Mobbing

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"Ey du! Lauf mal ein bisschen schneller, du fette Sau! Ja los! Oder brauchst du jemanden, der dich anschiebt, damit du besser rollst?!"

Jedes Wort bohrt sich in das Gedächtnis und ist gleichbedeutend mit einem Schlag in die Magengrube. Keiner sieht wie er leidet. Keiner sieht wie sie abends zu Hause sitzt und leise in ihr Kissen weint.

Niemand möchte es sehen.

Alle rennen mit geschlossenen Augen durch die Gegend und haben wahrscheinlich ihr Gehör verloren. Aber ihr Mund steht weit offen und redet. Ruft. Schreit. Lacht. Gehässig verziehen sich ihre Lippen zu einem grausamen Lächeln.

War doch nur Spaß! Spaß auf Kosten anderer, aber das erwähnt niemand in dieser mit Tesafilm nachlässig wieder zusammen geklebten zerbrochenen Welt. Viele schneiden sich an den scharfen Kanten und werden manchmal in die Lücken hineingeworfen. Und sie fallen fallen fallen fallen. Tief.

Der lügt doch nur. Sie will doch nur Aufmerksamkeit. Möchte doch nur im Mittelpunkt stehen. So schwach wie sie ist - ein wenig Mitleid sammeln.

Na, merkt ihr schon wie sich eure Lippen zu einem Lächeln verziehen. Ihr denkt euch nur: Ha! Wie süß! Und selbst natürlich unschuldig..

Natürlich bin ich nicht unschuldig und ich wette, dass ich auch einmal gelacht habe. Bestimmt. Ohne Hintergedanken. Aber wenigstens weiß ich wann Schluss ist, ja - kann sogar selbst damit umgehen und kann Fehler eingestehen. Aber könnt ihr das auch?

Könnt ihr zugeben wie groß ihr euch in jenen Momenten gefühlt habt?

Könnt ihr zugeben, dass sogar ein wenig Erleichterung mitgespielt und zusammen mit euren Gefühlen getanzt hat?

Erleichterung, dass ihr nicht angefallen wurdet wie Aas von Geiern?

Nicht dieses Mal?

Hört ihr überhaupt noch zu und denkt was ihr tut?

Oder trampelt ihr nicht viel mehr durch die ohnehin schon kaputte Welt und nehmt euch, was ihr wollt - ohne Rücksicht auf Verluste?

Aber irgendwann kommen auch die Opfer auf. Wenn auch der Fall schmerzhaft war, bauen Sie sich wieder auf. Versuchen es zumindest. Manchmal bekommen sie auch eine Hand gereicht, welche sie aus der Schlucht zieht, ohne Hintergedanken an irgendwelche Revanchen. Stellt euch vor es gibt auch gute Menschen auf der Welt. Natürlich sind sie nicht kristallklar und leuchten durch ihre Unschuld. Wer ist das denn heute auch noch? Die Menschheit besteht doch aus vielen Abstufungen eines Grautons - jeder hat einmal Fehler gemacht.

Jeder kann fallen.

Aber wird auch jeder wieder aufstehen?

Wird jeder aus der Schlucht kommen?

Denkt ihr wirklich, dass euch jemand helfen wird? Euch? Welche nie daran dachten zu helfen? Oder gar aufzuhören?

Apropos jeder hat sich schon einmal geschnitten an den scharfen Kanten dieser Welt. Wenn jeder schon einmal die Bekanntschaft mit Schmerz gemacht hat, sollte man dann nicht denken, dass man anderen diesen Schmerz nicht antut? Man selbst möchte ihn doch auch nicht verspüren - warum also der, der neben dir steht?

Warum verdammt nochmal?

ShortiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt