Kapitel 7

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Marcus war früh aufgestanden, hatte seine Sachen gepackt und schritt guter Dinge in die Gaststube hinunter. Maria, Willi und Herrmann saßen schon beim Frühstück.

„Sie wollen uns heute also auch verlassen, Herr Schenkelberg?", fragte Maria und schenkte Marcus eine Tasse Kaffee ein.

„Ja, dass muss ich. Die Geschäfte verlangen, dass ich mich nach Fallingbostel begebe und mich dort ein paar Tage aufhalte."

Da Herrmann ja über alles Bescheid wusste, bot er Marcus sein Pferd an: „Du kannst meinen Braunen nehmen. Dann bist du etwas schneller da. Ich kann ihn mir später wiederholen. Gib ihn einfach bei meinem Vetter Hinrich ab."

„Das ist sehr nett von dir. Ich würde das Angebot sehr gerne annehmen. Vielleicht können wir die Details nach dem Frühstück besprechen? Ich hab nämlich einen Mordshunger." Marcus stopfte sich hastig diverse Scheiben Brot mit Belag in den Bauch und verließ nach dem Frühstück zusammen mit Herrmann die Gaststube Richtung Stall.

„Was ist mir dir? Du wirkst schon fast panisch!", fragte Herrmann.

„Sagen wir mal so: Ich habe ein ganz ungutes Bauchgefühl."

„Warum? Ist doch alles gut? Oder hängst du so an ihr?"

„Das ist es nicht. Ich glaube, es wird was ganz Böses passieren und bevor das eintritt, muss ich hier weg sein."

Ein Schatten warf sich auf die beiden. Es war der Apotheker. Er krempelte langsam seine Ärmel hoch. „Ja, ich glaube auch, dass hier gleich etwas ganz Böses passiert." Er packte Marcus am Schlafittchen.

„Du hast meine Tochter angefasst!"

Marcus versuchte cool zu bleiben. „Wann soll das denn gewesen sein?"

Der Apotheker war verwirrt und benötigte einen Moment um über diese Frage nachzudenken. Er hatte keine Antwort darauf, konnte sich aber auch keine Blöße geben.

„Das ist völlig egal. Du hast sie angefasst."

„Du wiederholst dich. Und ich kann dir versichern, dass ich das nicht getan habe."

„Seitdem du und dieses Fräulein Smith in die Stadt gekommen seid, stiftet ihr Unfrieden. Mit euch zogen die Haarfresser ein und dann vergreifst du dich auch noch an meinem Kind." Der Apotheker schüttelte Marcus grob.

„Und an meinem auch." Der Bürgermeister trat hinzu und war mindestens genauso aufgebracht wie der Apotheker. Als auch noch der Lehrer mit grimmiger Miene dazu kam, wurde es erst recht brenzlig.

„Wie, deine Tochter auch?", fragte der Apotheker den Lehrer.

„Ja, erst gestern Nachmittag", antwortete der Lehrer.

„Meine Tochter auch gestern Nachmittag", antwortete der Bürgermeister. „Sie kam tränenüberströmt mit zerfetzten Sachen nach Hause."

„Er hat doch wohl nicht beide gleichzeitig... Das ist ja widerwärtig!" Die drei Herren töteten Marcus mit Blicken.

Herrmann schaltete sich ein. „Gestern Nachmittag, ja? Da habe ich eure Töchter hier gesehen. Sie haben Herrn Schenkelberg schöne Augen gemacht und er hat sie abgewiesen und lieber mit Fräulein Smith geliebäugelt."

„Das sagt ein versoffener Pseudo-Schriftsteller wie du? Pah!!", schnaubte der Bürgermeister. „Wisst ihr was? Wir sperren ihn ein, bis wir das geklärt haben!" Gesagt, getan. Sie schleppten Marcus in die Polizeiwache und sperrten ihn ein.

Ich saß in der Tardis und wartete. Stunde um Stunde. Mittag war vorüber. Der Nachmittag verlief rasend schnell. Die Dämmerung setzte ein. Immer noch kein Marcus. Meine Stimmung änderte sich und pendelte zwischen Sorge und Wut hin und her. Wenn ich mich jetzt wieder Richtung Stadt aufmachen würde, wäre er vielleicht gerade auf dem Weg. Ich versuchte ihn über sein Smartphone zu erreichen. Wohlweislich hatte er es aber abgeschaltet. Ich begann zu grübeln...

The Doctoress - Das Mysterium des nackten Schafs (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt