bleiben was ich war

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Am nächsten Tag saßen wir alle pünktlich auf der Wiese. Naja fast alle. Raban kam etwas später, da er einen neuen Reifen holen wollte. Hätte uns nicht eine seltsame Stimmung umgeben hätte ich gelacht als er kam. Er hatte nun einen pinken Hinterradreifen der einem Trecker glich. Voller Stolz fuhr er auf uns zu und schrie:"Hey! Hallo! Ihr! Schaut doch mal her! Habt ihr sowas schon mal gesehen?" Er zeigte mit genauso großem Stolz auf dieses Barbie Trecker Ding. Doch er merkte genauso wie wir, eine seltsame düstere Stimmung. "Verflixte Hühnerkacke! Und allmächtiger Flaschengeist! Was geht denn ihr ab?" Die Frage stellten wir uns alle. Leon hatte noch nichts gesagt, da er warten wollte bis alle da waren. Doch nun fing er an."Ich muss mit euch reden. Auch mit dir Willi. Du hast gesagt wir sollen immer aufrichtig sein... und das bin ich jetzt. Joschka,Raban... ihr seit einfach nicht gut genug für das Team." Wir sahen ihn alle verwirrt an. Bevor wir jedoch Fragen stellen konnten sprach er weiter:" Los fragt sie... fragt sie,ob sie es euch jemals verzeihen wenn wir den Teufelstopf an den Dicken Michi verlieren" Sie blickten uns alle an, doch wir blickten nur auf den Boden."Das kann doch nicht sein... Willi! Ich will das du etwas dazu sagst", versuchte Raban sich Hilfe zu holen und auch Joschka machte mit einem "Bitte Willi!" mit. "Das kann ich nicht. Tut mir leid. Ist nicht mein Job" Und damit hatte Willi verdammt noch mal Recht. "Juli?" Doch Joschkas Bruder blickte nur stumm wie wir alle zu Boden. "Seht ihr! Was hab ich gesagt?" Für Leon waren unsere Reaktionen eine Zustimmung. "Dann haben wir hier nichts mehr verloren. Krokodielentränensinnflut. Komm Joschka,wir gehen!" Mit diesen Worten verschwanden die beiden.

"Leon! Dein Ernst? Sie gehören zu uns!" Nachdem sie weg waren konnte ich mich kaum noch halten. "Und sie wären der Grund warum wir verlieren und wenn es dir nicht passt, dann geh!"  "Traust du dich mich aus der Mannschaft rauszuwerfen? Kleiner Tipp! Ich hab jeden von euch schon besiegt. Es gibt schlauere Sachen als mich zu verlieren. Und außerdem, mit mir willst du dich nicht anlegen" Ja ja ich weiß, dass ich eingebildet klang. Doch nur so würde ich ihn unter Druck setzten. Er wollte immer der beste sein und hielt sich auch dafür. Wenn jemand auch nur so schien als wäre diese Person besser, dann wollte er diese Person auf seiner Seite. "Mir egal was du machst", giftete er mich nun an und wir tauschten verachtende Blicke aus. "Ich würde auch nicht noch mehr verlieren. Aber ich sehe eh keine Mannschaft mehr und ohne Mannschaft, braucht ihr auch kein Trainer" Damit bekam Willi unser volle Aufmerksamkeit. "Wie bitte?", schrie Juli auf. Doch Willi stach noch weiter in der Wunde herum. "Das Training ist aus!" "Aber bis morgen sind wir wieder vollständig. Das verspreche ich dir Willi" Und da war es wiedermal. Leons viel zu großes Ego. "Schaffst du nie" Das war der Gedanke aller Anwesenden. Aber Leon wollte davon nichts hören:"Doch morgen um 10. Dafür leg ich meine beiden Beine ins Feuer" "Und wenn nicht, dann ist alles aus. Basta Finito Schluss. Dann gibt es keine Wilden Kerle mehr. Ist das klar?" Ja das war klar. Mehr als das. Wir existierten schon so gut wie nicht mehr.

Genauso dachte wohl auch Fabi. "Und? Was machen wir jetzt?" "Wir? Das ist nicht dein Ernst!? Triff dich doch wieder mit Vanessa! Kacke Verdammte! Die beiden sind total verknallt!" Das war zu viel. Fabi stürzte sich auf Leon und schrie dabei:" Sag das nochmal!" Doch Leon griff an sein T-Shirt und zerrte ihn zu Boden. "Du bist verknallt! ... Du bist verknallt! Du bist verknallt! Du bist verknallt!" Schrie er dauerhaft auf und wir hatten es langsam kapiert. Doch es kam noch schlimmer. Leon packte Fabis Gesicht während der am Boden lag und sich nicht wehren konnte. Mit Kraft wurde sein Blick auf seinen rosa Hinterradreifen gelenkt. "Das ist eklig, hörst du? Absolut eklig!" Endlich ließ Leon ihn los und stand wieder auf. Wir anderen standen nur da und blickten erschrocken und unschlüssig zu Leon und Fabi. "Bis morgen um 10! Darauf könnt ihr euch 1000 Prozentig verlassen." Leon schnappte sich sein Rad und fuhr weg. Wohin auch immer. Fabi sah uns fragend an. Was sollten wir jetzt machen. Es war der zweite Tag in Folge wo wir schweigend unsere Räder nahmen und nach Hause fuhren ohne auch nur etwas zu sagen.

Wieder fuhr ich langsam durch die Stadt. Wider sah ich auf der Kirchturmuhr das früher als sonst nach Hause kommen würde. Wieder blickte ich mich vor dem Wald um, um sicher zu gehen auch nicht gesehen zu werden. Wieder fuhr ich durch ihn hindurch und wieder kam ich nicht gerade gut gelaunt nach Hause. Ich stellte mein Fahrrad weg und lief die gefühlt unendlichen Treppen hinauf zu unserer Wohnung. Langsam öffnete ich die Tür und trat ein. "Du bist wieder früh Zuhause! Sonst sieht man dich bis zum Abend nicht" Mein Vater blickte mich mit überraschten Augen vom Tisch aus an. "Naja wie denn auch sei. Ich muss noch weiter, Essen gibt es später" "Ok geht klar" Und er war auch schon so gut wie verschwunden. Und nun? Normalerweise würde ich nun Fußball spielen, doch das konnte ich für den Tag vergessen. Ich schnappte mir also meine Zeichensachen und verschwand wieder aus der Wohnung. Alles was ich wollte war allein sein ... . Und das konnte ich nur an einem Ort. Also lief ich die letzten Stufen des Hauses hinauf und stieß die schwere, ältere Eisentüre auf. 

Kühler Wind wehte mir durch mein Gesicht und ließ meine Haare die Sicht versperren. Mit Mühe klemmte ich sie mir hinter die Ohren und hielt den Block fest in meinen Armen, damit er nicht weg flog. Hinter mir hörte man mit einem Krachen die Türe wieder in die Angeln fallen. Zielstrebig machte ich mich auf den Weg über das Dach. Hier oben verirrte sich nie irgendjemand hin. Also konnte ich machen was ich wollte ohne gestört zu werden. Meist saß ich jedoch einfach nur da und zeichnete Spielzüge und Taktiken oder ähnliches. Genauso wie in diesen Moment. An einem breiten Lüftungsrohr angelehnt wurde ich größtenteils vor dem Wind geschützt. So saß ich nun da, alleine auf dem Dach des Gebäudes und zeichnete neue Spielzüge die niemals zum Einsatz kommen würden. Niemals würde Leon auf andere hören und erst gar  nicht auf ein Mädchen. Ja ich gehörte zu ihnen und wurde auch so behandelt aber ich würde immer das bleiben was ich war: ein Mädchen.

Ella-Ein Sturm zieht auf (DWK-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt