fleur de cerisier //

F Ü N F | Arrivederci

„Ich finde es toll, dass du hier eingezogen bist", komplimentierte Noah meine Entscheidung und sank tiefer in die Kissen ein. Nachdem Viktor von uns ins Bett gebracht wurde, hatten wir uns auf der Couch im Wohnbereich niedergelassen und hörten den ruhigen Klängen irgendeiner mir unbekannten Band, die im Hintergrund leise lief, zu.

„Ich hoffe es ist den ganzen Aufwand wert. Wäre echt mies, wenn jetzt mein Stundenplan noch einmal geändert werden würde." Auch wenn ich unglaublich stolz auf mich war, dass ich von zu Hause ausgezogen bin, so hatte ich dennoch eine Heidenangst, dass es die falsche Entscheidung gewesen war. Wenn sich jetzt auch noch mein Stundenplan oder anderes, das mein Zeitmanagement durcheinanderbringen würde, passiere würde, wäre das ein äußerst deutliches Zeichen für mich, dass ich die falsche Entscheidung getroffen hatte.

„Ich bezweifle das. Während meines Studiums war es so, dass der Stundenplan beibehalten wurde, außer, wenn man spontan die Kurse verlassen hat. Und selbst wenn das passieren würde, wäre das doch kein Problem", versuchte er meine Befürchtungen aus dem Weg zu räumen, „Du kannst jederzeit nach Hause, du kannst immer ohne weiten Weg in die Unibib gehen und du kannst, je nach dem auf welcher Uni du bist, sogar in der Pause zwischen den Vorlesungen und Seminaren nach Hause und dir Essen kochen."

Nickend tat ich seine Vorschläge ab und versuchte durch ein folgendes Kopfschütteln nicht weiter darüber nachzudenken, was eventuell passieren könnte. Außerdem gefiel es mir nicht, dass wir wieder nur über mich redeten. Auf der Suche nach einem neuen Thema ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und erneut bleib er an dem Flügel, der zwischen der Tür zum Badezimmer und einer weiteren stand, hängen.

Mit einer Bewegung meines Kopfes deutete ich auf diesen und fragte Noah, ob er spielen würde.

Mit einem Hauch von Wehmut in der Stimme beantwortete er die Frage: „Naja. Nicht wirklich. Ich habe früher gespielt und jetzt nutze ich ihn eigentlich nur noch, um Vik ab und zu etwas vorzuspielen oder, wenn er mal Lust hat, um ihm etwas beizubringen."

Auch wenn ich ihn gerne spielen gehört hätte und auch einen kurzen Moment darüber nachdachte, ihn zu fragen, ob er mir etwas vorspielen würde, so schien es doch, als wäre es falsch. Es wirkte, wie als würde Noah etwas mit diesem Flügel verbinden und als wäre er dennoch zu traurig oder enttäuscht, sodass er nur noch aus Liebe zu seinem Sohn spielte.

Noah wechselte abrupt das Thema als er wissen wollte, wie alt ich wäre und wie lange ich schon studieren würde. Das waar der deutlichste Hinweis für mich, dass es wirklich kein gutes Thema war.

„Ich bin 24 und kann stolz von mir behaupten 9 Semester ohne Durchfallen geschafft zu haben. Wenn also alles weiterhin gut läuft bin ich drei Semestern endlich durch", antwortete ich ironisch optimistisch, denn in Wirklichkeit konnte ich nicht glauben, dass ich a) in kürzester Zeit fertig sein würde und b), dass ich so ‚einfach' durch das Studium durchrutschen würde.

„Wenn du den Großteil schon so klasse gemeistert hast, wird dir der Rest wohl kaum zum Verhängnis werden", sprach er mir Mut zu.

„Das bezweifle ich. Denn auch, wenn ich mittlerweile die meisten Leistungsnachweise für das Hammerexam habe, so wird das trotzdem echt ein harter Brocken", gab ich meinen Unmut über die mir bevorstehende Prüfung kund. Die letzten neun Semester waren hart ohne Frage, aber das was ich vom zehnten- dem quasi letzten richtigen- Semester gehört hatte, ließ mich das ein oder andere Mal schon schlucken.

„Ich glaube an dich. Du schaffst das schon. Schließlich bist du nicht so weit gekommen nur um jetzt aufzugeben oder zu versagen", gab er sein bestes um mich zu ermutigen, lustigerweise ähnlich wie ich es selber immer wieder tat. Und obwohl es guttat, dass jemand, der mich eigentlich nicht kannte, mich ermutigte und an mich glaubte, so war mir doch ein wenig unbehaglich zumute, da wir immer wieder nur über mich und meine Ziele sprachen.