Die Gebetsansage auf ihrem Handy weckte Hanadi. Sie streckte sich und wollte aufstehen, aber ihr kleiner Sohn kuschelte sich in sie rein.
„Noch nicht Mama", murmelte er „lass zuerst Baba beten."
„Samir steh auf. Heute bist du zuerst dran." Sie schubste ihren Mann mit dem freien Arm.
Sie küsste ihren kleinen Hammudi am Kopf und sagte:
„Ich muss aber gleich nach Baba beten."
„Legst du dich aber dann noch mal mit mir hin?"
„Ja, Süßer. Versuch weiter zu schlafen, es ist noch zu früh, um aufzustehen."
„Singst du mir was vor?"
Sie sang sachte sein Lieblingsschlaflied, so dass sie selbst fast einschlief. Mohammed schlief ein, als Samir vom Badezimmer zurückkam. Hanadi hörte zu, wie er betete und versuchte die Müdigkeit zu bekämpfen.
Hammudi atmete tief und ruhig, die schlechten Träume wurden vergessen. Hanadi schlichte sich aus dem Bett, streichelte schnell die Hand ihres Mannes und ging ins Badezimmer. Sie machte kein Licht an, „noch ein bisschen Schlaf nach dem Gebet wird mir gut tun" dachte sie und wusch sich schnell.
Gegen 2 Uhr nachts wurde sie plötzlich wach, obwohl alles in ihr „mach die Augen zu, schlaf weiter" schrie, stand sie auf und ging zu Hammad. Als er weinend aufwachte, konnte sie ihn sofort in Arm nehmen und trösten, bis ihr kleiner sich beruhigte. Er wollte nicht mehr alleine schlafen und sie nahm ihn in das elterliche Bett.
Ihre Kinder schliefen eigentlich seit gewisser Zeit in eigenen Zimmern, Hanadis Schlaf war aber immer noch mir deren synchronisiert. Immer wenn sie plötzlich in der Nacht wach war, wusste sie welches Kind sie brauchte. Ganze Familie machte sich deswegen lustig über sie und nannte sie Hexe, vor allem Samir fand das sehr gespenstig, weil sogar das Weinen ihn beim Schlafen nicht störte.
Samir schlief schon wieder, als sie zurück war. Sie zog die Gebetskleidung über Pyjama an und betete, dann schlichte sie sich wieder ins Bett und schlief sofort wieder ein.„Mama, Mama, Amal hat meinen Pulli angezogen und ich will den doch anziehen." Leila weckte sie mit ihrem Meckern.
„Warum?! Der Wecker hat noch nicht geklingelt. Warum ist sie schon wach und dazu muss ich wieder einen Pullifall lösen?!", dachte Hanadi, unterdrückte die Lust, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und machte die Augen auf.
„Na endlich!" seufzte Leila ungeduldig und lächelte sie an „Mama rede mit ihr und warum schlaft ihr alle noch? Es ist schon fast 7 Uhr."
„Was?! So spät schon?!" Sie stand sofort auf „Samir, Mama*, es ist schon 7 Uhr, aufstehen!!!"
Samir stand sofort auf, gähnte und streckte sich.
„Moin Habibi, dann müssen wir uns beeilen. Hat der Wecker nicht geklingelt?"
„Nee." Hanadi guckte beide Handys an, sie waren aus, alles klar. Sie vergaßen die gestern anzuschließen. Naja, zum Glück waren die Zwillinge mindestens wach.
„Habibi, wecke bitte Hammudi auf und hilf ihm sich fertig zu machen."
Bevor Samir antwortete, verließ sie das Zimmer mit Leila:
„Amal, komm in die Küche.", schrie Hanadi Richtung Mädelszimmer „Ihr beide müsst mir beim Frühstück helfen."
„Mama und was ist mit dem Pulli?!", fragte Leila.
„Wir können Frühstück vorbereiten und über euer Pulliproblem reden.", antwortete Hanadi. „Mal wieder" dachte sie „und grade heute, als ich verschlafen habe." Sie atmete tief durch, um ein bisschen runterzukommen. Ihre Hilfe bei der Sache „Mama, sie hat wieder meinen Pulli/ mein Kleid/ meine Hose angezogen" war seit Jahren unentbehrlich, obwohl sie versuchte sich daraus zu halten, abgesehen davon, dass sie bereits vieles ausprobierte, um die Konflikte zu vermeiden, leider vergeblich.
