mich wie von selbst in den kleinen Park, nahe unserer alten Wohnung.
Diese kleine Wohnung, gerade groß genug für mich, Micha, Emilia und Nala. Wir wohnten knapp ein Jahr zusammen, nicht lange nach dem Einzug auch noch mit Maurice zusammen. Dann beschlossen Maurice und Micha aus zuziehen und auch Emilia und ich beschlossen uns ein eigenes Heim zu kaufen, mit genug Platz für einen Aufnahmeraum und einem Kinderzimmer.
Angekommen in dem kleinen Park lief ich zu unserem Platz, ein versteckter Ast der über das Wasser des Sees ragte, dessen Wasseroberfläche verführerisch glitzerte.
Der Anblick war schmerzlich schön.

Dort blieb ich sitzen, bis die Sonne langsam unter ging, dann wollte ich langsam wieder nach Hause.
Als ich aus dem Gebüsch trat, welches den Ast verbarg, bemerkte ich einen älterne Mann der auf einer Bank saß die nahe des Wassers stand. Ich weiß nicht warum aber ich ging auf ihn zu und setze mich neben ihn.

"Wen vermissen sie?" fragt er mich, obwohl ich ihn weder angesehen noch etwas gefragt habe.
Ich sehe ihn etwas fragend an, er jedoch lächelt ein wenig und hält mir wortlos ein Foto hin. Zaghaft nehme ich es ihn aus der Hand und sehe es mir an.
Darauf zu sehen ist eine junge Frau, sie lacht in die Kamera, hinter ihr liegt ein See. Das Foto scheint schon sehr alt zu sein, die Kanten sind ausgefranzt und das Bild vergilbt.
"Das ist meine Frau. Sie ist jetzt schon seit 4 Jahren tot. Es ist immer der selbe Blick, die Leere und gleichzeitig diese Sehnsucht. Wen vermissen sie?" fragte er erneut und ich gab ihn das Bild zurück. "Meine Frau, sie ist jetzt fast ein Jahr tot." antwortet ich ihm und er nickte. "Ah das erste Jahr. Ja das ist das schlimmste Jahr. Immer diese Momente, immer wenn man die Tür aufschließt und kurz vergisst das vielleicht keiner mehr auf ihn wartet. Das leere Bett, die Stille. Aber wissen sie was? Das Leben geht weiter und glauben sie mir junger Mann, es ist zu lang um nur zu trauern, also leben sie, für sich und all die Menschend die gegangen sind, für alle Erinnerungen und für all das was noch kommt. Es wird sich lohnen."
Dann stand er auf, nickte mir noch einmal zu und verschwand langsam aus dem kleinen Park.
Ich sah ihm noch lange nach.

Ich wusste er hatte recht, Emilia hätte das auch gewollt.

525.600 MinutenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt