Kapitel 20

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Ich starrte ihn völlig perplex an. Ich wollte sagen, dass er das sicherlich nicht ernst meinte und fragte mich, ob er verrückt war, doch das brauchte ich nicht. Er war verrückt, sonst wäre er erst gar nicht hier und natürlich meinte er das ernst. Jason war nicht dieser Typ Mensch, der einfach nur Vorschläge in die Luft warf, die er nicht ernst meinte.

„Und, May, wirst du mir helfen? Du musst es tun, du bist meine einzige Chance, von hier zu entkommen. Ich bin nicht für diesen Ort gemacht ... mir geht es doch wieder gut. Ich brauche dich!"

Ich entfernte mich schnell von ihm. Bevor ich ihm darauf eine Antwort geben konnte, musste ich erst einmal mit Dean reden. Er war Experte auf dem Gebiet, was Dämonen und Geister anging und vielleicht wusste er auch, ob somit etwas im Spiel war, das von Übernatürlichem zeugte. Es würde mich echt nicht wundern.

Als ich die Tür öffnete, sah ich Dean, wie er an der Wand gelehnt stand, völlig lässig und neben ihm eine Schwester in ihrer weißen Uniform. Schon bevor ich ihr Gekicher vernahm, war mir klar, dass Dean mit ihr flirtete. Das konnte man an seinem Gesichtsausdruck sehen und in welcher Weise sich die beiden hingestellt hatten.

Ich wollte ihn ja nicht wirklich gerne unterbrechen, bei dem, was er gerade tat, doch ich hatte leider keine andere Wahl. Ich war mir auch sicher, dass es sicherlich nicht das erste und letzte Mal gewesen war, dass Dean so mit einer Frau geflirtet hatte. Er sah ja schon wirklich gut aus, das konnte man nicht leugnen. Er hatte ein schönes Gesicht, einen guten Körperbau und er war eigentlich auch ganz nett und ich konnte mir vorstellen, dass er in weniger ernsten Situationen sicherlich auch ganz lustig drauf sein konnte.

Darüber sollte ich mir jetzt aber nicht zu viele Gedanken hatten. Zum Einen hatten wir dafür jetzt keine Zeit und zum Anderen hatte ich Thomas als meinen Freund, den ich über alles liebte und daran würde sich auch nichts ändern.

„Entschuldigung, Dean, ich müsste mal dringend mit dir sprechen!", räusperte ich mich und stellte mich neben ihn. Die Frau musterte mich mit einem scharfen Blick, als wäre ich Konkurrenz für sie. Das brachte mich zum Schmunzeln.

„Ähm, ja klar!" Er wandte sich der Frau an, die sofort wieder anfing, zu lächeln, als Dean sich ihr zuwandte. „Ich muss mit meiner Kollegin kurz etwas besprechen. Es tut mir leid. Aber ich bin mir sicher, dass wir uns sehr bald wiedersehen werden."

Er zwinkerte ihr zu, was sie rot anlaufen ließ. In dem Moment, in dem sie sich umdrehte, ließ sie ihren künstlichen Fingernagel an ihre Lippe wandern und steckte ihn sich verführerisch leicht in den Mund.

Um dem ganzen Spektakel Einhalt zu gebieten, räusperte ich mich schließlich. Ich konnte es langsam nicht mehr ansehen, ohne Würgegeräusche von mir zu geben.

„Ja, was gibt es denn, May?", wandte Dean sich nun auch endlich mal an mich. „Schön, dass du deinen Charme spielen lassen kannst, aber eigentlich sind wir gerade in einer ziemlich verzwickten Lage und da könnte ich echt deine Hilfe gebrauchen!" Dean fuhr sich durch die Haare und stöhnte.

„Ja, ich bin ja jetzt wieder anwesend. Ist er noch immer Matsche in der Birne oder was gibt es jetzt Interessantes zu wissen?"

„Dean, er verlangt von mir, dass ich ihm heute Nacht verhelfe, aus der Klapse auszubrechen. Ich muss ihm eine plausible Antwort geben, warum ich das nicht kann. Ich habe ihm zwar versprochen, dass ich alles tun würde, das er von mir will, aber das kann ich doch auf keinen Fall. Er erkennt mich zwar wieder, doch das heißt noch lange nicht, dass er wieder vollkomen der Alte ist. Ich weiß, wie er war, bevor er hier reingekommen ist und das will ich auf keinen Fall noch einmal erleben, das kannst du mir glauben. Wenn ich ihm hier heraushelfen würde, wäre die Chance, dass das alles noch einmal passiert, doch viel zu groß oder irre mich da?"

Dean schwieg für einige Sekunden, als wäre er vollkommen in Gedanken versunken. Ich fragte mich echt, was es da so lange zu überlegen gab. Es war doch klar, dass wir das niemals machen konnten. Er sollte mir doch einfach nur zustimmen, damit wir uns anschließend gemeinsam eine Lösung überlegen konnten.

„Ich muss dir leider widersprechen. Vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee, wenn wir ihn hier rausbekommen. Du willst schließlich genau wie wir herausfinden, was alles passiert ist und herausfinden, welche Art von übernatürlichem Wesen vielleicht für all das verantwortlich ist. Das wird aber kaum oder nur sehr schwer möglich sein, wenn er hier eingesperrt ist. Wäre er nicht mehr in der Psychiatrie, könnten wir ihn zu uns in die Wohnung bringen. Sammy und ich könnten Tag und Nacht ein Auge auf ihn haben, er wäre nicht mehr gefährlich, da wir ihn dann im Griff hätten. Außerdem kennen wir da auch so bestimmte Methoden, wie wir etwas aus ihm herausbekommen."

In der ersten Sekunde wollte ich ihm erst widersprechen und sagen, dass er doch völlig verrückt war, doch dann versuchte ich, dass alles einmal rational in meinem Kopf durchzuspielen. Dean und Sam waren Fachmänner auf ihrem Gebiet und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er nicht wissen würde, was er da tat. Vielleicht sollten wir es wirklich tun. Ich würde meinem Bruder helfen, so wie ich es versprochen hatte und außerdem würden wir so wahrscheinlich rausfinden, was das alles gewesen war.

„Jetzt ist nur noch die Frage, wie wir das bitte anstellen sollen ...!"

Dean grinste. „Lass das mal meine Sorge sein. Du gehst jetzt zu Jason und erzählst ihm, dass er sich um Mitternacht bereithalten soll und den Rest kannst du mir überlassen. Ich habe da schon einen Plan und das wird auch funktionieren."

Da konnte ich nur hoffen, dass er recht behalten würde ...

Metamorphosis (Supernatural/Thomas Sangster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt