Vorsichtig öffnete ich meine Augen, nur um sie daraufhin geblendet wieder zu schließen. Mein Schädel brummte und ich stöhnte leicht.„Schätzchen?" Die Stimme meiner Mutter. Ich zwang mich es erneut zu versuchen und diesmal gewöhnten sich meine Augen schneller an das viele Weiß um mich herum. Langsam drehte ich meinen Kopf und schaute in die besorgten Gesichter meiner Eltern. „Ava, Schätzchen, wie geht es dir?"
„Mir geht's gut, wo bin ich?" Meine Stimme klang rauchig.
„Du bist im Krankenhaus, du hattest eine Gehirnerschütterung.",antwortete mein Vater und strich mir beruhigend über den Kopf.
„Gehirnerschütterung?",fragte ich verwirrt. Meine Eltern schauten sich beunruhigt an.„Erinnerst du dich nicht mehr an gestern Nacht?"
Ich sah sie an und wartete darauf, dass sie weiter sprach. „Naja, da war ein Junge, du hast die Polizei verständigt und-" Bilder strömte nauf mich ein und ich ließ mich überfordert zurücksinken. „Ich weiß schon, Mama." Der Erinnerungsstrom endete mit einem Schuss,ich spürte wie er erschlaffte... Mein Herz begann zu rasen.
„Ist er tot?", fragte ich mit geschlossenen Augen. Ich wollte es eigentlich nicht wissen, denn ich wäre Schuld, ich hätte ihn nicht davon abhalten können und.. „Es war knapp, aber er hat es geschafft, es war lediglich ein Streifschuss.", unterbrach mein Vater meine Gedanken.
Erleichtert atmete ich aus, meine Unterlippe begann zu zittern und ich spürte wie ich anfing zu weinen. „Schätzchen, du musst doch nicht weinen, es ist alles gut gegangen."
Doch die Erleichterung, die ich fühlte, überrollte mich wie eine Flutwelle, der ich nicht gewachsen war. Ich hatte es geschafft, er war nicht gestorben, er lebte.
Meine Mutter nahm mich in den Arm und ich sah, dass auch ihr Tränen in den Augen glitzerten. Mein Vater räusperte sich und sagte: „Die Polizisten sagen, dass du sehr mutig gehandelt hast... du sollst ihn vom Geländer weggerissen haben, obwohl er eine Pistole in der Hand hatte." Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und nickte nur.„Was dir alles hätte passieren können.", klagte meiner Mutter,„das liegt nur daran, dass wir so nah an dem Viertel wohnen, vielleicht sollten wir umziehen und-"
„-Mama.",bremste ich sie, „so etwas liegt doch nicht an dem Viertel, das kann überall passieren."
„Nun ja,aber dieser Junge ist nun mal genau aus diesem Viertel und..", sie stockte kurz und schaute hilfesuchend zu meinem Vater, „deswegen haben wir uns dafür entschieden, dass du keinerlei Kontakt mehr zu diesem Jungen haben sollst."
Ich setzte mich auf, was mein Kopf mit einem heftigen Brummen kommentierte. „Ich darf keinen Kontakt mehr zu ihm haben?",fragte ich entsetzt.
„Nein, darfst du nicht.", sagte meine Mutter streng. Mein Vater nickte nur zustimmend.
„Ich habe ein Recht darauf mit ihm zu sprechen, denn ich habe immerhin sein Leben gerettet.", entgegnete ich trotzig.
„Das hast du, aber wir sind uns trotzdem einig."
Ich wusste selber nicht, warum mich das so wütend machte. Denn was wäre so schlimm daran, ihn nicht mehr zu sehen? Immerhin hatte er mich angeschrien, mit einer Waffe bedroht und fast mit in den Tod gerissen. Doch ich wollte, nein, ich musste noch einmal mit ihm sprechen. Ich fühlte mich in irgendeiner Weise verantwortlich... er wollte sich das Leben nehmen, verdammt, und vielleicht würde er es wieder versuchen und das konnte ich nicht zulassen.
„Wo ist er jetzt?", fragte ich.
„Naja...",druckste meine Mutter, „er ist noch hier, schätze ich."
„Dann möchte ich jetzt zu ihm!"
„Aber Ava, wir haben doch gesagt, dass-"
„Das ist mir egal, ich möchte gerne zu ihm."
YOU ARE READING
Manchmal kann man Menschen nicht ändern, sagte er
RomanceAva, ein braves Mädchen aus reichem Haus. Cydian, ein armer Junge mit dunkler Vergangenheit. Und ein versuchter Selbstmord. Als Cydian sich in den Tod stürzen wollte, war Ava da und konnte ihn retten. Als die beiden kurz danach in der selben Klasse...