Amal fing schon an, das Frühstück vorzubereiten. Sie gab sich aber Mühe, beleidigt von Leilas Vorwürfen auszusehen.
Hanadi guckte den Pulli an. „Von der Sorte habe ich zwei gekauft, ich bin mir sicher" dachte sie.
„Jede von euch hat so einen Pulli. Leila, du kannst doch den zweiten nehmen.",fing sie an.
Eigentlich wollte sie diesen Satz gar nicht sagen. Nach einem solchen Anfang stritten sie sich fast immer und die Kleinen waren den ganzen Tag beleidigt. Es war aber zu spät, der Satz kam automatisch raus.
„Mama, Amals Pulli ist in der Wäsche. Sie hatte ihren Pulli diese Woche schon mal an. Du sollst es wissen." Leila ver drehte die Augen und guckte sie sauer an.
„Na klar, ich soll es doch wissen, weil ich nicht genug um die Ohren habe." dachte Hanadi.
„Amal, stimmt das?"
„Ja, aber der Wäschekorb war schon voll, ich dachte du machst die Wäsche am nächsten Tag."
Hanadi guckte zuerst die Uhr und dann ihre Mädels an. 7:05 Uhr. Das Frühstück war fast fertig, die Sachen müssten nur noch auf den Tisch. Sie brauchte einen starken Kaffee, um das Problem zu lösen und auf die Andeutung, dass sie ein Wäschemädchen ist, nicht ranzugehen.
„Amal, stell bitte alles auf den Tisch. Hol auch die Teller und das Besteck raus. Leila, mach bitte den Wasserkocher an und bereite die Gläser vor. Ich gehe kurz auf die Toilette und dann finden wir schon eine Lösung."
Das Badezimmer war zum Glück frei. Hanadi machte die Tür zu und schrie lautlos, am liebsten hätte sie sich wieder ins Bett reingeschlichen. Sie setzte sich aufs Klo und fing gleichzeitig an, die Zähne zu putzen. Als sie fertig war, kam ihr eine Idee vor, die vielleicht den endlosen Streit vermeiden ließ.
Auf dem Weg zur Küche hörte sie noch Hammudi.
„Baba, ich will mich nicht anziehen. Ich bin voll müde, ich hatte schlimme Alpträume."
„Ja? Welche Alpträume hattest du?", fragte Samir ruhig.
„Samir kriegt das schon hin" dachte Hanadi und ging in die Küche.
Leila und Amal saßen am Tisch, möglichst weit voneinander und aßen schweigend ihre Eier und Jogurt.
„Das Wasser hat grade gekocht.", sagte Leila.
„Danke schön", erwiderte Hanadi, machte Kaffee für sich und Samir und setzte sich am Tisch.
„Erstens, wenn ihr wollt, dass ich etwas für den nächsten Tag wasche, helft mir bei der Wäsche. Ihr wisst, wie die Waschmaschine funktioniert." Sie konnte das nicht sein lassen, aber wendete sich extra an die beiden, so dass Amal sich nicht beleidigt fühlte.
„Ist gut, Mama.", sagte Amal „Was ist mit dem Pulli? Soll ich den Leila geben?", fragte sich verzweifelt.
Bevor Hanadi antwortete, kamen Samir und Mohammad rein. Der Kleine war seltsam angezogen. Er hatte eine grüne Jogginghose, ein blaues Hemd und Samirs hellrosa Fliege an. Samirs Blick sagte nur „Frag lieber nicht". „Geht klar" dachte Hanadi, sie wollte zum gewagten Outfit ihres Sohnes so wie so in seiner Anwesenheit nichts sagen. Er war immer noch in der Phase, in der er selbst immer auswählen wollte, was er anzog. Hanadi war froh, dass er mindestens keine Winterjacke mehr im Hochsommer oder nur ein leichtes Oberteil beim Schnee im Winter anziehen wollen hatte und immer wenn sie ihm erklärt hatte, dass er sich gemäß dem Wetter anziehen sollte, hatte er sich weinend auf den Boden geworfen. Sogar ein Thermometer mit den Zeichnungen, die zeigten, wie man sich bei der draußen herrschenden Temperatur anziehen sollte, hatte nicht geholfen. Er hatte selbst prüfen müssen, ob es ihm zu kalt oder zu warm gewesen war.
„Moin!", sagten Hammudi und Samir.
„Oh! Das Frühstück ist schon da, wie schön." Samir freute sich und setzte sich schnell an den Tisch.
„Ich will noch schlafen.", erklärte stattdessen Hammudi. „Aber ein bisschen Eier kann ich essen." Er setzte sich auch an den Tisch.
„Habibi, nimm dir Brot.", sagte Hanadi zu Hammudi und packte ihm Ruheier auf den Teller.
„Mama und was mit unserem Problem?", fragte Leila aufdringlich.
„So ihr beiden. Morgen ist doch das Schulfest. Was sagt ihr dazu, dass ich heute die Wäsche mache und ihr Beide morgen die Pullis anziehen könnt?" Hanadi wartete gespannt, was die Zwillinge dazu sagen. Im Gedanken gratulierte sie aber sich selbst und sah schon, wie die Mädchen sie umarmen und sagen „Mama, du bist die Beste!"
„Was?!", fragte Leila empört „Ich will den Pulli doch heute anziehen."
„Und wenn wir morgen beide genauso angezogen sind, sehen wir doff aus. Wir sind nicht mehr fünf", fügte Amal hinzu.
„Ich bin fünf.", sagte Hammudi „Ich find's schön."
„Hammudi, es war doch nicht so gemeint, aber wir sind mit Leila viel älter und reifer als du."
„Ihr seid nur drei Jahre älter als ich. Es ist nicht so viel.", antwortete er und packte sich Eier in den Mund.
„Hammudi, aber wir gehen schon in die Schule...", fing sie an „Naja, du gehst aber nächstes Jahr auch in die Schule." Amal guckte Leila an. „Von mir aus können wir so machen, wie Mama sagt. Was meinst du, Leila?"
Leila seufzte traurig:
„In Ordnung. Sollen wir die Wäsche machen, Mama?"
„Mama, die Anziehsachen wasche ich, der Pulli darf nicht in den Trockner und muss bis morgen trocken werden, aber ihr könnt stattdessen nach der Schule die Handtücher und Bettwäsche waschen und trocknen lassen."
„Wir machen es.", sagten die Zwillinge.
„Danke schön. So ihr drei, beeilt euch. Wer hat die Zähne nicht geputzt, soll's gleich machen. Ich ziehe noch schnell das Kopftuch an und wir können los."
„Ich putzte gleich die Zähne mit Baba.", sagte Hammudi.
„Ja, ich bin schon fertig. Hamdullah! Willst du noch bisschen Eier essen?", fragte ihn Samir.
„Ich bin auch fertig, Baba."
„Dann komm. Wir putzten uns schnell die Zähne."
„Aber trotzdem richtig!", schrie Hanadi aus dem Schlafzimmer.Als sie aus dem Schlafzimmer rauskam, warteten die Zwillinge schon fertig angezogen. Samir und Hammudi kamen auch raus.
„Ich putze meine Zähne immer genau.", brüllte Hammudi.
Die beiden zogen sich noch an. Hanadi machte die Jacke schnell zu und sagte:
„Wir bringen heute zuerst Baba zum Bahnhof, andersrum verpasst er seinen Zug. Habt ihr alles?"
„Jahaa!!!", murmelten sie.
„Schön, dann los!" Hanadi schnappte sich die Schlüssel und machte die Tür auf. 7:45 Uhr, die schaffen es noch und hoffentlich wurde keiner von den Kids sie vom Hintersitz anmeckern, dass sie sein Leben ruiniert hatte.
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* Im arabischen Kulturkreis sagt die Mutter zu den Kindern oft Mama und der Vater Baba.Hallo,
mit Mühe und Not kommt das zweite Kapitel raus und ich stelle meine nächste Heldin vor. Ich hoffe, ihr heißt sie herzlich Willkommen und wird sie gern haben. Im nächsten Kapitel kommt ein bisschen Action und ich hoffe, ich schaffe es schneller zu veröffentlichen. Ich warte auf eure Kommentare.
LG
Bogusia
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Hausfrauen - Detektive Undercover
Mystery / ThrillerKönnen die Hausfrauen gute Detective sein? Natürlich, sie entdecken jedes Geheimnis und helfen bei allen Problemen. Zwei beste Freundinnen und Nachbarinnen können es nicht mehr leugnen, dass sie geborene Detective sind, so machen sie sich offiziell...