Ich starrte Thomas an. Ich wusste nicht, was sich jetzt alles offenbaren würde und war deswegen wirklich sehr gespannt. Ich hatte nämlich keine Ahnung.
Wenn er einfach verschwunden war, dann musste das schließlich einen Grund gehabt haben. Ich wusste zwar nicht, wie sie mir in diesen Momenten, wenn es kurz vor Jasons und meinem Ende stand, noch eine gute Nachricht überbringen wollten, doch ich beschloss, es mir einfach mal anzuhören.
„May, mir ist eingefallen, dass du mir mal etwas Wichtiges erzählt hast, was du damals nicht wirklich verstanden hast, doch das ist mir wieder eingefallen und ich hatte vorgehabt, diese Spur zu verfolgen. Ich wusste, dass ich mich beeilen musste und dringend wieder da sein musste, bevor sie das mit Jason und dir durchziehen würden, doch es war gar nicht so leicht rauszufinden. Ich war ins Krankenhaus gegangen und hatte nach einigen Diskussionen sogar eine Schwester gefunden, die bei deiner Geburt dabei gewesen war. Sie hatte mir das bestätigt, was du mir mal erzählt hattest: Dass du als Kind mehrmals komisch angesprochen wurdest, weil andere behauptet hätten, dass du deiner Familie gar nicht ähnlich sehen würdest. Und ich habe es bestätigt bekommen von der Schwester. Du wurdest nach deiner Geburt sofort adoptiert. Deine Mutter war erst 15 Jahre alt, hatte ihr Kind allerdings nicht abtreiben wollen. Es brach ihr das Herz, dich wegzugeben, doch sie wusste, dass es das Beste für dich sein würde. Sie sah, dass Jason sich wohl fühlte, deine Adoptiveltern also alles richtig zu machen schienen und so geschah alles. Auf der einen Seite muss es zwar schrecklich für dich sein, zu wissen, dass deine Familie gar nicht deine wirkliche Familie ist und ich weiß, dass es dich bestimmt auch sehr belasten wird. Doch wir müssen in diesem Moment die positive Seite betrachten: Wenn du gar nicht mit Jason oder deinem Vater verwandt bist, dann kannst du auch nicht geerbt haben, dass du ein Rugaru wirst. May, du bist völlig gesund und dir wird auch nie etwas passieren. Niemand wird dir jemals wieder etwas anhaben und wir beide können unser ganz normales Leben einfach weiterleben."
Ich konnte es nicht glauben. Das war jetzt alles so schnell gegangen, dass es wie ein Märchen war. Ich war adoptiert? All die Zeit über war ich nie mit Jason verwandt gewesen? Ich hatte keinen Bruder? Oder vielleicht hatte ich einen, den ich nicht kannte oder vielleicht sogar eine Schwester? Hieß ich von Anfang an May oder wurde ich erst später so genannt? Wie war meine Mutter? War ich ihr schon einmal irgendwo begegnet? Und wer war mein Vater?
Das waren alles so viele Fragen, dass ich momentan gar nicht damit klar kam. Doch was im Moment zählte war, dass ich gesund war. Ich war kein Rugaru, ich würde niemals einer werden und das bedeutete, dass ich auch nicht sterben musste. All meine Angst verflog, als wäre sie nicht da gewesen und ich spürte all die Lebenslust, die zurückkehrte.
Das Leben hatte nun so viel zu bieten. Nichts würde Thomas und mir im Weg stehen. Wir waren jung, wir konnten tun, was wir wollten und es war niemand da, der uns Steine in den Weg legen würde. Ich würde es jetzt erst richtig zu schätzen wissen, dass ich leben durfte. Ich würde mit Thomas ein wunderschönes Leben haben, wir würden zusammen sein, bis wir ganz alt und verschrumpelt sein würden.
Ich fiel Thomas um den Hals und drückte ihn ganz fest an mich, als mir allerdings einfiel, dass es nur mir in dieser Situation wirklich gut ging. Wir waren immerhin zwei Leute gewesen, die zur Schlachtbank geführt wurden und die zweite Person hatte nicht das Glück wie ich, dass sie adoptiert war.
Jason war noch immer ein Rugaru und er würde das auch nicht loswerden. Nur weil ich jetzt nicht mehr dazuzählte, hatte sich sein Schicksal auch nicht gebessert, eher noch verschlechtert, weil er jetzt völlig alleine sterben musste.
Ich musste an Sam denken, der schon die Pistole auf ihn gerichtet hatte, als Dean mich aus dem Raum geführt hatte. Er musste noch leben, denn ich hatte keinen Pistolenschuss vernommen, doch es war dennoch eine Frage der Zeit, wie lange das noch so sein würde.
„May, für Jason ist es nun Zeit. Auch wenn du nicht mit ihm verwandt bist, bin ich mir sicher, dass du dich gerne noch einmal verabschiedet hättest, genau wie Thomas. Doch ich bin leider untröstlich, er ist viel zu gefährlich und Sam kann ihn gerade so im Zaum halten. Wir können es nicht riskieren, dass ihr das Zimmer betretet. Ich weiß, ihr werdet mich dafür sicherlich hassen, doch ich kann es einfach nicht riskieren."
Ich sah Thomas an, um zu sehen, wie er darauf reagieren würde. Ich hatte immerhin die letzten Stunden noch die Möglichkeit gehabt, Zeit mit ihm zu verbringen und ihm zu zeigen, dass ich ihn liebte und immer für ihn da sein würde. Er würde immer mein Bruder sein und es zählte für mich all die Zeit, die wir zusammen verbracht hatten. Wir waren immer füreinander da gewesen, wie wirkliche Geschwister. Auch würde ich meinen Vater immer als meinen Vater ansehen, denn er hatte mich immer wie seine Tochter behandelt und zwischen Jason und mir nie unterschieden. Ich war immer seine kleine Prinzessin gewesen.
„Ich bin in Gedanken bei ihm. Jason wird an einen anderen, besseren Ort kommen, wo er auch wieder er selbst sein kann. Er weiß, dass er mein bester Freund ist und ich ihn liebe."
Ich küsste Thomas auf die Wange und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Unsere Finger hatten wir verschlungen. Dean klopfte drei Mal an die Tür. Das war dann wohl das Zeichen.
Ich schloss meine Augen, während mein Herz in tausend Stücke zerbrach.
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Metamorphosis (Supernatural/Thomas Sangster)
FantasíaThomas und May leben ein ganz normales Leben. Morde in der Nachbarschaft lassen sie allerdings aufhorchen. Was geht hier vor sich? Dean und Sam Winchester klären sie bald auf, dass hier Übernatürliches im Spiel ist und sie beide schon lange in große...