Teil 12 (Helenas Sicht)

78 2 2
                                    

Seit über einer Stunde sitze ich jetzt schon hier vor dem OP und warte...

Ich halte das bald nicht mehr aus!


Der Arzt meinte, dass sie alles versuchen werden, aber dass er nichts garantieren könne. Trotz allem weiß ich, es war die richtige Entscheidung. Anne hätte das auch so gewollt. 

Ich stehe auf und laufe im Gang hin und her; ich beobachte die Menschen, die hier herumeilen. Die meisten sind Ärzte in weißen Kitteln oder Krankenschwestern in hellblauen Shirts. Eine junge Dame im grünen Kittel läuft gerade eilig aus der Tür mit der Aufschrift OP heraus und kommt schnurstracks in meine Richtung gelaufen. Erst dachte ich, sie kommt um mir endlich Auskunft zu geben. Um mir endlich zu sagen, dass es Anne gut geht und dass sie spätestens in ein oder zwei Wochen nach Hause kann. Dass alles wieder gut wird und dass wir diese furchtbare Zeit in ein paar Monaten, Jahren schon längst wieder vergessen haben. Dass dann alles wieder normal sein wird; so als ob nie etwas gewesen wäre. So als ob dieser schreckliche Unfall nie stattgefunden hat. Doch meine Hoffnung in Form der jungen Ärztin läuft geradewegs an mir vorbei.

Irgendwann öffnet sich die OP-Tür noch einmal und der Arzt, mit dem ich die Gespräche zuvor hatte, kommt heraus. Er bittet mich wieder, ihm in sein Büro zu folgen. Besorgt und gespannt schaue ich ihn an, doch er verzieht keine Miene. "Setzten Sie sich doch bitte!", meint er. Nachdem ich das getan habe,bleibt eine unangenehme Stille. Anscheinend überlegt der Arzt noch, wie er es mir erklären soll... Ich ahne es ja schon. Zu fragen traue ich mich allerdings auch nicht. Meine Hände sind schon schweißnass. Am Liebsten will ich es gar nicht hören. 

Dann durchbricht der Arzt das Schweigen: "Frau Meier. Wir haben wie geplant einen Kaiserschnitt durchgeführt. Dem Kind geht es den Umständen entsprechend. Wir haben vielleicht schon etwas zu lange mit dem Eingriff gewartet, es ist etwas unterernährt, aber ansonsten ist sein Zustand stabil. Sie sind jetzt Großmutter einer süßen Enkelin. Sie können auch gleich zu ihr, wenn sie wollen." So richtig freuen kann ich mich noch nicht. Viel zu groß ist die Anspannung. "Und was ist jetzt mit meiner Tochter?" Der Arzt seufzt. "Frau Meier. Es tut mir unvorstellbar leid, aber ihre Tochter Anne hat diesen Eingriff nicht überlebt."

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 28, 2018 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

This is the story of LahjaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt