5. Kapitel

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Puh! Endlich geschafft. Heute war ein anstrengender Tag in der Arbeit. Das Kellnern ist eigentlich nicht so mein Ding und ich überlege schon eine Weile etwas Anderes anzufangen. Bisher konnte ich das nicht, weil ich ständig umgezogen bin, aber jetzt habe ich ja ein Rudel und möchte auch hierbleiben. Ich kann hier ein neues Leben anfangen und das werde ich. Ist nur noch die Frage, was mir gefallen würde. Ich ziehe mich schnell um und mache mich dann auf den Weg nach Hause. Dort angekommen lasse ich meine Tasche auf den Boden fallen, nehme mir mein Handy und gehe in den Garten. Der Garten ist nicht besonders groß, aber mehr kann ich mir im Moment nicht leisten. Vielleicht ziehe ich wie das restliche Rudel in das kleine Dorf im Wald. Dann muss ich mir auch keine Sorgen machen, dass die Menschen mein Geheimnis entdecken. Also gut mein Garten ist ziemlich klein, hinten in der rechten Ecke ist trotzdem noch Platz für eine Eiche unter welche ich mich jetzt fallen lasse. Beruhigt atme ich die frische Luft ein und konzentriere mich jetzt dann vollkommen auf mein Handy, mit dem Ziel eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Ein Schatten fällt auf mein Handy, weswegen ich aufschaue. Edward steht vor mir und hat scheinbar etwas zu mir gesagt. Blöd nur, dass ich so auf mein Handy konzentriert habe, dass ich ihn gar nicht wahrgenommen habe. Auf meinen fragenden Blick lacht er „Hey ich wollte dich fragen, ob du nicht mit in unser Dorf ziehen möchtest. Dann wärst du immer in der Nähe und du könntest an Rudelveranstaltungen teilnehmen. So wie heute eine wäre." Überlegend sehe ich ihn an „Ja also darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber sag, was ist das heute für ein Fest?" „Na heute feiern wir doch unser neues Rudelmitglied. Dich" meint er lachen und zieht mich nach oben. Achso das ging ja schnell. Er geht schonmal zum Wald, also folge ich ihm einfach. Edward dreht sich kurz zu mir um, bevor er sich dann auch verwandelt und als schwarzer Wolf lossprintet. Er hat einfach so ein schönes glänzendes Fell. Um ihn nicht zu verlieren, verwandele ich mich auch und sprinte hinterher. Gemeinsam rennen wir jetzt durch den Wald und genießen einfach die Atmosphäre, bis Edward auf einmal verlangsamt und auf einer Lichtung stehenbleibt. Dort verwandelt er sich zurück und wartet darauf, bis ich es ihm gleichgemacht habe und wir setzten uns gemeinsam auf die Lichtung. Es ist ein Mythos, dass Gestaltwandler ihre Kleidung bei der Verwandlung zerreißen, wie in vielen Geschichten erzählt wird. Natürlich hat es wie das Meiste einen wahren Kern. Die Kleidung zerreißt nur bei der ersten Verwandlung. Und die Schmerzen der Verwandlung werden weniger je öfter man dies durchlebt. Meist dauert es zwei oder drei Verwandlungen, bis diese komplett schmerzlos ist.

Gemeinsam sitzen wir auf der Lichtung und sehen den Schmetterlingen zu und hören die Vögel zwitschern. Es ist einfach so schön hier, fast magisch. Wieso habe ich diese Stelle nicht vorher schon entdeckt? Wir sitzen schon eine Weile hier und sagen nichts, dabei merke ich doch, dass er schon länger etwas sagen möchte. Er soll es doch einfach sagen, dann hat er es hinter sich. Es kann nicht so schlimm sein. „Weist du wirklich nicht, was ein Mate ist? Oder möchtest du mich einfach nur nicht?" unterbricht auf einmal Edward die Stille zwischen uns. Entschuldigend sehe ich ihn an „Nein, nicht wirklich. Bei uns im Rudel, war der Wolfsunterricht nur für die, die sich schon verwandelt haben und da ich mich bis vor ein paar Monaten nicht verwandeln konnte, durfte ich nie daran teilnehmen. Meinen Vater hat es auch nie wirklich interessiert, was ich so mache. Als ich ungefähr 12 Jahre alt war hat er meine Stiefmutter Mareike geheiratet und als ich 14 wurde haben sie ihre Tochter Antonia bekommen. Ab da hat er sich gar nicht mehr für mich interessiert. Mich fast schon, wie eine Last, die es loszuwerden galt, behandelt. Antonia ist ein süßes Mädchen, aber ihre Mutter ist schrecklich. Sie hat mich gehasst und mir zusätzlich das Leben schwer gemacht." Nachdenklich sieht mich ein paar Minuten an, bis er wieder zu reden anfängt: „Okay also eine Mate auch Soulmate genannt ist die Seelenverwandte eines Wolfes. Jeder Wolf hat eine Seelenverwandte, dies kann ein Wolf, aber auch manchmal ein Mensch sein. Sie sind seelisch miteinander verbunden. Diese Verbundenheit ist stärker als Liebe. Sollte also ein Wolf sterben, stirbt meist auch sein Gefährte, weil sie nicht ohneeinander leben können. Die Verbindung wird durch einen Biss, durch die sogenannte Markierung, vollendet." Er sieht mich ernst an und meint „Eliza du bist meine Mate, aber ich möchte nicht zu schnell vorgehen, wenn das alles für dich neu ist. Es reicht mir schon, wenn wir Zeit miteinander verbringen und uns fürs erste kennenlernen. Freuen würde es mich aber trotzdem, wenn du zu mir ziehen würdest. Du kannst das Zimmer von gestern habe. Aber ich möchte dich einfach in der Nähe haben. Ich möchte dich beschützen können und in deiner Nähe sein, was am besten bei mir zu Hause geht." Man sieht ihm an, dass er es ernst meint. Deswegen brauche ich nicht lange überlegen, stehe auf und sage zu ihm: "Na komm lass uns meine Kleidung von meiner Wohnung holen, die Wohnung kündigen und dann mein Zimmer bei dir richtig einrichten. Es ist so leer." Er sieht mich ein paar Momente erstaunt an, bevor er auch schon lachend aufspringt und mich in eine feste Umarmung zieht. „Luft. Bitte." lache ich und löse mich erst nach einer Minute aus der Umarmung. Dann gehen wir gemeinsam zu meiner Wohnung und holen meine Kleidung. Es ist bestimmt total unüberlegt und dumm von mir, gleich zwei Tage nachdem ich ihn kennengelernt habe, zu ihm zu ziehen, aber irgendwie vertraue ich ihm, wie noch nie zuvor jemandem. 

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