Kapitel 3

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Als Cyrian wieder zu Bewusstsein kam, befand er sich in einer Zelle. Die Wände waren aus Stein und schimmerten grünlich vor Moos, tropften jedoch nicht allzu stark. Selbst die verrosteten Gitterstäbe wirkten stabil. Cyrian lehnte schweratmend mit dem Rücken an einer Wand und machte gar nicht erst den Versuch durch rohe Gewalt auszubrechen. Seine Gedanken rasten und ein dumpfer Schmerz pochte in seinem Kopf. Er wusste, dass er aus diesem stinkenden Loch heraus musste, aber einen Plan vermochte er nicht zu schmieden. Immer schwerer wurden seine Augenlider, immer stärker schien ihm der Drang nachzugeben. Cyrian spürte wie er auf dem Boden aufschlug, dann wurde plötzlich alles schwarz.
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Jaria zügelte die Rappstute und sprang aus dem Sattel. Sie wusste, dass der Kommandant der Patrolie ihr Verhalten melden würde. Tilithor, allein sein Name war eine Zumutung, aber wie er arrogant seine blonden Haare zurück warf gab dem ganzen den Rest. Jedes verdammte mal musste dieser elende Todeself mit seiner Größe prahlen und im Training hielt er ihr ebenfalls immer nur vor wie scheiße sie war. Alle anderen Elfinnen schmissen sich an ihn ran, nur sie nicht.
Wütend schmiss Jaria den Harnisch in die Ecke und ließ ihre langen braunen Haare über die Schultern fallen. Das war bestimmt der Grund für Tilithors Verachtung! Er wusste, dass sie besser war und seine Fassade durchschaut hatte. All diese kranken Todeselfen behandelten sie wie scheiße. Weil sie aufsessig war durfte sie nicht raus, weil sie nicht genügend lernte durfte sie nicht reiten und und und. Bah, bei diesem idiotischen Pack würde sie keine Minute länger als nötig verweilen. Sollten sie sich einen anderen Sündenbock suchen, aber sie würde sich nehmen was ihr gehörte.
Aber alleine würde sie nicht weit kommen. Ein gehässiges Grinsen zierte ihr Gesicht. Sie wusste schon genau wer ihr helfen konnte. Aber fürs erste musste sie diese verdammte Standpauke hinter sich bringen.
Jarias Füße trugen sie zielstrebig zu der großen Hütte, in welcher Tilithor wohnte. Sie kannte diesen Weg bereits genauso gut wie die Trainingsroute, schließlich war dies nicht ihre erste Standpauke. Doch die Todeselfe war unsicher. Sie wusste nicht woher diese Unsicherheit kam, aber etwas hatte sich geändert. Tief in ihrem Inneren spürte Jaria, dass ihre Lage plötzlich um einiges ernster geworden war. Sie hatte schon viel verbrochen und war sich doch immer selber treu geblieben, nun aber wusste sie nicht ob sie das noch länger vermochte. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um den Halbelfen, welchen sie illegal aufgespürt hatte. Er war intelligent und konnte kein normaler Spion sein, das hatte sie gespürt. Mehr noch, er konnte wohlmöglich ihre einzige Chance sein jemals aus diesem Wald heraus zu kommen. Noch vor wenigen Stunden hätte Jaria sofort angefangen ein Bündnis zu knüpfen, aber nun hatte sie eine unbekannte Angst befallen. Ein Leben lang hatte man sie hier bloß ausgenutzt und verachtet. Es gab niemanden in diesem Lager, der ihr etwas bedeutete, doch trotzdem machte sie sich sorgen. Trotz aller Konflikte war das hier ihr Volk und die Kriegerin war sich nicht sicher, ob sie es wirklich verantworten könnte ihr Volk zu veraten.
Ein dumpfer Laut holte Jaria zurück in die Wirklichkeit. Die Tür der mit Moos bewachsenen Hütte hatte sich geöffnet. Das ganze Lager war nicht mehr als eine gigantische Lichtung mit Trainingsplätzen, Koppeln und Holzhütten verschiedener Funktion.
Verwirrt schüttelte Jaria den Kopf, sie war noch nie so leicht aus der Fassung zu bringen. Tilithor starrte sie an, der kalte Hass in seinen Augen war so stark, dass seine Pupillen sich dunkel verfärbt hatten. Die Kriegerin hätte sich selbst schlagen können, denn ihre Stimme klang alles andere als sicher während sie sprach: "Ich möchte mein Fehlverhalten entschuldigen." Tilithor war ein erfahrener Krieger, seine Regungen waren praktisch nicht vorhanden, aber Jaria entging nicht, dass seine Gesichtszüge ihm für einen kurzen Moment entgleisten. Doch trotz diesem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit war seine Stimme kühl und sachlich. "Fehltritte deinerseits bin ich durchaus gewohnt, Jaria. Du hast mich in deiner kurzen Lebensspanne bereits um beinahe jeglichen vorhandenen Nerv beraubt. Dieses mal hast du dich jedoch gegen den eindeutigen Befehl des Gruppenführers gewehrt und das obwohl du im Einsatz warst. Du hast die Geheimhaltung unserer Existenz riskiert. So bedauerlich das für mich auch sein mag, so klar ist auch mein Pflichtgefühl gegenüber meinem Volk. Aus diesem Grund werde ich dein Fehlverhalten leider dem Herrscher melden müssen!" Tilithors Blick war noch kälter als zuvor und Jaria konnte sehen wie seine Lippen sich zu einem gehässigen Grinsen teilten, bevor er ihr die Tür vor der Nase zu schlug.
Die erste Empfindung der Todeselfe war Schock. Sie kannte den Herrscher bisher nur aus Erzählungen. Man sagte, dass er ein weißhaariger Riese war, trotz seines Alters voller Kraft. Angeblich sollte er eine Vorliebe für Grausamkeiten pflegen. Irritiert schüttelte Jaria den Kopf. Ihr Volk war bekannt für seine Vorliebe für Grausamkeiten, sie wusste praktisch nichts über den Herrscher. Aber sie kannte durchaus das Gesetz und so wenig sie es auch einsehen wollte, so sicher war ihre rechtmäßige Strafe: Verbannung. Tod. Ohne Waffen und Habseligkeiten würde sie nicht eine Woche im Wald überleben, trotz ihres Talents. Jaria knurrte entschlossen. Das war nicht ihr Volk! Sie würde überleben und eines Tages würde sie all diese Todeselfen übertrumpfen. Es war von klein auf ihr Traum gewesen einmal die Welt zu sehen. Außerdem war sie tatsächlich neugierig was den Halbelfen anging. Zwar wusste Jaria nicht was es war, aber irgendetwas machte ihn interessant und zog sie an. Entschlossenheit und ein Gefühl das richtige zu tun machte sich in der Todeselfe breit, als sie die Holzhütte mit dem Gefängnis betrat.

Death and Transfiguration Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt